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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Dezember 1941.
Die Einzelbeobachtungen längs der Küste verzeichneten folgende Beben in
den Jahren 1916 bis 1932: Im Februar 1918 verzeichnete Provadija ein Wellen-
beben aus NW, dessen Zentrum im Deliorman lag. Die Küste wurde nicht
erreicht. Im Jahre 1919 (August) verzeichneten die südlichen Küstenstationen
ein Beben der Intensität 1II!), bestehend aus zwei starken Wellenstößen, Dieses Beben
kam aus östlicher Richtung und wurde gleichzeitig in Nessebär, Burgas und
Zarevo festgestellt. Im Januar 1921 verzeichnete Dälgopol ein schwaches Wellen-
beben aus östlicher Richtung, dessen Verlauf nach der Küste zu mangels Be-
obachtungen unsicher bleibt. Im April des gleichen Jahres wurde ein Beben in
der ganzen Küstengegend von Provadija über Dälgopol bis Nessebär beobachtet;
dieses zeigte sich als ein Stoß des Intensitätsgrades III aus westlicher Richtung
im Norden und als zwei schwache vertikale Stöße in Nessebär. 1925 (August)
wurde in Burgas ein Örtliches Wellenbeben aus Osten registriert. Ein zweites
Küstenbeben registrierte der Seismograph in Sofia im September 1927 in 900 km
Entfernung, das in Ischiklar (2 Stöße), Varna (3 Stöße) und Zarevo (schwaches
Beben aus nördlicher Richtung) beobachtet wurde. Das große Beben von 1928
griff über den Balkan nach Norden nicht weit hinaus, Devnja verzeichnete nur
einen schwachen Stoß, die Küste südlich der Stara Planina wies ein Beben mit
Intensität IV auf, das in Burgas aus W, in Zarevo aus NW kam.
Zusammenfassend können wir feststellen, daß im Zeitraum von 1916 bis
1928 nur ein Beben an der Küste, nämlich die Ausläufer der südbulgarischen
Beben von 1928, Intensitäten der Grade IV und V erreichte, die übrigen er-
reichten nur den III Grad und Größen darunter. Seebeben waren davon drei,
die Gesamtzahl einschließlich der unsicheren Beben beträgt 7. Das einzige große
Beben, das noch in Varna mit der Intensität VII Schäden anrichtete, war das
Kalliakrabeben 1901. Das Küstengebiet ist also ziemlich stabil, verglichen mit
dem Hinterland, wo beispielsweise in der Tundscharegion in derselben Zeit
12 Beben im nördlichen Teil und 16 im südlichen Teil beobachtet wurden.
Welche Intensität nun für den Schelfboden vorausgesetzt. werden muß, um
Landrutsche am Schelfrande hervorzurufen, ist nicht sicher. Ich schätze jedoch,
daß unter III Grad Intensität auch in submarinen Tälern lagernde Schlamm-
massen kaum bewegt werden können, wenn die Neigung nicht allzugroß ist,
Festes Gestein braucht noch stärkere Erschütterungen, um zum Abrutsch zu
gelangen. Voraussetzung für solche Abrutsche ist jedoch in jedem Falle, daß
sich die Täler nach dem Tiefseebecken zu öffnen.
An der bulgarischen Küste sind solche Täler nicht vorhanden, soweit die
jetzige Kenntnis des Meeresbodens geht. Das Varnatal ist nach Süden zu ge-
öffnet und geht auf die 30—40 m-Verebnung hinaus, findet also keine Fortsetzung
zur Tiefsee, Das Emona-Tal, das sich nach Osten hin Öffnet, ist mit Schlamm
bedeckt, was eine längere Ruhelage voraussetzt, und das gleiche gilt auch für
die Fortsetzung der submarinen Beckenzone auf der Höhe von IZneada, Die
Kolk- und Becken- bzw. Grabenform der meisten Schelfbildungen schließt auch
diese Hypothese für unser Gebiet aus.
3. Von den obengenannten Hypothesen bleibt also als einzige die der mor-
phologischen bzw. geologischen Bildung, sei es subaerisch oder submarin. Zu-
nächst wollen wir untersuchen, ob eine subaerische Bildung möglich ist, um
dann zur Erklärung selbst zu kommen ?).
Das Schwarze Meer stellt ein Einbruchsbecken dar, dessen hohes Alter durch
die mächtigen marinen Ablagerungen an seinen Küsten genügend dokumentiert
ist; doch zeigen diese auch deutlich, daß Größe und Form nicht immer die
gleichen gewesen sind wie heute. Wir können allerdings die Geschichte des
heutigen Meeresbeckens erst seit Ende des Tertiärs mit einiger Deutlichkeit ver-
folgen, Im Miozän hatte es seine größte Ausdehnung vom östlichen Bulgarien
über das Kaspische Meer zum Aralsee. Die morphologischen Untersuchungen
in der Ukraine zeigen uns den weiteren Entwicklungsverlauf. Im Sarmat setzte
die erste nachweisbare Regression ein, die von VirZikovskij in der Ukraine
nachgewiesen werden konnte (33—35). Damit verbunden ist die Auserodierung
1) Hierzu Kartenskizze 3. Tektonik des Schelfs. — 2) Grade nach Forel-Mercalli,