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Full text: 70, 1942

Neuere Veröffentlichungen, 
191 
logie Erhaltungsneigung, in der Physik Wahr. 
scheinlichkeitsnachwirkung genannt und gibt ver- 
schiedene neue statistische Probleme auf. 
Zu den in der Statistik zu lösenden Problemen 
gehört noch die Periodenforschung. Hierbei handelt 
es sich um die Feststellung nicht nur reiner 
Perioden, sondern auch quasiperiodischer Erschei: 
nungen, in denen unperiodische Anteile enthalten 
sind, Der Periodenforscher befaßt sich also nicht 
nur mit der Erfassung harmonischer Wellen, 
sondern er berechnet Amplituden und Phasen für 
eine große Reihe von Versuchswellen, deren 
Wahrscheinlichkeit er bestimmt, Er ermitteli 
ferner aus dem Beobachtungsmaterial die Abhän- 
gigkeit der Amplituden und Phasen von der Länge 
und Lage des Analysenintervalls, um durchgehende 
Perioden von quasiperiodischen Vorgängen und 
rein zufälligen Perioden zu unterscheiden. 
In der Wetter- und Klimakunde, vor allem 
in der letzteren, spielt die Statistik eine grund- 
legende Rolle. „Die Klimatologie ist die Lehre 
von dem durchschnittlichen oder wahrschein- 
lichsten, kurz von dem normalen Zustand deı 
Atmosphäre,“ Die Statistik dient zur Aufbereitung 
der Beobachtungen, während meteorologische Be: 
trachtungen sowohl zur Anlage der Statistiken wie 
zur Deutung der Ergebnisse notwendig sind. In 
der Klimatologie ist man von den einfachsten 
statistischen Methoden bis zur Bestimmung von 
höheren Charakteristiken unter Beschränkung auf 
die einzelnen Elemente fortgeschritten. Hier aller 
dings scheint eine vorläufige Grenze gesetzt zu 
sein, da es bis heute noch anschaulicher Ver- 
knüpfungen zwischen den Charakteristiken und den 
meteorologischen Tatsachen ermangelt. Im Wetter- 
dienst spielte die Statistik eine weniger auffällige 
Rolle; dort wurde das Augenmerk im wesentlichen 
auf besondere Einzellagen gerichtet. An die Stelle 
der Statistik trat das Zyklonenschema. Aber im 
Grunde seines Wesens ist dieses auch ein Er- 
gebnis der Statistik, da ja aus vielen ähnlich 
gelagerten Einzelfällen ein allgemeineres Schema 
abgeleitet wurde. Neuerdings macht sich auch 
wieder eine stärkere Neigung für die Statistik 
bemerkbar: Klima- und Wetterkunde suchen eine 
gemeinsamere breitere Basis. Man versucht in der 
Klimatologie die Ganzheit des Geschehens zu um- 
fassen und in der Wetterkunde besondere Wetter- 
lagen statistisch zu erfassen. Die Schwierigkeit 
liegt in der Auffindung eines geeigneten UOrdnungs- 
prinzips, das auf beide günstig anwendbar Ist. 
Eine bedeutende Rolle spielt in der Wetter- und 
Klimakunde der Korrelationskoeffizient. Mit ihm 
ist es möglich gewesen, den Zusammenhang von 
Elementen am selben Orte aufzufinden, vor allem 
den von Druck und Temperatur in den verschie- 
denen Höhen der Atmosphäre. Diese sind von 
ausschlaggebender Bedeutung für unsere Kenntnisse 
im Aufbau von Hoch- und Tiefdruckgebieten ge- 
worden. — Aber auch der Zusammenhang deı 
meteorologischen Elemente von weit auseinander- 
liegenden Gebieten ist mit Hilfe des Korrelations- 
koeffizienten erfaßt worden und z. T. für die 
langfristigen Wettervorhersagen unentbehrlich ge- 
worden, Nicht zu vergessen sind die Periodogramm: 
Analyse und ähnliche Verfahren, die zur Auf- 
deckung von rhythmischen Witterungsabläufen 
geführt haben. 
Die meteorischen Erscheinungen bilden ein 
Beispiel dafür, daß zu ihrer Bearbeitung die 
Statistik fast als einzige Arbeitsmethode ange- 
wandt werden kann. Und hierbei ist zu berück- 
sichtigen. daß es völlig unmöglich ist. alle 
meteorischen Erscheinungen durch Beobachtung 
zu erfassen. Zwar ist versucht worden, durch 
besondere Verfahren die Zahl der Beobachtungen 
zu erhöhen, jedoch ist nachgewiesen worden, daß 
der einzelne Beobachter nur 23 von hundert der 
über dem Horizont aufleuchtenden Meteore wahr- 
nimmt. So bleibt das zu bearbeitende Beob- 
achtungsmaterial sehr unvollständig. Die Zählung 
ler Sternschnuppen dient zur Festlegung der täg- 
ichen Variation, Da die Geschwindigkeit der 
Sternschnuppen durchschnittlich größer sein wird 
als die der Erde, wird die Vorderseite dieser von 
nehr Schnuppen getroffen als die Rückseite. In- 
jolge der gleichzeitig erfolgenden Umdrehung der 
Erde entsteht nun die tägliche Variation, Die 
Meteorhäufigkeit nimmt mit dem Fortschreiten der 
Nacht zu. 
Aus der Variation hat schon Schiaparelli 
das Prinzip der statischen Geschwindigkeit be- 
zründet. Er erhielt als mittlere Geschwindigkeit 
las 1.414fache der Erde und schloß auf einen 
zometarischen Ursprung der Meteore (Parabel- 
jahn); später vervollkommnetere Arbeiten ergaben 
len Wert 2.4, d.h. sie sind interstellaren Ursprungs. 
Die stündlich beobachtete Anzahl beträgt im Mi- 
ıimum 5, im Maximum etwa 12. Zur Zeit der 
‚egelmäßig wiederkehrenden Sternschnuppenströme 
ist sie höher. Beim Niederfall von Meteoriten 
spielt das Tageslicht eine große Rolle. Nach einer 
Statistik, die 268 Fälle umfaßt, sind beobachtet 
worden: Von Oh—6h 21, von 6h—12h 67, von 
'2h—18h 122 und von 18b—24h 58 Fälle. Das 
Maximum liegi überraschend bei Tageslicht am 
Nachmittag, 
In der Astrophysik spielt die Statistik auf 
len verschiedensten Gebieten eine bedeutende 
Rolle, So ist es möglich, durch statistische Unter- 
suchungen die trigonometrischen nicht meßbaren 
Entfernungen einer großen Zahl von Sternen zu 
yestimmen. Im wesentlichen bedient man sich 
ler Korrelationsmethoden, die ebenfalls auf dem 
Gebiete der veränderlichen Sterne, der Nebel usw. 
zrundlegende Erkenntnisse ermittelt haben, Ein 
veites Anwendungsgebiet findet die Statistik in 
ler Stellarstatistik, wie schon der Name andeutet, 
Sie enthält die Lehre vom Sternsystem, und zwar 
;n bezug auf die räumliche Verteilung der Sterne 
and auf ihre Bewegungsverhältnisse im Stern- 
'ystem. Während die statischen Methoden in der 
Astrophysik die allgemein bekannten sind und durch 
je keine grundlegenden neuen Gesichtspunkte der 
Statistik geschaffen werden, ist es in der Stellar- 
statistik anders. Hier sind nicht nur statistische 
TVorschungsmethoden anzuwenden, sondern das zu 
5sende Problem wird seinem Wesen nach statistisch. 
£s können nur die Masseneigenschaften der das 
System bildenden Glieder, die als Charakteristiken 
[ür die Beschaffenheit des Systems als Ganzes in 
Frage kommen, benutzt werden. 
Die Statistik erhielt Eingang in die Physik 
lurch die Untersuchungen Maxwells über die 
Seschwindigkeitsverteilung der Moleküle in der 
Theorie des idealen Gases. Diese Untersuchungen 
’anden ihre Fortsetzung durch Boltzmann, der 
den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik als 
statistisches Gesetz erkannte. Die theoretischen 
Ergebnisse von Maxwell, Boltzmann u. a. 
konnten erst sehr viel später experimentell ge- 
prüft werden und leiteten zur Atomvorstellung 
über. So ist denn die ganze moderne Physik auf 
;tatistischen Grundlagen aufgebaut, wobei dann 
lie kausale Wechselwirkung erhebliche Einschrän- 
kungen erfahren hat. Hermann Dunkel.
	        
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