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Full text: 68, 1940

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Februar 1940, 
Kleinere Mitteilungen. 
1. Zwei Singularitäten im herbstlichen Temperaturverlauf NW-Böhmens. 
Auf den von mir kürzlich veröffentlichen Beitrag über eine bemerkenswerte 
Singularität, der an anderer Stelle?) erschien, gingen mir zahlreiche zustimmende 
Äußerungen anerkannter Forscher auf diesem Gebiete zu, Trotzdem waren sie 
nicht der Anlaß zu der heutigen Notiz, Ich würde nicht an die Realität von 
Singularitäten glauben, wenn ich andererseits sagte, es wäre zufällig gewesen, 
Die Ursache war der überaus zeitliche Frostbeginn des heurigen Jahres, der auf 
den 28. September fiel, Da ich ein gutes Zahlengedächtnis habe, erinnerte ich 
mich sofort, daß schon früher einige Male dieser Tag, der bis zum Vorjahre als 
Landesfeiertag Böhmens auch im jetzigen Sudetenland schulfrei war, wennschon 
nicht Frostgrade aufzuweisen hatte, so doch ungewöhnlich niedrige Temperaturen 
zeigte. Als ich in meinem vorhandenen Beobachtungsmaterial (1887 bis 1891, 
1899 bis 1902 und 1926 bis 1939) nach einem ähnlich zeitigen Frostbeginn nach- 
schlug, zeigte es sich, daß ausgerechnet fast am gleichen Tage (27.), und zwar 
nur noch im Jahre 1887 ein so früher Frosttag verzeichnet war! Die Durchsicht 
der gesamten vorhandenen Beobachtungen zeigte dann, daß von den 20 Jahren 
eigentlich nur 5 negativ waren, während von den 15 übrigen jeweils auf einen 
Tag der Periode vom 24, bis 29. September irgendein Tiefstwert fiel. 
Daß es bei Singularitäten erlaubt ist, sich nicht nur an einen einzigen Tag 
zu klammern, führte ich bereits damals in dem oben erwähnten Beitrag aus?) 
Inzwischen zeigte Heilmann®%, daß gerade der Herbstbeginn auf drei ver- 
schiedene Tage fallen kann. Astronomisch gesehen ist also ein bestimmtes Datum, 
z. B. der 28, September, nicht in jedem Jahre innerhalb von vier Jahren (Schalt- 
jahr!) dasselbe. Dazu kommt noch bei meinen in Betracht gezogenen Unterlagen 
der Ausfall des Schalttages zur Jahrhundertwende*). 
Bei der hier angeführten Singularität handelt es sich m, E. nicht so sehr 
um eine Form advektiver Kälte infolge Heranschaffens von maK, sondern eher 
um an Ort und Stelle entstandene durch starke Ausstrahlung, wenngleich nicht 
geleugnet werden soll, daß auch Jahre vorkommen, in denen kalte Luftkörper 
(Mittagswert, der als repräsentativ gelten kann!) die Ursache niedriger Tempe- 
ratur waren. Daß erhöhte Diathermansie der Atmosphäre eher in Frage kommt, 
das scheint mir die größere Häufigkeit heiterer Tage um diese Jahreszeit zu 
beweisen, die es trotz morgendlicher Kühle noch zu ansehnlichen Mittagswerten 
bringt. So kann der „Beginn des meteorologischen Jahres im dynamischen 
Sinne“ ganz gut noch einen Sommertag aufweisen eben auf „der Basis eines 
kontinentalen Hochs“, wie aus den Ausführungen Schmauß’*) hervorgeht. „Ein 
Bestreben zur Senkung der Morgenwerte“ für Aachen im letzten Septemberdrittel 
findet Springstubbe®. Das 7-Uhr-Mittel der Temperatur zu Aachen Obser- 
yatorium 1901 bis 1930 erreicht am 28, September den tiefsten Septemberwert, 
steigt dann an, um erst wieder am 3. Oktober gleich niedrig zu liegen, Die 
niedrigsten Werte zu Mittag (14) fallen auf den 27. und 29., damit andeutend, 
daß auch Kaltluftzufuhr am Zustandekommen tiefer Temperaturen in manchen 
Jahren mitentscheidend war. Jedenfalls konnten selbst höhere Mittagswerte die 
;iefen Morgenwerte nicht mehr kompensieren, Auch die mittleren Minima der 
Jahre 1885 bis 1914 für Leipzig’) zeigen das tiefste Septemberminimum am 28. 
Dort wird der gleiche Wert erst wieder am 7. Oktober erreicht! Im 20jährigen 
Femperaturkalender von Podersam zeigt sich hinsichtlich der Maxima und 
Minima um den 28, September ein ähnlicher Verlauf wie beim 100jährigen Mittel 
Breslaus®). Leider habe ich hier in der kleinen Kreisstadt keine Möglichkeit, 
ıy Gerhard Schindler: „Eine bemerkenswerte Singularität“ in Met. Zischr. 1939, 6. — 
3 Gerhard Schindler: „Wissenswertes aus unserem Sonnensystem“ in „Die Himmelswelt“, 48 
1938), S. 193 ff, — % J. Heilmann: „Das Weltall“ 39 (1939), S. 71f, — *) Arthur M, Harding: 
‚Time through the Ages‘“ in Journal of Calendar Reform, New York, 1937 und 1938. — 5) August 
Schmanß: „Synoptische Singularitäten“ in Met, Ztschr, 1938, 11. — % H. Springstubbe: Singu- 
laritäten im jährlichen Witterungsverlauf von Aachen. Sonderdruck aus dem Deutschen, Met, Jahr- 
buch Aachen 1933. Veröffentlichungen des R, f. W. 1935. — 7) Waldemar Sauer: Über Singu- 
laritäten im Witterungsverlaufe von Leipzig. Wissenschaftl. Abhandign, Bd. V. 1928, — ®%) Reinhard 
Süring: Leitfaden der Meteorologie, 1927.
	        
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