Buch, Kurt: Kohlensäure in Atmosphäre und Meer, 199
Wasser auf 31°, verdünnt worden wäre. Daß auch Abweichungen von diesem
schematisierten Verlauf vorkommen können, ist naturgemäß. Sie drücken dann
das Vorhandensein anderer Eingriffe aus, also würden z.B. erhöhte über der
Kurve liegende Werte Auftrieb von CO,-reichem Tiefenwasser, unter der Kurve
photosynthetischen CO,-Verbrauch andeuten. Aber auch andere Faktoren können
einwirken, z. B. die Luftkohlensäure,
Weiter wurde untersucht, ob diese stetige Tensionsabnahme gegen Norden
einen Einfluß auf die Atmosphäre erkennen ließ. Dies geschah durch Vergleich
der Tensionszahlen mit den auf derselben Reise ausgeführten Luftkohlensäure-
analysen. Es zeigte sich, daß der Kohlendioxydgehalt an der norwegischen Küste
hoch, mehr als 3 war, wogegen die arktische Luft meist niedrige Werte aufwies.
Der Übergang war ziemlich scharf, Am Südende von Spitzbergen wurde merk-
würdigerweise ein Minimum angetroffen, wo der Kohlensäuregehalt denselben
Wert hatte, wie die Wassertension im nördlichsten Beobachtungspunkt, nämlich 1.5.
[n der ganzen Kohlensäureliteratur wurde nur ein einziger ähnlich niedriger
Wert gefunden, nämlich in einer Luftprobe der Charcotexpedition analysiert von
Muntz und Laine in den antarktischen Gewässern in 69.3° südl. Breite mit 1.447.
Die Analysen dieser For-
scher gelten als besonders
zuverlässig. Weiter nach
Norden stieg der CO,-Ge-
halt wieder, um im nörd:.
lichsten Punkt einen ziem-
lich normalen mitteleuro-
päischen Wert zu besitzen,
Zur Deutung der Verhält-
nisse wollen wir uns des be-
kannten Schemas der Luft-
zirkulation über dem Atlan-
tischen Ozean von Bjerknes
bedienen (Abb. 2). Nach
diesem befindet sich die
arktische Luft in den
höchsten Breiten mehr
oder weniger dauernd in
herabsinkender Bewegung.
Diese Luft kommt natur-
gemäß von Süden her und
besteht trotz mannigfal-
tiger Einmischungen von
anderen Luftarten, teilweise
aus ursprünglicher ther-
misch umgewandelter Pas-
satluft, welche über die
Aquatorialgebiete gezogen ist. Von dieser wissen wir ja nach den vorhin schon
arwähnten Beobachtungen der Deutschen Atlantischen Expedition, daß sie
kohlendioxydreich ist. Wir sind deshalb auch berechtigt anzunehmen, daß die
Luft, welche zur Polardecke herabsinkt und sich über dieselbe ausbreitet,
verhältnismäßig reich an CO, ist. Man kann nun annehmen, daß das Polar-
eis, welches den mittleren Teil der Decke aufnimmt, nicht wesentlich CO
absorbieren wird, weshalb wir erwarten können, daß der CO,-Gehalt, solange
die Luft hier verweilt, hoch verbleiben wird. Von Interesse wäre es, diese Ver-
hältnisse bei einer Nordpolfahrt im Luftfahrzeug prüfen zu können. Sobald die
Luft aber in Berührung mit dem offenen Meere kommt, dessen Tension, wie wir
sahen, sehr niedrig ist, setzt die Absorption von seiten des Meeres ein, Wir
können aber dann, wenn der Wind aus nördlicher Richtung kommt, nicht
erwarten, die niedrigsten Gehalte unmittelbar bei der Eisgrenze zu finden,
sondern erst weiter nach Süden, nachdem die Luft eine Zeitlang mit dem Wasser
Abb. w. Schema der Luftzirkulation über dem Atlantischen
Ozean nach Bierknes.