Kleinere Mitteilungen,
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Küstenströmung als den Ausläufer in den Sankt Lorenz-Golf im Auge, 80 ist
der Name Cabot-Strom verständlich, zumal wohl die Cabots zum mindesten die
westsüdwestliche Versetzung vor der Küste Neuschottlands selbst beobachtet und
beschrieben haben (vgl. J. G. Kohl, Geschichte des Golfstroms usw., Bremen 1868,
S. 31 und Karte bei S. 78/79). Jedoch darf darüber das verwickelte Strömungs-
system des Sankt Lorenz-Golfes nicht vergessen werden!%),
Endlich der „Antillen-Strom“ Krümmel hat diesen Namen in seiner
Schrift „Die äquatorialen Meeresströmungen des Atlantischen Ozeans“ (Leipzig
1877, S. 9) vorgeschlagen; er beschreibt den Antillen-Strom dort als den kleineren
Teil der Äquatorialströmung, der „abgelenkt durch die nach Westen umbiegende
Inselreihe (also die Kleinen Antillen) nördlich an dieser entlang läuft“. Im Hand-
buch der Ozeanographie, 2. Band, 2. Auflage, S. 559 sagt er: „Außerhalb der
Westindischen Inseln biegt ein großer Ast, wenn nicht die Hauptmasse, der
nördlichen Äquatorialströmung nach Nordwesten um, die Antillen-Strömung
unserer Karten.“ Auf S. 560 heißt es: „Der Strom ist namentlich entlang den
Inseln (gemeint ist die Ostseite der Bahama-Inseln) recht kräftig (1,5 sm stünd-
lich) ...“ Hans H. F. Meyer (a. a. O, S. 24) spricht im Gegensatz zum ersten
Zitat den Kleinen Antillen einen sichtbaren Einfluß auf den Nordäquatorialstrom
ab. „Durch die Großen Antillen wird er dagegen gegabelt. Ein Teil, der
Antillen-Strom Otto Krümmels, setzt an der Nordseite von Haiti und Kuba...
nach Nordwesten“. Dieselbe Schilderung gibt O. H. Felber!). G. Schott schreibt
in seiner Geographie des Atlantischen Ozeans (2, Auflage 1926, S, 180): „In
WNW-, NW- und NNW-Richtung strömen sie (die äquatorialen Gewässer des
Atlantischen Ozeans) auf den Inselkranz der Kleinen Antillen zu, und was nicht...
in das Karibische Meer hineingelangt, vereinigt sich zu einem an ihrem Außen-
rand entlang sowie nördlich von Puerto Rico, Haiti und östlich von den Bahamas
weiter ziehenden, ebenfalls nach Westen gerichteten Antillen-Strom“. Bei den
Auffassungen Krümmels von 1877 und H. H. F. Meyers wird anscheinend,
wenn auch unausgesprochen, der Name „Antillen-Strom“ damit begründet, daß
diese Inselreihe für die Abzweigung der Strömung von wesentlicher Bedeutung
ist. Nach den oben schon genannten neuen Monatskarten der atlantischen Ober-
flächenströmungen berühren aber die Stromfäden, die später den Außenrand
der Bahama-Inseln bestreichen, also die Hauptmasse des „Antillen-Stromes“ bilden,
durchaus nicht in allen Monaten vorher den Nordrand der Kleinen Antillen.
Dies ist wohl auf den Karten für Mai bis September und für Dezember der Fall;
in den übrigen Monaten treffen die Strömungslinien, die später nördlich der
Florida-Straße den östlichen Rand des Golfstroms bilden, in ostwestlicher Richtung
vom freien Ozean her auf die Bahama-Inseln auf!®), Die Tatsache, daß die
Hauptmasse der Wasserversetzung nahe nördlich der Bahamas als zweite Wurzel
Anschluß an das Golfstromsystem gewinnt, nachdem sie den Außenrand der Insel-
gruppe auf eine Strecke von 700 bis 750 sm!%) bestrichen hat, sollte für ihre
Benennung mindestens so wichtig sein, wie ihre — vermutlich ja nicht einmal
ständige -— Berührung der Kleinen Antillen im Anfangsstadium. Außerdem
werden anscheinend die größten Versetzungen vor den nördlichen Bahama-Inseln
erreicht (vgl. oben Krümmel, ferner G. Wüst?), auch z, T. die neuen Monats-
karten der Deutschen Seswarte für den Nordatlantischen Ozean). — Endlich
3) Die Karten H. H. F. Meyers und Felbers geben beide Strömungen an, — 12) Oberflächen-
strömungen des Nordatl, Ozeans zw. 15° u, 50° n, Br, Archiv d, Dtsch, Seewarte, 53, Bd, Nr. 1. 1934,
S. 9. — 35) Auf den Karten von Felber herrscht die — auch von Schott hervorgehobene — Richtung
in den NW-Quadranten vor. Hier ist die mittlere Richtung im mechanischen Sinne dargestellt, während
die eben herangezogenen Karten des Verfassers die vorherrschende Richtung wiedergeben. Das diesen
Karten zugrunde liegende Beobachtungsmaterial dürfte zum mindesten nicht geringer sein als das von
Felber verwendete niederländische Material. — Nach G. Schotts Karten der Flaschenposttriften im
Nordatl. Ozean (Archiv d. Dtsch, Seewarte, 20, 1897, Nr. 2, Taf. 1—3) wäre die Wahrscheinlichkeit für ein
Strömungsbild, in dem die Stromfäden der Aquatorialströmungen deutlich von SO her um den Außen-
rand der Antillen herumbiegen, zu etwa 33% abzuschätzen, Da die Karten nur eine Auswahl der Triften
bringen, so ist es nicht ausgeschlossen, daß die ungewöhnlichen Triften von SO nach NW etwas stärker
berücksichtigt sind als die gewöhnlichen Triften von O nach W, — 1%) Von der Navidad-Bank, dem
äußersten östlichen Vorsprung des Bahamasockels, nördlich vom Ostende Haitis, bis zum Nordende der
Kleinen Bahama-Bank, — !?) Florida- und Autillen-Strom, Veröff, Inst, f, Meereskunde. N. F,. Reihe A.
Heit 12, Berlin 1924, S. 39.