Siegel, S.: Über die Genauigkeit der Höhenbestimmung der neutralen Punkte usw. 103
Zu Beginn der umfangreichen Untersuchungen der neutralen Punkte der
atmosphärischen Polarisation (in Zukunft als NP abgekürzt, für den Arago-
schen Punkt ANP, für den Babinetschen P. BNP), die sich besonders an die
Namen Busch und Jensen knüpfen, wurden bevorzugt Mittelwerte über Jahre
oder Störungsperioden den Arbeiten zugrunde gelegt. Wie die ersten abschätzen-
den Fehlerbetrachtungen über die Einstellgenauigkeit des Jensenschen Pendel-
quadranten ergaben?), war diese hinreichend groß, um die erhaltenen Werte
der NP ohne weiteren Vorbehalt in der angegebenen Weise zu verarbeiten,
da die unregelmäßigen Einstellfehler sich bei genügend großer Anzahl von Meß-
werten herausmittelten.
Schon mehrfach ist in der Literatur darauf hingewiesen, daß gelegentlich
die Untersuchung von einzelnen Beobachtungsreihen der NP von Nutzen sei.
Legt man in dieser Absicht Wert auf die Betrachtung der einzelnen Meßwerte
der NP, etwa bezüglich des Zusammenhanges zwischen der Lage von Dunst-
schichten und dem Gang der NP?) oder um gleichzeitige Messungen an ver-
schiedenen Orten in Einzelfällen‘) zu untersuchen, so muß der Frage nach der
Genauigkeit der Einzelmessung der NP nähergetreten werden,
I. Fehlerbetrachtung von Smosarski.
Eine Fehlerbetrachtung in dem oben erwähnten Sinne findet sich bei
Smosarski°), In Abständen von fünf Minuten nimmt er jeweils drei Ein-
stellungen des NP vor, aus den Streuungen der Einzeleinstellungen findet er
dann den mittleren Fehler der Einzelmessung des NP für die Sonnenhöhe zur
Zeit der Beobachtung. Diese Art der Fehlerbestimmung führt er für verschiedene
Sonnenhöhen aus, so daß er. folgende Zusammenhänge für die Messungen der
Jahre 1926/27 feststellt (gültig für den ANP):
Sonnenhöhe...... ....... +40 — 2,59 — 3,59 —4.0° — 5,59
durchschn, Fehler d. Einzelmess, + 0.309 + 0.35° + 0.409 + 0.450.
Gegen diese Art der Fehlerbestimmung sind Einwendungen zu machen, be-
sonders deswegen, weil tatsächliche Schwankungen im Gang der NP mit apparat-
bedingten Fehlern vermischt auftreten können, so daß die erzielten Ergebnisse
keinen zuverlässigen Anhalt über die Meßgenauigkeit des Gerätes geben.
Die Annahme, daß während der drei aufeinanderfolgenden Messungen der
NP keine Schwankungen vollführt, wird nicht immer zutreffen, da zur Durch-
führung dieser Messungen und zu ihrer schriftlichen Fixierung mindestens %/, bis
i Minute erforderlich ist. Wenn auch in diesem Zeitintervall die Sonnenhöhe
sich allgemein nur um geringe Beträge ändert, so daß der unter idealen Be-
dingungen daherrührende Gang der NP in den meisten Fällen (bis zum Sonnen-
höhenintervall — 2,5°) nur gering wird, so zeigen demgegenüber Messungen
Simpsons®) — in der Antarktis bei fast konstanter Sonnenhöhe — trotzdem
beträchtliche Schwankungen, die nicht nur als Einstellfehler zu werten sind.
Vergegenwärtigt man sich dazu noch den Verlauf des NP bei normalen Ver-
hältnissen, wie er z.B, durch die Mittelwertkurve für Hamburg 19107) gegeben
ist (siehe Fig, 1, S. 104), so erkennt man, daß bei Sonnenhöhen unter — 2,5° der
Anstieg des NP so rasch erfolgt, daß selbst Messungen im Abstande von etwa
'/s Minute Differenzen zeigen müssen, in dem Sinne, daß die letzte Messung stets
den höchsten Wert zeigt. Hinzu kommt, daß um die Zeit mit Sonnenhöhen
unter — 3° die Einzeleinstellung stets längere Zeit beanspruchen wird, wie die
Meßerfahrung immer wieder bestätigt.
*) Busch und Jensen, Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation, Hamburg
1911, S, 300. — % Jensen, Gerlands Beiträge, Bd. 55, 1939, S. 337, und Tatsachen und Theorien,
S. 248, — *) Jensen, Die NP von Arago und Babinet in Hamburg und an einigen anderen
Orten, Hamburg 1916, — %) Smosarski, Etudes Met. et Hydrograph., Warschau 1927, Bd. 4,
S. 100. — *%) Diese Messungen des ANP wurden von Simpson in der Antarktis 1911 angestellt.
Beobachtungsort Kap Evans, Breite 77° 36’ 8, Länge 166° 33’ O. Diese Messungen wurden Herrn
Prof. Jensen schon vor längerer Zeit dankenswerterweise brieflich durch Professor Simpson mit-
geteilt. Sie wurden unter ungünstigen äußeren Verhältnissen angestellt. Simpson selbst sagt darüber:
„The Observations are very irregular, but that was owing to my inexperience in using the instrument
and the diffienlties under which I worked“. — 7) Jensen. unter 4 zitiert hei ©. 25.