Kleinere Mitteilungen,
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das Rätselhaftel). Denn noch sind wesentliche Eigenschaften der Dünung, wie
die Abwandlung der Form, die Erhaltung der Energie, ihre Wanderkraft über
ungeheure ozeanische Räume, völlig ungeklärt.
Doch wenn man auch von jenem etymologischen Versuch ganz absieht, so
bleibt festzustellen, daß der Seemann die als Dünung bezeichnete Erscheinungs-
iorm der Meeresoberfläche niemals mit dem zur Zeit wehenden Wind in
Zusammenhang bringt, sondern sie stets nur als eine Fernwirkung ansieht.
Und dieser Auffassung haben sich such, so weit ich sehe, die meereskundlichen
Fachleute allerorts angeschlossen. Es geht also nicht an, von toter oder leben-
diger Dünung sprechen zu wollen; denn die Natur der Dünung ist ungeteilt.
Dagegen unterscheidet man allerdings älteren und neuen Seegang, Dann
etwa, wenn man in ein Seegebiet gerät, über dem vor kurzem dem Vermuten
nach ein nach Richtung und Stärke anderer Wind geweht hat als der, mit dem
man in das Gebiet hineingesegelt ist und in das man den neuen Seegang gewisser-
maßen mitbringt. Neben diesem alten und neuen Seegang kann auch noch Dünung
stehen, und wir haben dann jenen Zustand der Durchkreuzungen und Uber-
lagerungen vor uns, der das Gesamtbild der bewegten Wasserfläche der Tiefsee
in der Regel so unübersichtlich und wellenkundlich so schwer deutbar macht ®).
. Hier ist durchaus H. Frank zuzustimmen, wenn er in anderem Zusammenhang die Höhe der
Wellen weniger typisch für die Wirkung des Windes auf das Wasser ansicht als die allgemeine
Struktur der Wasseroberfläche, den Zustand der See. Darauf hat übrigens an anderer Stelle auch
H, Seilkopf hingewiesen, wonach auf der Flachsee der Seegang von verschiedenen Beobachtern oft
verschieden beurteilt wird, „je nachdem sie die tatsächlichen Abmessungen der Wellen oder den
Gesamtanblick der bewegten See zugrunde legen“ %).
Wenn die Dünung in der Meereskunde jetzt ganz allgemein als freie
Schwingung bezeichnet wird im Gegensatz zur gezwungenen Schwingung der
Windsee, so entspricht das auch der seemännischen Betrachtungsweise, Ein
Drittes gibt es nicht. Und wo man klären will, sollte man nicht komplizieren.
E. Römer, Deutsche Seewarte.
3. Neuere Ergebnisse systematischer Kalkgehaltsuntersuchungen in der
Ostsee nach H. Wittig. Nachdem für die Nordsee bereits in dieser Zeit-
schrift (1) eine zusammenfassende Übersicht der in diesem Meere untersuchten
Alkalinitätsverhältnisse gegeben wurde, ist es erfreulich, daß auf Grund einer
im Institut für Meereskunde Kiel abgeschlossenen Dissertation von H. Wittig (2)
eine entsprechende Zusammenfassung von Ergebnissen neuerer Alkalinitäts- und
darüber hinaus gleichzeitiger Kalziumuntersuchungen in der Ostsee folgen kann.
An zahlreichen Wasserproben der Oberfläche und Tiefe aus der Eckernförder,
Kieler und Mecklenburger Bucht, dem Arkonä- und Bornholm-Becken und der
östlichen Ostsee sowie in kleinerem Maße aus der Kieler Förde, Schwentine-
mündung und den Gewässern um Rügen [siehe (2) Abb. 1 u. 2] wurde der Chlor-
and Kalziumgehalt sowie die Größe der Alkalinität bestimmt. Wie üblich wurden
die Einzelwerte des Ca und A zum jeweilig vorhandenen Cl in Beziehung gesetzt,
Man bekommt somit auf Grund einer linearen Funktion von der allgemeinen Form
A = a + bCl ausgedrückt in Mäquiv/L und
Ca=e+dCl n # mg/L
ain quantitatives Maß für die spezifische Alkalinität und den relativen Kalzium-
gehalt, Durch Vergleich mit ähnlichen für ozeanische Verhältnisse abgeleiteten
Beziehungen zwischen Ca und CI sowie A und Cl ist es möglich, die Größe der
Anomalien des relativen Kalziumgehaltes und der spezifischen Alkalinität für
bestimmte Gebiete der Ostsee zu berechnen. Nach bisherigen Untersuchungs-
argebnissen wurden für ozeanische Verhältnisse das Ca/Cl zu 0.02156 und A/CI
zu 0.123 bestimmt. Für das Gebiet der mittleren Ostsee ist schon früher das
4) Der französische Seemann nennt die Nünung auch rowlement, Und das englische swell
will doch auch das Anschwellende, was für die Wellenform der Dünung 80 charakteristisch ist, deutlich
machen, — 2) Älterer Seegang wird als werdende Dünung anzusehen sein, wenn er mit völligem Ab-
[lauen des Windes sich selbst überlassen bleibt. Aber auch nur dann, — %) H, Seilkopf, Maritime
Meteorologie, Band IX des Handbuchs der Fliegerwetterkunde; hrsgeg. von Ministerialrat Dr. R.Haber-
anchl. Berlin 1939, S, 49,