Lange, E.: Über die Gewichte astronomischer Zeitbestimmungen,
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der Deutschen Seewarte, die u,a, zur Folge hatte, daß von diesem Zeitpunkt an
Zeitbestimmungen an jedem auch nur einigermaßen klaren Abend angestellt
werden. Das bedeutete aber, daß von diesem Zeitpunkt an in viel stärkerem
Maße als vorher Zeitbestimmungen mit wenigen oder bezüglich des Zenits
ungünstig verteilten Sternen in die Ausgleichung aufgenommen werden mußten,
Die Tatsache der hierdurch noch vergrößerten Streuung und das Vorhandensein
der ganggenauen Quarzuhren ließ mich einen neuen Weg zur Genauigkeits-
steigerung der Zeitbestimmungsergebnisse suchen, Die Aufgabe, die ich mir
stellte, war, die Zeitbestimmungen, ohne an der Methode ihrer Beobachtung oder
Berechnung etwas Zu ändern, mit Gewichten zu versehen, In den nachstehenden
Zeilen soll nun über drei auf der Deutschen Seewarte im Verlaufe der ver-
zangenen fast sechs Jahre mit nachweisbarem Erfolg angewendete Gewichts-
bestimmüungsmethoden für astronomische Zeitbestimmungen berichtet werden,
£s ist ein an und für sich naheliegender Gedanke, die einzelne astronomische
Zeitbestimmung, die ja nichts anderes darstellt als einen Vergleich unserer
Uhrenangaben mit der Rotation der Erde, genau so mit Gewichten zu versehen
wie jede andere physikalische, geodätische oder astronomische Messung,
Allgemein betrachtet stellen sich dieser Belegung mit Gewichten jedoch sofort
bedeutsame Schwierigkeiten entgegen, Was bedeutet denn die Belegung einer
Zeitbestimmung mit einem Gewicht? Sie bedeutet nichts anderes, als ibr von
vornherein eine ganz bestimmte Genauigkeit zuzuordnen, Jede solche Zuordnung
verlangt jedoch eine Normale, hier also eine Zeitnormale, die mir durch Messung
des jeweiligen Abstandes des Zeitbestimmungsergebnisses von ihr ein Maß für
die Genauigkeit gibt.
Solange der Zeitdienst der Deutschen Seewarte mit Pendeluhren durchgeführt
wurde, war eine derartige Betrachtung, wie ich sie eben anstellte, völlig zwecklos,
da man auf Grund der Gangleistungen der Pendeluhren nie wußte, ob die Ab-
weichung des Zeitbestimmungsergebnisses von der Zeitnormalen, damals gegeben
durch die Stände einer oder mehrerer Präzisionspendeluhren, den Ühren oder den
Zeitbestimmungen zur Last zu legen war, welch letztere außerdem noch durch die
uns damals fast völlig unbekannten persönlichen Beobachterfehler verfälscht waren.
Es war also, um dem Problem der Gewichtserteilung überhaupt näher zu
kommen, notwendig, Uhren mit so guten Gangleistungen zur Verfügung zu haben,
daß man, etwa von einer Zeitbestimmung ausgehend, alle nachfolgenden Zeit-
bestimmungen an Hand der mit dem genau bekannten Gang extrapolierten Uhr-
stände, die also dann die gewünschte Zeitnormale darstellen würden, nachprüfen
konnte.
Diese wichtigste Vorbedingung war auf der Deutschen Seewarte seit dem
19. September 1933, also seit Beginn der werktäglichen Übertragung der Quarz-
üahrkontakte seitens der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt zu Berlin-Char-
lottenburg und der später erfolgten Inbetriebnahme der eigenen Quarzuhren der
Deutschen Seewarte gegeben, Erst jetzt standen tatsächlich Uhren zur Verfügung,
deren Gangleistungen eine Aussicht auf Lösung des Problems der Gewichtserteilung
bei astronomischen Zeitbestimmungen eröffneten, und die zugleich das Problem
der persönlichen Beobachterfehler soweit lösen ließen, daß eine allzustarke Ver-
{älschung‘ der Gewichte durch sie nicht mehr zu erwarten war.
Für notwendig überhaupt erachtete ich schon seinerzeit die Belegung der
Zeitbestimmungen mit Gewichten, Die absichtliche, an anderer Stelle bewiesene (2),
Häufung der Zeitbestimmungen ließ zwar die Bedeutung der einzelnen scheinbar
geringer werden, Die Anwendung von Ausgleichungsmethoden und die Zugrunde-
legung der Zeitbestimmungen für die richtige Auslösung der Funkzeitzeichen
verlangte jedoch in stärkerem Maße als bisher eine sorgfältige Genauigkeits-
abschätzung jeder einzelnen Zeitbestimmung.
Das mittlere Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zeitbestimmungen
betrug vom 1, Januar 1929 bis zum 30. September 1933 etwa 5%, vom 1, Okto-
ber 1933 an jedoch etwa 1°7. Das bedeutet, daß während des erstgenannten
Zeitraumes für die Beobachtungen im allgemeinen einwandfreie und klare Abende
ausgesucht werden konnten, daß dagegen vom 1. Oktober 1983 an durch Wegfall
Arnd. d. Hrar. usw. 1940, Belt IL