Thorade, H.: Der äquatoriale Gegenstrom im Atlantischen Ozean und seine Entstehung, 203
Reynoldszahl ist es umgekehrt: je größer sie ist, um so mehr ist die Bewegung
turbulent). Wenn die Richardsonzahl einen gewissen Schwellenwert übersteigt,
wird überhaupt keine Turbulenz mehr möglich sein, und deshalb wird man
fragen, ob dieser Schwellenwert im Meere überschritten wird.
Über den Betrag des Schwellenwertes besteht allerdings zur Zeit noch keine
volle Gewißheit. Nach einer Untersuchung H. Schlichtings (vgl. den Bericht
Ann. d. Hydr. 1938, S, 13 ff.) in Göttingen genügte bei Versuchen an einem
geheizten Windkanale bereits Ri = 0.04 zur Vernichtung jeder Turbulenz. Aber
es scheint, daß dieser Wert sich auf Gebiete von der Größe des Meeres nicht
anwenden läßt, Wie G. I. Taylor (1931 vgl. Defant 1936, S. 296) gezeigt hat,
wird der Austausch unterdrückt, sobald
Ri> Ay: Ar
ist, wo Ay die Austauschgröße für Bewegung, A, die für Temperatur, Salz-
gehalt usw. bedeutet. Für das Verhältnis dieser beiden Größen fand J. P. Ja-
cobsen (1913) aus Beobachtungen im Kattegat und im Randersfjord Werte
zwischen 3 und 60; die Stabilität war also groß, aber die Bewegung erwies sich
trotzdem als turbulent,
Für die Tiefsee kann man einen rohen Überschlag machen an dem Beispiele
des antarktischen Bodenstroms B, und des subantarktischen Zwischenstroms Z,
(G. Wüst 19383, 1935). Im ersteren kann man nach Defant (1936a) auf der
Paräschwelle mit einer Mächtigkeit von 400 m bei einer Höchstgeschwindigkeit
von 4 em/sec rechnen, während die Stabilität nach v. Schubert (1835) etwa
E=10.107® ist; die Richardsonzahl hätte dann den hohen Wert von etwa
10000. In der Tat ändert sich die Dichte des B, von der Antarktis bis in den
Nordatlantischen Ozean nur zwischen 04=27,87 und 27.92, was man wohl noch
als Mischung ohne senkrechten Austausch im Sinne Rossbys und Mont-
gomerys wird ansehen können, Andrerseits findet man für das Z, bei 10 ecm/sec
und 300 m Mächtigkeit Ri etwa == 7000. Aber hier wächst die Dichte des Z,
auf seinem Wege bis zum Nordatlantischen Ozean von 04 = 27.01 auf 27.45, und
es muß fraglich erscheinen, ob diese Änderung der Dichte nicht senkrechte
Austauschbewegungen voraussetzt. Obwohl es daher den Anschein hat, daß der
senkrechte Austausch im Meere nicht die Rolle spielt, die man ihm häufig zu-
schreibt, ist doch eine Entscheidung über diese für die Lehre von den Strömungen
vielleicht umwälzenden Behauptung nur von künftigen Untersuchungen im Meere
sowohl als auch im Versuchskanale zu erwarten.
Indem nun Rossby und Montgomery davon ausgehen, daß mit Ausnahme
der oberen, unter dem unmittelbaren Einflusse der Atmosphäre stehenden
Schichten jede Wassermasse den ihr nach ihrer Dichte zukommenden Platz ein-
nimmt, denken sie sich im Meere eine Schar von Flächen gleicher potentieller
Dichte gelegt, die wie ein Satz Schüsseln ineinanderliegen; eine Wassermenge,
die sich entsprechend ihrem spezifischen Gewichte einstellt, kann sowohl ihren
Salzgehalt wie ihre Temperatur durch Mischen mit angrenzenden Wässern oder
durch adiabatische Vorgänge ändern; sie behält aber ihre potentielle Dichte,
und sie bleibt daher an die ihr zukommende Fläche potentieller Dichte gebunden,
die für sie gewissermaßen undurchdringlich ist. Da man die Änderungen der
Dichte durch adiabatische Vorgänge innerhalb der obersten 1000 m vernach-
Jässigen kann, lassen sich die Flächen gleicher potentieller Dichte durch solche
gleicher 0, ersetzen. Der erste Schritt der „Isentropischen Analyse“*), die des-
halb hier für den Augenblick kurz, wenn auch nicht erschöpfend genau, „Methode
der Dichteflächen“ heißen möge, besteht also darin, die Flächen gleicher v4 durch
Tiefenlinien topographisch darzustellen, vgl. Abb. 2 und 3 und die von Mont-
gomery selbst (diese Zeitschrift 1939, S. 243) wiedergegebenen Karten. Nach
dem Satze von Ekman und Helland-Hansen über die parallelen Felder werden
die Strömungen sich den Tiefenlinien im allgemeinen anpassen, Weitere Hilfs-
mittel zum Bestimmen der Stromrichtung gibt die Verteilung des Sauerstoff-
| 1) Der Ausdruck ist aus der Meteorologie entnommen, in der adiabatische Vorgänge, bei denen
sich die Entropie nicht ändert, eine größere Rolle spielen als in der Meereskunde.