110 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April 1941.
Juni der Nordostpassat allmählich durch den Süd westmonsun abgelöst, der bessere
Sicht und Regen bringt. Die Ablösung des einen durch das andere Windsystem
erfolgt nicht so, daß man dafür ein bestimmtes Datum angeben könnte, sondern
es kommt nach dem ersten Einsetzen des Monsuns wieder eine ganze Reihe von
Tagen mit ausgesprochener Harmattanlage. Die Grenze zwischen den beiden
gegnerischen Luftmassen schreitet also nicht gleichmäßig vorwärts, sondern
weicht ab und zu wieder beträchtlich nach Süden zurück, ein reizvolles Problem
für die Sichtvorhersage.
Auf dem Höhepunkt der Regenzeit, im Laufe des Juli und August, kommen
dann Tage mit mehr als 100 mm Regen vor, der stets als — manchmal aller-
dings lang andauernde — Schauer mit elektrischen Erscheinungen fällt, Diese
elektrischen Erscheinungen durchlaufen die ganze Skala von leichten Funk-
störungen bis zu schweren Gewittern,
Sowohl hier im Monsun wie auch in den Nordost- und Südostpassatschauern
konnte ich immer wieder beobachten, daß die Regenschauer nur aus solchen
Cumali fallen, die eine Sperrschicht durchbrechen, d. bh. nur aus solchen Haufen-
wolken, die irgendwo, meist schätzungsweise in 1500 m bis 3000 m einen Stratus-
kragen tragen. Ich habe häufig gewaltige Cumulonimbusmassive gesehen, die
in einer Weise brodelten, wie wir sie von unserer gemäßigten Zone her nicht
annähernd kennen, und die unterbrochen von Blitzen durchzuckt waren; aber
solange oberhalb des Kondensationsniveaus kein Stratus auftrat, habe ich keinen
Regen daraus fallen sehen, Die typische Regenwolke für diese Gebiete ist also
die, die der internationale Wetterschlüssel mit der Bezeichnung C, — 8 belegt).
Eine gewisse Ausnahme davon machen die zu den westafrikanischen Tornados
gehörenden Wolken, insofern als sie sich infolge ihrer sehr starken Formver-
änderlichkeit schlecht in ein Schema einordnen lassen. Die westafrikanischen
Tornados sind — im Gegensatz zu den nordamerikanischen — Böen, die wahr-
scheinlich durch südhemisphärische Kaltlufteinbrüche ausgelöst werden und die
meist mit einem ausgeprägten Böenkragen aus Ost bis Südost heranziehen, wobei
sie den Bodenwind stark auffrischen lassen, manchmal bis 100 bis 120 km/Std.
Die außerordentlich starke Formveränderlichkeit der Wolken über und hinter
der Tornadoböenwalze rührt von den starken vertikalen Umlagerungen her; sie
sind nach Mitteilungen von Flugzeugführern, die mit ihren Maschinen in solche
Wolken geraten waren, so kräftig, daß ein Flugzeug in wenigen Sekunden um
mehrere hundert Meter gehoben oder herabgedrückt wird.
Nach meinen eigenen Beobachtungen, die von anderer Seite allerdings noch
nicht bestätigt wurden, gehört zu den westafrikanischen Tornados das vorherige
Auftreten eines Sonnen- oder Mondringes, Er ging, soweit die Bewölkung über-
haupt eine Beobachtung möglich machte, allen Tornados, die ich erlebte, um
einige (drei oder acht} Stunden voraus. Andererseits handelte es sich dabei um
die einzigen Haloerscheinungen, die ich in rund anderthalb Jahren Tropen-
aufenthalt zu beobachten Gelegenheit hatte, Der Halo bildet also nach meinen
Erfahrungen ein gutes Hilfsmittel zur Tornadovorhersage,
Ein weiteres Anzeichen für das Herannahen eines Tornados hat mir mein
Vorgänger, Dr. H. Gräfe, mitgeteilt. Nach seinen Angaben soil dieser Bö ein starkes
Auffrischen des Höhenwindes aus Östlichen Richtungen vorangehen. Infolge
ungünstiger Bewölkungsrerhältnisse war es mir aber keinmal möglich, diese Er-
fahrung selbst zu machen, Wolkenzugmessungen waren leider vom schwojenden,
vibrierenden Schiff aus unmöglich,
A. Regula äußert in seiner Arbeit?) über die westafrikanischen Tornados
die Vermutung, daß ihr Auftreten an eine Periode von 4 Tagen gebunden sei,
Nach meiner Erfahrung ist die Periodizität nicht so stark ausgeprägt, daß man
sie zur Vorhersage der Tornados heranziehen könnte, sie ist aber zweifellos in
manchen Wettererscheinungen vorhanden, wie die folgenden Zeilen beweisen
sollen.
ö Die Definition für die mit Cy = 8 bezeichnete Wolkenform lautet: „Mächtig aufgetürmte
Camulus- oder Cumulonimbuswolken mit Stratocumulus“. — % H, Regula, Druckschwankungen
und Tornados an der Westküste von Afrika, Ann. d. Hydr. 1936, 107.