Jensen, Chr.: Strahlungsmessungen in Xindenberg.
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Licht in die Verhältnisse zu bringen, muß kurz auf frühere diesbezügliche Ergeb-
nisse zurückgegriffen werden, Jensen fand im Jahre 1909%), z. T. mit Benutzung
eines Turmalins, z. T. mit solcher eines Nicolschen Prismas als Analysator im
Savartschen Polariskop, daß ceteris paribus die A-Abstände mit Abnahme der
Wellenlänge wachsen. Während er mit wenigen Ausnahmen sein Augenmerk
auf den A-Punkt gerichtet hatte, konnte Fr, Busch®) dies Ergebnis auch auf
den Ba-Abstand ausdehnen, Im August 1911 und im März 1912 konnte Dorno®)
offenbar handelte es sich um den A-Punkt — bei Benutzung von Wratton-
filtern feststellen, daß der Abstand des neutralen Punktes sichtlich mit abneh-
mender Wellenlänge wächst. Da nichts Besonderes erwähnt wird, darf wohl
angenommen werden, daß er als Analysator einen Turmalin benutzte. Zwischen
dem 10. September und dem 18, Oktober 1916 fanden Dember und Uibe*) in
Villaflor (Teneriffa), daß beim A-Band die langwelligen n.P. dem antisolaren
Punkt näher lagen als die kurzwelligen. Die genannten Ergebnisse scheinen
also in. erster Annäherung in guter Übereinstimmung miteinander zu sein, Ver-
fasser®) hatte darauf hingewiesen, daß das Hauptergebnis in gutem Einklang mit
der Theorie der atmosphärischen Polarisation zu stehen scheine, da die negative
Schwingungs-Komponente wesentlich vom diffusen Tageslicht herrühre, welches
eine der blauen Himmelsfarbe entsprechende erheblich größere Intensität für
die kurzen als für die langen Wellen aufweist, und da die Abstände der
n. P. (die Kompensationsstellen) mit der Zunahme der negativen Komponente
wachsen müssen, Nicht berücksichtigt wurde dabei die verhältnismäßig starke
Extinktion der kurzwelligen Strahlen auf dem Weg von der Sonne zur Nachbar-
schaft der Gegensonne®). Im Jahre 1914 machte Wegener?) darauf aufmerksam,
daß der Unterschied zwischen der mittels der photogrammetrischen und der
Augenmethode von ihm auf der Station Borg (Grönland) in den Monaten Februar
bis April 1913 gefundenen A-Abständen in der nämlichen Richtung liege wie die
von mir im Grün und im Rot gefundenen Differenzen. Der Unterschied (siehe
die Kurven bei W.) ist allerdings in die Augen springend, Er gibt aber neue
Probleme auf, wenn man bedenkt, daß — wie wir gleich sehen werden — besagte
Tendenz nach meinen späteren Untersuchungen zur Zeit starker allgemeiner
Trübung vulkanischen Ursprungs nicht mehr galt, daß sich aber um die angegebene
Zeit die Katmaitrübung in Grönland noch stark auswirkte. Das geht nämlich so-
wohl aus Wegeners Notizen über die blasse Himmelsfarbe sowie die Verringerung
der Intensität der direkten Sonnenstrahlung wie auch aus den großen A-Amplituden
klar hervor. Da bei der starken Anderung der Himmelsfarbe infolge des Katmai-
ansbruchs eine merkliche Änderung des für normale Zeiten gefundenen Verhält-
nisses zur Wellenlänge erwartet werden konnte, so wurden zuerst im Oktober
1912 sowohl in Hamburg-Eppendorf wie auch in etwas weiterer Entfernung von
der Großstadt (Billenkamp bei Friedrichsruh) verschiedene Messungen mit vor-
geschalteten Filtern ausgeführt, Diese ergaben nun deutlich genug nicht nur
eine Verringerung der Differenzen, sondern völlige Änderung der Verhältnisse
in dem Sinne, als die Abstände bei Vorschaltung eines blauen oder grünen
Filters vor das Polariskop durchweg kleiner gefunden wurden als bei Benutzung
eines roten®). Diese Umkehr schien in guter Übereinstimmung mit dem von
Dorno?) gefundenen Ergebnis zu stehen, wonach einmal sowohl beim Sonnen-
als auch beim Himmelslicht die grünen Strahlen mehr an Intensität eingebüßt
hatten als die roten, wonach aber vor allem dieser Unterschied gegenüber nor-
malen Verhältnissen am größten für das Himmelslicht war. Diese Umkehr
1) Fr. Busch u. Chr. Jensen, Tats. u. Theorien d, atm, Pol, usw., 1, cit. Hamburg 1911,
252—253, — ®) Fr. Busch, Met. Zs. 30, 328—329, 1913, — % C. Dorno, Met. Zs. 30, 79, 1913, —
*) H.Dember u. M. Uibe, Math.-Phys. Kl. Kön, Sächs, Ges, Wiss, Leipzig, Sitzg. vom 30. April 1917,
153 sowie 163 u. f. — % Met, Ze. 30, 83, 1913. — % H, Dember u. M. Üibe, Leit. 163. Siehe auch
Fr. Ahlgrimm, Zur Theorie der atm., Polarisation, A, d. Jahrb, d. Hamb, Wiss. Anst. XXXI[L, 1914
(3. Beih.: Mitt, a. d. Phys. Staatslabor.), Hamburg 1915, 9 sowie 36 -— 7) A, Wegener, Sonderdr,
ad, Sitz.-Ber. d. Ges. z. Förd. d. ges. Naturw. zu Marburg, Nr. 3 v, 25. Febr. 1914, vor allem 8, 10 u. 11, =
®) Chr, Jensen, Met, Ze. 30, 83, 1913; weiter Verh, Ges. D, Ärzte usw., Bd, 84, 92—97, 1913, sowie
Mitt. d. Verein. Fr. d, Astron, u. kosm, Phys., Bd. 22 (1912), 199-—208, — *) C. Dorno, Met, Zs, 30,
468—469, 1913,