Defant, A.: Zur Dynamik des äquatorialen Gegenstromes,
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nördlich und südlich gelegenen Stromgebieten erfolgt. Man kann sich schon
vorstellen, daß hier die Vermischung am stärksten und daher der Energieverlust
dadurch am größten ist.
Überblicken wir die bisherigen Überlegungen, dann erscheint nach den vor-
liegenden Beobachtungen und der dynamischen Aufarbeitung des ozeanographi-
schen Materials die Ansicht, daß der äquatoriale Gegenstrom im Atlantischen
Ozean im wesentlichen eine Wirkung des Anstaues der westwärts verfrachteten
Wassermassen des Nord- und Südäquatorialstromes an der westlichen Begrenzung
des Ozeans (Kontinent) darstellt, hydrodynamisch wohl begründet zu sein, Seine
Asymmetrie zum Äquator ist aber gebunden an die asymmetrische Ausbildung
der Äquatorialströme der Nord- und Südhemisphäre, die auf die Asymmetrie der
atmosphärischen Zirkulation zurückzuführen ist. Für den Atlantischen Ozean
paßt diese Erklärung für die Ausbildung eines äquatorialen Gegenstromes recht
gut und wird auch allen Beobachtungstatsachen gerecht. Für den wesentlich
ausgedehnieren Pazifischen Ozean hingegen mag e8 mir erscheinen, als ob man
mit der Wirkung des Anstaus der westwärts verfrachteten Wassermassen der
Äquatorialströme allein nicht auskommt. Die Wirkung dieses Anstaus an den
im Westen in meridionaler Richtung nicht gerade gut ausgebildeten Küsten, die
außerdem beträchtliche Durchlässe aufweisen, müßte sich auf eine überaus lange
Entfernung in einem sehr schmalen Band äußern, und dies erscheint nicht recht
plausibel, Ich glaube, daß man hier die Wirkung des beiderseits des Äquators
verschiedenartigen ozeanischen Aufbaus der troposphärischen Schichten wird
heranziehen müssen, um die Einschaltung eines so schmalen äquatorialen Gegen-
$tromes verständlich zu machen.
Bei der Betrachtung der absoluten Topographie des physikalischen Meeres-
niveaus des Atlantischen Ozeans in Abb. 2 fällt auf, daß der Anstau der Wasser-
massen. der Aquatorialströme im Westen durch eine entsprechende Erhöhung
des Meeresniveaus nicht direkt vor den Küsten erfolgt, sondern sich die Gebiete
maximaler Erhebung über dem Geoid in einiger Entfernung vor der Küste
(etwa 200 bis 400 sm) einstellen. Zwischen diesen Gebieten maximaler Erhebung
und der Küste findet ein neuerlicher Abfall des Meeresniveaus zur Küste hin
statt; ihm entspricht auf der Nordhemisphäre der längs der Küste Südamerikas
nach Nordwesten fließende Guayanastrom, auf der Südhemisphäre der nach Süden
längs der Küste Südamerikas setzende Brasilstrom. Beide sind Gradientströme,
Der Guayanastrom ist sicherlich zurückzuführen auf eine durch die Küstenmor-
phologie Südamerikas bedingte Modifikation des normalerweise südlich des Äqua-
tors nach Norden setzenden Kompensationsstromes infolge Anstau der Wasser-
massen des Südäquatorialstromes an den Küsten Südamerikas. Dieser Strom
findet an der nach Nordwesten zurückweichenden Küste Südamerikas nördlich
Kap S. Roque eine vorzügliche Leitbahn und erleichtert den Übertritt südhemi-
sphärischer Wassermassen des Südäquatorialstromes auf die Nordhemisphäre,
Mit diesem Übertritt auf die Nordhemisphäre muß am Äquator ein Umschlagen
des Druckgefälles in die umgekehrte Richtung verbunden sein. Die Topographie
des physikalischen Meeresniveaus in Abb. 2 zeigt diesen Umschlag ganz klar:
Südlich des Aquators ist das Gefälle nach Nordosten gerichtet, nördlich desselben
längs des ganzen Verlaufes des Guayanastromes nach Südosten. Ein Rücken
hohen Wasserstandes begleitet den Guayanastrom auf seiner rechten Flanke; er
scheidet ihn von jenen Gebieten, die die Ausgangsstellen für den äquatorialen
Gegenstrom sind. Man kann annehmen, daß der äquatoriale Gegenstrom wesent-
lich stärker ausgeprägt wäre, falls die Küstenmorphologie das Abfließen des
nordwestwärts setzenden Astes des Südäquatorialstromes in dieser Richtung auch
nördlich des Äquators nicht begünstigen würde.
Die Topographie des physikalischen Meeresniveaus in Abb. 2 zeigt als
Ursprungsgebiet des äquatorialen Gegenstromes das Gebiet 50° — 40° W und
5° — 10° N, Dieses steht in völliger Übereinstimmung mit der westlichen Aus-
dehnungsgrenze dieses Stromes, wie sie A, Schumacher bei der Bearbeitung
der Versetzungen deutscher Schiffe gefunden hat, Die Extreme sind nach ihm
Mai 46° W, 5.5° N bzw. Januar und November 53° W, 10° N; sie umfassen gerade