Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1942.
Einleitend wurde hervorgehoben, daß alternierende Gezeitenströme durchaus
nicht selten vorkommen; andererseits haben die oben durchgeführten Unter-
suchungen gezeigt, daß das Vorhandensein alternierender Ströme in geraden
Kanälen bei reibungsloser Bewegung wenn nicht an konstante Tiefe so doch an
eine ganz bestimmte in Gleichung (12) genau formulierte Tiefenverteilung des
Kanals gebunden ist. Da es nicht sehr wahrscheinlich ist, daß überall dort, wo
alternierende Ströme auftreten, auch die oben abgeleitete Tiefenverteilung vor-
handen ist, liegt der Schluß nahe, daß die Tiefenverteilung in diesen Fällen
keinen entscheidenden Einfluß auf die Ausbildung der Schwingungen besitzt
und im Rahmen der üblichen Genauigkeit mit einer mittleren Tiefe gerechnet
werden kann. Andererseits zeigt das in den Gleichungen (12) zusammengefaßte
Ergebnis der Untersuchung, daß in einem geraden Kanal die Querströme nicht
vernachlässigt werden dürfen, wenn die Tiefenänderungen so groß sind, daß
diese einen erheblichen Einfluß auf die Ausbildung der Bewegungen besitzen.
Die Übertragung dieser Ergebnisse auf einen beliebig geformten Kanal, der
nicht gerade ist, soll in einer späteren Arbeit vorgenommen werden.
Die Jahresmittel der Temperaturreihe von Prag.
Erste Mitteilung über statistische Untersuchungen an der 165jährigen Temperaturreihe
von Prag.
Von W. Portig, Deutsche Seewarte.
V. Hlavät hat in Band 57 der Meteorologischen Zeitschrift die mittleren
Monatstemperaturen der Jahre 1775 bis 1939 veröffentlicht’), so wie sie im Hof
des Klementinums zu Prag gemessen werden, Diese Reihe, die ohne Veränderung
der Thermometeraufstellung gewonnen wurde, und somit in ihrer Art einmalig
ist, reizt den Statistiker zu zahlreichen Untersuchungen, Bei der Bewertung der
Ergebnisse, die diese Untersuchungen zeitigen, muß man sich aber immer fol-
gender drei Einschränkungen bewußt sein. Erstens sind die Temperatur-
messungen in dem Hof eines großen Gebäudekomplexes gemacht worden, in
dessen unmittelbarer Umgebung sich Prag fast bis zur Millionenstadt entwickelte-
Zweitens ist das Protektorat weitgehend durch Gebirge eingeschlossen, die es
zwar nicht von den Klimaten jenseits der Gebirge trennen, wohl aber die
Zirkulation in mancherlei Weise beeinflussen. Drittens liegt das Protektorat im
Grenzgebiet maritimer und kontinentaler Klimatypen, wodurch manche, für den
einen Typ charakteristische Eigenschaft durch die zeitweise Herrschaft des
anderen Klimatyps im Mittelwert undeutlich wird, Andererseits bietet der Kampf
des maritimen gegen das kontinentale Klima den Anreiz zu weiteren Untersuchungen.
Die Ergebnisse, die aus den Temperaturwerten von Prag abgeleitet werden,
dürfen daher nur mit Vorbehalt verallgemeinert werden, Sie sollen sozusagen
nur Arbeitshypothesen für Arbeiten an rein maritimen oder rein kontinentalen
Stationen sein,
Ferner ist bei der Bearbeitung von Temperaturreihen ganz allgemein zu
beachten, daß Temperatur und noch mehr ihr Mittelwert sehr komplexe Größen
sind. Während es in Einzelfällen manchmal möglich ist, die Lufttemperatur
auf ihre Ursachen, Strahlung, Advektion, Kondensationsvorgänge usw. zurück-
zuführen, ist das beim Monatsmittel unmöglich, Die Temperaturmittel sind das
Produkt zahlreicher mehr oder weniger verschiedener Wetter- und Witterungs-
lagen, wobei nicht einmal der Satz gültig ist, daß ähnliche Wetterlagen während
der gleichen Jahreszeit auch ähnliche Temperaturen mit sich bringen. Ganz
abgesehen davon, daß sich über den Begriff „Jahreszeit“ streiten 1äßt?), bedingt
z. B. im Winter tiefer Druck über den Alpen bei hohem Luftdruck im Norden
Europas hohe oder tiefe Temperaturen in Prag, je nachdem, ob durch die
Lagerung der Aktionszentren im einzelnen Luftmassen aus dem Mittelmeergebiet
oder der Ukraine antransportiert werden. Trotzdem also die Temperaturmittel
‘) V.Hlaväl, Die 165jährige Prager Temperaturreihe 1775 bis 1939. Met. Zschr. 1940, S. 267,
‘) Näheres zu diesem Problem bei der Bearbeitung der Jahreszeiten- und Monatsmittel.