994 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, September 1941,
Um die drei, aus je zwei säkularen Gegenextremen bestehenden Kurvenpaare
nicht zu gedrückt darzustellen, wurde die Abszisse der Werte für Wien und
Bremen gegenüber jenen für Hamburg und Nauen nach rechts verschoben,
Die Nauener Kurve selbst, deren einzelne Werte mir leider bloß als Relativ-
beträge für die Höhen von 5, 10, 15, 20, 25, 30 und 100 m in Prozenten der
Windgeschwindigkeit von jener in 2m Höhe worlagen, wurde eines passenden
Vergleiches wegen willkürlich mitten durch die beiden säkularen extremen
Kurvenlagen von Hamburg gelegt. Man darf überzeugt sein, daß zufolge der
relativ geringen Entfernung der beiden verglichenen Stationen und der äußerst
gleichförmigen Tiefebene die übrigens kaum interessierenden Absolutbeträge der
Nauener Kurve von den angezeigten nur um ganz Unwesentliches abweichen können.
Wie unmittelbar zu ersehen, sind die Unterschiede der säkular-periodischen
Gegenextreme der Zunahme des mittleren Windes mit der Höhe — es
handelt sich bei allen korrespondierenden Punkten um Mittel aus fast einem
Viertel der vollen, schon aus Vorarbeiten wohlbekannten säkularen Periodenlänge,
nämlich aus je sieben Jahren — so mächtige, daß man sich einerseits nur immer
wieder darüber wundern muß, wie lange dieselben unerkannt geblieben sind und
es anderseits unbedingt für notwendig findet, diese auffallende „neue“ Natur-
erscheinung auch in Zukunft dauernd im Auge zu behalten,
Bis jetzt hat man, soweit mir bekannt, ähnlich wie für Nauen, auch noch
[für einige andere Stationen in der norddeutschen Tiefebene, z. B. für Eilvese,
die „Zunahme der mittleren Windgeschwindigkeit mit der Höhe“
bestimmt. Dabei waren zwar auch große gegenseitige Unterschiede aufgetreten,
doch hielt man diese nicht weiter für beachtenswert. Trotz der recht langen
Zeitreihen, aus welchen sich deren Mittel zusammensetzen, und trotz des für den
mittleren Luftfluß wohl sehr gleichförmigen Geländes hielt man diese Unter-
schiede doch nur für „zufallsbedingt“ oder verursacht durch „lokale Differenzen“,
Die näheren Daten der Jahresreihen, aus denen sich die Werte solcher „Zunahme-
kurven“, wie etwa die der Nauener zusammensetzen, findet man daher, wenigstens
in den Lehrbüchern, leider nirgends mitangeführt.
Man hielt es einfach für gesichert, daß die „Zunahme der mittleren
Windgeschwindigkeit mit der Höhe“ nur ähnlich einer „Potenzialfunktion
höherer Ordnung“ vor sich gehen könne oder stützte sich anderseits bei der
Beachtung nicht von Mittel-, sondern von Einzelzunahmen auf das theoretische
Ergebnis Eckmanns, daß die Windverteilung in den verschiedenen Höhen unter
dem Einfluß von Reibung und ablenkender Kraft der Erdrotation durch eine
logarithmische Spirale wiedergebbar sei, Jedenfalls hat man sich für das Verständnis
der allgemeinen Erscheinung doch schon recht beträchtliche Mühe gegeben, hat aber
trotzdem die mächtigen und systematischen Unterschiede übersehen, welche in den
säkularen Gegenextremen vorliegen, die in unserer Abbildung zum ersten Male
veranschaulicht werden und eigentlicher Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind,
Gegenüber den Relativwerten der für sieben Niveaus bestimmten Nauener
Kurve lagen aus den Daueraufzeichnungen unserer drei Hauptstationen allerdings
nur Werte für die beiden Höhen von „im Garten“ und „am Turme“ vor,
Die Registrierungen „am Turme“ sind übereinstimmend anemometrisch erfolgt.
Jene „im Garten“ stammen aus ursprünglichen, erst im Nachhinein und als
Monatsmittel in m/sec umgerechneten Beaufortschätzungen. Dadurch wären kleine
Reduktionsmöglichkeiten der Endwerte zwar gegeben, doch wurde hier von ihnen
abgesehen. Sie würden höchstens bewirken, daß die Lage der sechs Kurven um
ein kaum Merkliches steiler ausfiele. Irgendwelche systematische Änderung der
allein zu studierenden säkularen Unterschiede könnten durch solche jedenfalls
nicht hervorgerufen werden, .
In einer ähnlich gleichförmigen Tiefebene wie Nauen gelegen, ist von unseren
drei Hauptstationen nur noch Bremen. Im Falle von Hamburg jedoch erfolgten
die Windaufzeichnungen „im Garten“ auf dem 26 m hohen Hügelrücken, worauf
das Gebäude der „Deutschen Seewarte“ steht, und im Falle von Wien auf der
„Hohen Warte“, einem äußersten Ausläufer der Ostalpen, etwa 45 m über der
freien Donauniederung.