10 Defant, A.: Die ozeanograph. Verhältnisse während der Ankerstation des „Altair“ usw.
unter Einwirkung der Erdrotation ein mäßig cum sole umlaufender Strom vor-
handen ist. Was die Phase von 0.48% nach Meridiandurchgang des Mondes in
Gr. betrifft, so stimmt dieser Wert recht gut zu den Werten, die bisher aus
theoretischen Überlegungen für diese Teile des Atlantischen Ozeans abgeleitet
wurden!), Die Lage der Ankerstation ist halbwegs zwischen dem Zentrum der
nordatlantischen Amphidromie in etwa 54° N und 34° W und den Azoren, Faßt man
die Amphidromie als eine totale Reflexionsamphidromie im Sinne G. J. Taylors?)
auf, so ist bei der gegebenen Verteilung der Flutstundenlinien südlich der Amphi-
dromie mit einer schmalen Stromellipse cum sole zu rechnen, deren Hauptphase
bei 1b liegt, Die gefundene Phase 0.48% stimmt hierzu nicht schlecht.
Was ist nun die 17 Stunden -Welle, die so deutlich in allen Tiefen zum Aus-
druck kommt? Alle Eigenschaften, die diese Schwingung aufweist, lassen keinen
Zweifel zu, daß sie eine reine Trägheitsschwingung darstellt, wie solche bisher
schon in einigen Fählen nachgewiesen worden sind®%), Ihre Periode ist der Theorie
gemäß an Stunden, was für = 44° 32’ gerade 17.1 Stunden ergibt. Die Theorie
fordert ferner, daß die Amplituden der beiden Geschwindigkeitskomponenten gleich
sind. In der Tat zeigt Tab. 1, daß dies in großer Annäherung der Fall ist, Bei
den Werten des harmonischen Verfahrens gaben die Schichtenmittel zusammen
als Verhältnis der Amplituden 1.20, bei den Werten der Kurvenanalyse 1.01.
Damit außerdem diese kreisförmige Trägheitsbewegung, wie die Theorie es
erfordert, auf der Nordhemisphäre rechtsdrehen.d verläuft, muß die Ostkomponente
in ihrer Phase der Nordkomponente um !/, der Periodendauer nachfolgen. Auch
dies ist in großer Annäherung erfüllt; die Abweichungen vom theoretischen Wert
erreichen in der Schichte bis 100 m im Mittel nicht */, Stunde, d. £. nur etwa
10° in den Phasen der harmonischen Analyse, In den tieferen Schichten ist sie
wohl der unsicheren Analyse von Werten in ein- bzw, zweistündigem Intervall
zufolge etwas größer, im Mittel aller Werte ergibt sich 0.9 Stunden == 19° in der
Phase. Bemerkenswert ist, daß diese Trägheitsschwingungen während der ganzen
31/„ Tage scheinbar in ihrer Intensität keine Abnahme aufweisen, sich also während
der ganzen Beobachtungszeit in fast unverminderter Stärke erhalten haben. In
den bisher beobachteten Fällen scheint hingegen bei solchen Trägheitsbewegungen
eine Dämpfung vorhanden gewesen zu sein; auch Phasenverschiebungen sind vor-
gekommen, Der vorliegende Fall ist von solchen Komplikationen frei.
Alle diese Eigenschaften der 17 Stunden-Welle deuten eindeutig darauf hin,
daß sie eine reine Trägheitsbewegung ist, die den Strom der ganzen Wassermasse
bis 800m Tiefe umfaßt. Auffallenderweise sind aber ihre Phase und Amplitude
nicht in allen Tiefen dieselben, Was die Phase betrifft, verhalten sich die Ober-
schicht bis 15m und die Schicht 30 bis 100 m gerade entgegengesetzt (siehe
Abb. 6). Fassen wir die Nord- und Ostkomponente, die sich hierin ähnlich ver-
halten, zusammen, so ist der mittlere Phasenunterschied der beiden Schichten
8,8 Stunden; die halbe Periodendauer ist 8.5 Stunden. Beide Schichten haben somit
völlig inversen Verlauf, Der Übergang muß zwischen 15 und 25 m fast sprung-
haft erfolgen. In der ganzen Mittelschicht von 30 bis 500 m ändert sich dann
die Phase in beiden Komponenten nur wenig; es erfolgt nur unter 100 m eine
allmähliche Verspätung um etwa 2 Stunden. Zur Tiefe von 800 m erfolgt aber
dann wieder eine Änderung um 8.4 Stunden (im Mittel beider Komponenten),
Also wieder haben wir oben gegen unten einen völlig inversen Stromverlauf.
Ob diese letztere Änderung allmählich (wie in der Abb. 6 angedeutet) oder in
-) A, Defant: Die Gezeiten und inneren Gezeitenwellen des Atlantischen Ozeans, Bd, VII;
FE Teil der Wiss. Erg. d. Deutschen Atl. Exp. „Meteor“ 1925 bis 1927,
2) Siehe hierzu in A, Defant: Dynamische Ozeanographie, die Abb. 79 u. 81 bzw. die Abbil-
dungen in A, Defant: Grundlagen einer Theorie der Nordseegezeiten. Ann. d. Hydrogr. u. mar,
Meteor., 51. Band, 1923, 8.57.
$) Siehe P. Gustafson und B. Kullenberg: Untersuchung von Trägheitsstömungen in der
Ostsee, Sven, Hydr.-Biol, Kom. Skr. Ny ser. Bd. 13, Lund 1936, B. Helland-Hansen und V. W.
Ekman in V, W. Ekman: Ergebnisse und Probleme zur Theorie der Konvektionsströme im Meer,
Erg. der Kosm, Physik, Bd, IV, Leipzig 1939. Für die Theorie siehe F, Defant: Krägheitsschwin-
gungen im Ozean und in der Atmosphäre. Veröff, d, met, Inst. der Unir, Berlin, Bd, IX, 2. Heft 1940,