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Full text: 70, 1942

Buch, Kurt: Kohlensäure in Atmosphäre und Meer. 195 
des Gehalts der Atmosphäre ist, den atmosphärischen Gehalt reguliert, indem es 
ginen etwaig entstehenden Überschuß aufnimmt, und umgekehrt, wenn in der 
Atmosphäre ein Kohlendioxyddefizit entsteht, von seinem eigenen Vorrat abgibt. 
Der Mechanismus dieses Regulierungsvorgangs konnte zu Schlösings Zeiten 
nicht ermittelt werden. Er war einer später entstandenen Wissenschaft der 
physikalischen Chemie vorbehalten. Unserer Generation ist er geläufig. Für die 
Vorgänge innerhalb des Wassers ist es das Massenwirkungsgesetz, welches die 
Gleichgewichte zwischen den verschiedenen Kohlensäurekonstituenten beherrscht. 
Der unmittelbare Austausch: atmosphärisches Kohlendioxyd — freies gelöstes 
Kohlendioxyd, wird bekanntlich geregelt vom Henryschen Verteilungssatz. 
Auf eine nähere Beschreibung des ganzen aus diesen Konstituenten zusammen- 
gesetzten Kohlensäuregleichgewichtssystems muß an dieser Stelle verzichtet 
werden!). Es seien nur die wichtigsten Konstituenten aufgezählt, die miteinander 
in beweglichem Gleichgewicht stehen. 1, CO, in der Atmosphäre über dem 
Wasser, 2. freies im Wasser gelöstes CO,, welches zu einem sehr geringen Anteil 
in Kohlensäure H,CO, hydratisiert ist, 3. die Wasserstoffionen, deren Konzentra- 
tion auch ausgedrückt wird durch ihren negativen Logarithmus pH (als Säure 
spaltet die Kohlensäure H.-Ionen ab), 4. das erste Ion der Kohlensäure, das so- 
genannte Bikarbonat-Ion HCO,, 5. das zweite Ion CO5, 6. die Summe der im 
Wasser gelösten Moleküle und Ionen der Kohlensäure XCO,, 7. die den Ionen 
der Kohlensäure entsprechende Basenmenge, auch Karbonatalkalinität genannt. 
Zur Berechnung des ganzen Systems bedarf es, wenn auch die kleine Menge im 
Meerwasser vorhandener Borsäure mitgerechnet wird, die das Gleichgewichts- 
system meßbar beeinflußt, neun Gleichungen. Um nicht mehr als neun Unbekannte 
zu haben, müssen von den Konstituenten zwei experimentell ermittelt werden. 
Hierfür zugängig sind 1. die Kohlensäuretension, d. h. der Kohlendioxydpartial- 
iruck — am zweckmäßigsten in zehntausendstel Atmosphären ausgedrückt — 
der über dem Wasser und mit ihm in Gleichgewicht stehenden Luft, 2. Titrations- 
alkalinität®), ausgedrückt in mÄAgq/l, 3. X CO, in mMol/1l, 4. pH. Gewöhnlich 
wählt man Titrationsalkalinität und pH und kann dann die übrigen berechnen, 
Da die Titrationsalkalinität oft in zahlenmäßiger Beziehung zum Salzgehalte 
steht, können wir in dem Falle also tatsächlich das ganze System durch eine 
einzige analytische Bestimmung, nämlich pH, ermitteln, was besonders für Massen- 
bestimmungen sehr vorteilhaft ist. Diese Bestimmung ist bekanntlich in einigen 
Minuten ausführbar, beansprucht aber wegen der zu verlangenden großen Ge- 
nauigkeit die bestmögliche Meßtechnik. 
In manchen Fällen und besunders für die vorliegende Frage des Austausches 
mit der Atmosphäre ist es vorteilhaft, direkte Bestimmungen der Tension aus- 
zuführen, für welche Aug. Krogh in Kopenhagen eine gute Technik ausgearbeitet 
hat, der auch die ersten Tensionsbestimmungen auf einer Reise nach Grönland 
1904 ausgeführt hat. 
Bevor wir auf die Ergebnisse dieser Verhältnisse und überhaupt auf jene in 
ler Natur selbst übergehen, wollen wir uns zuerst darüber im klaren sein, welche 
Faktoren rein theoretisch das Kohlensäuregleichgewicht im Wasser und auch 
den Austausch mit der Atmosphäre verschieben können. Diese sind im Wasser 
J. die Faktoren, welche die Gleichgewichtskonstanten beeinflussen, nämlich Tempe- 
ratur und Salzgehalt, 2. die Faktoren, welche die Konzentrationen der CU, 
Konstituenten verändern, also z. B. Änderung des atmosphärischen Gehaltes, 
welcher sich sofort, obgleich langsam, auf das Meer auswirkt, und alle Ände- 
rungen des X'CO, oder der Azidität z. B. durch biologische Vorgänge. Wird einer 
dieser Konstituenten verändert, so wird sofort das ganze System verändert, bis 
sich eine neue Gleichgewichtslage eingestellt hat, 
Da nun der Austausch vor sich geht zwischen dem CO, der Atmosphäre, 
weiche sich in unmittelbarer Berührung mit dem Wasser beiindet und dem im 
Wasser primär gelösten freien CO,, und beide sich durch ihre Partialdrucke 
oder Tensionen ausdrücken lassen, können wir unser Problem formulieren als 
4) Ausführlich behandelt (5). — ? Woraus die Karbonatalkalinität nach Anbringung einer vom 
Borsäuregehalt bedingten Korrektur erhalten wird.
	        
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