Kalle, Kurt: Das anomale Verhalten des Wassers usw. 131
der linke anomale Schenkel besonders stark gegenüber dem rechten normalen
Schenkel der Löslichkeitskurve ausgeprägt. Besonders eindrucksvoll ist in dieser
Beziehung die Kurve der Sauerstofflöslichkeit. Der Minimumpunkt liegt hier
bei annähernd -+ 80°C und der Anstieg von hier bis zum Temperatur-Nullpunkt
bewegt sich in dem erheblichen Wert von über 100°, Zunahme gegenüber dem
Löslichkeitswert beim Mi-
nimumpunkt. Die Beson-
derheit, die hierin liegt,
geht erst richtig aus
einer Gegenüberstellung
mit den bisher erwähnten
Kurven klar hervor, bei
denen die Erhebung der
Kurvenäste nur wenige
Prozent beträgt. Auf die
Bedeutung, die diese Er-
scheinung für den Gas-
austausch und im Zu-
sammenhang damit für die
biologischen Vorgänge in
den Wasseransammlungen
in der Natur hat, braucht
hier nur kurz hingewiesen
zu werden. In gleicher
Richtung, wenn auch in
etwas gemäßigtem Ausmaße, finden wir diese Verhältnisse beispielsweise bei
der Löslichkeit des Wasserstoffs wieder. Hier liegt der Minimumpunkt bei
etwa +37°C.
Haben wir uns bisher fast ausschließlich mit dem anomalen Verhalten des
Wassers gegenüber thermischen Einflüssen beschäftigt, so bleibt im Hinblick
auf die ozeanographischen Verhältnisse noch zu erwähnen, daß die Wirkung, die
auf der Erhöhung des Salzgehaltes des Wassers beruht, in durchaus normaler
Weise in einer Herabsetzung der einzelnen Kurven, und zwar je nach der ent-
sprechenden Grundeigenschaft um !/, bis etwa 20°, besteht. Außerdem dürfte
in jedem Falle eine Verschiebung des Minimumpunktes nach Gebieten niederer
Temperatur stattfinden. Allerdings reicht das bisher bekannte Untersuchungs-
material am Meerwasser außer bei den Dichteverhältnissen nicht aus, um diese
Tatsache eindeutig festzulegen.
Der Fall, der uns zuletzt beschäftigen soll und der aus besonderen Gründen
für das physikalisch so außerordentlich interessante Verhalten der Schallgeschwin-
digkeit im Wasser von Bedeutung ist, ist das Verhalten des Kompressionskoeffizienten
gegenüber Temperatur- und Salzgehaltsänderungen im Wasser, Betrachten wir
Abb. 4a (siehe S. 132), so sehen wir auch hier wieder das gleiche uns von den
übrigen Kurven her bereits vertraute Bild. Der Minimumpunkt liegt diesmal
in der Gegend von +40°C. Dies hat zur Folge, daß wir uns in dem praktisch
in der Natur vorkommenden Temperaturgebiet von — 2.5 bis + 30°C vollständig
auf dem linken anomalen Ast der Kurve befinden. Ein Vergleich mit der Kurve
für Alkohol in dem linken oberen Teil des Diagramms hebt noch einmal das
Anomale dieser Erscheinung besonders hervor. Das Auffallende ist auch hier,
Ähnlich wie bei der Löslichkeit des Sauerstoffs, der enorme Betrag, mit dem
der anomale Ast der Kurve vom Minimumgebiet aus in die Höhe steigt. Abb. 4b
gibt für das Gebiet von 0 bis + 30°C eine maßstabsgerechte Gegenüberstellung
der Kurven des spezifischen Volumens und des Kompressionskoeffizienten. Daraus
geht folgendes hervor: Während bei einer Temperaturänderung von 0 bis +30°C
eine Abnahme des Kompressionskoeffizienten von über 10°/, stattfindet, beträgt
der entsprechende Wert der Volumenzunahme nur */,°. Ahnlich, wenn auch
nicht derartig kraß ausgeprägt, liegen die Verhältnisse bei Zunahme des Salz-
gehalts von 0 bis 35° S. Einer Abnahme des Kompressionskoeffizienten von
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