Portig, W.: Die Jahresmittel der Temperaturreihe von Prag. 257
Gegen die Realität von P,; sprechen folgende zwei Tatsachen: erstens ist
das Kurvenbild von P,; eine Zackenkurve, die man mit viel Phantasie in zwei
ähnliche 8jährige Teile zerlegen kann. Zweitens vermittelt die Kurve, abgesehen
von der eben beschriebenen Zweiteilung, durchaus nicht den Eindruck irgend-
welcher Gesetzmäßigkeiten, z, B. Schwebungen o.ä,
Für die Realität von P,; spricht der Umstand, daß die Maximalphase bei
der Aufspaltung in ihre Monatskomponenten eine gewisse Gesetzmäßigkeit zeigt.
Das Jahresmaximum kommt durch das Zusammentreffen hoher Werte im Januar
und Sommer zustande, Für die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts,
also für dieselbe Zeit, in der P; gut erfüllt war (vgl. S. 252), gilt sogar, daß in
allen Maximalphasen dieser Epoche (1852, 1868, 1884, 1900) Juli, August und
September sowie mindestens einer der drei Monate Januar, Februar und März
wärmer waren als die gleichnamigen Monate des Vor- sowie Nachjahres, Die
Maximaljahre außerhalb dieser Epoche sind nicht so deutlich; immerhin ist in
den 10 Maximaljahren, die zur Verfügung stehen (1788, 1804 usw. bis 1932), je
6mal der-Januar, Juli und August und 7mal der September wärmer als der
gleichnamige Monat der Nachbarjahre.
Diese Feststellung deckt sich z. T. mit einer Vorhersage, die A, Wagner im
Jahre 1924 auf Grund einer 16jährigen Periode der Jahrestemperaturschwankung
gemacht hat®). Nach seiner Meinung sollte der Sommer 1931 zu kalt werden,
was auch geschah. Ferner sollte der vorhergegangene Winter, also 1930/31, zu
warm werden, was aber nicht so gut stimmte. Vielmehr war dieser Winter etwa
normal temperiert, aber der Winter 1929/30 war wesentlich zu warm. Während
also Wagner eine Gegenläufigkeit zwischen Sommer und Winter fand, ergibt
sich aus dem Prager Material eine Parallelität von Sommer und Winter unter
Betonung des Sommers, Dadurch decken sich auch die Maximalphasen nicht,
denn Wagner erwartete das Minimum der Differenz Sommer minus Winter für
1931 (das 1930 eintrat), während wir als Maximalphase 1932 erwarten, wo auch
tatsächlich der Sommer ein relatives Temperaturextrem aufwies. Wenn auch
nicht abzustreiten ist, daß rein spekulativ durchaus ein Minimum der Jahres-
schwankung und unmittelbar folgend ein Maximum der Sommertemperatur mit-
einander vereinbart werden können, so muß man doch sagen, daß in den
Temperaturjahresmitteln von Prag die Realität von P,; bezweifelt werden muß.
In einer späteren Untersuchung muß geprüft werden, wie weit die Schwankung
der Temperatur eine solche Periodizität aufweist.
Nach den Untersuchungen von F. Baur’) sprechen einige Anzeichen dafür,
daß es eine 54jährige Periode gibt. Da dreimal 5} gleich sechzehn ist, ist hier
die Frage zu prüfen, ob P,; durch Überlagerung von P; mit P,, zustande kommt,
Zu diesem Zweck teilen wir P,; in der Darstellung aller Monate in drei gleiche
Teile. Nehmen wir nun an, daß P,, in allen Monaten gleich stark zur Wirkung
kommt, können wir die drei Reihen einfach komponentenweise addieren und
mitteln und haben damit eine Darstellung des zeitlichen Ablaufs der 5.3jährigen
Periode. Nach den bisherigen Erfahrungen muß man aber annehmen, daß die ver-
schiedenen Kalendermonate verschieden auf die gleiche Phase von P,, ansprechen,
Wir müssen also, bevor wir die Dreiteilung von P,, vornehmen, P; herauswerfen.
Wir tun das, indem wir die n-te Phase von P,g mit der n + 8-ten mitteln und als
P,; die Differenzen dieser Werte gegen ihren gemeinsamen Mittelwert definieren.
In der Tat zeigen diese Differenzen einen 51jährigen Gang, an dem natur-
gemäß nicht alle Monate in gleicher Weise beteiligt sind. Wie schon bei den
andern Perioden, weist der Winter, und zwar besonders der Januar, die bei
weitem größte Amplitude auf, Die Übergangsjahreszeiten, IV, V, IX, X, XL
haben nur Amplituden von etwa ein Drittel der Januaramplitude, während die
Sommermonate wieder etwas stärker auf P,, reagieren. Die Sommerextreme
folgen den Winterextremen unmittelbar, wobei aber die dazwischenliegenden
Frühlinesmonate keine besonderen Anomalien zeigen.
‘) A. Wagner, Eine bemerkenswerte 16jährige Klimaschwankung, Sitzber. Akad. Wiss. Wien,
math.-naturw. Kl. Abt, 2a, Bd. 133, 1924, S, 169. — ?) F. Baur, Das Periodogramm hundertjähriger
Temperaturbeobachtungen in Berlin, Met. Ztschr. 1927, S. 414.