Georgi: J.: Zu Alfred Wegeners 60, Geburtstag,
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jeiter an der Küste festgehalten hatten. Nun durfte, ja mußte er selbst reisen,
da die vorgerückte Jahreszeit den Einsatz seiner großen Reise-Erfahrung ver-
jangte, Er mußte auch allein mit Dr. Loewe und Rasmus Willumsen weiter-
reisen, als die Weliterschwierigkeiten überhandnahmen und schließlich sogar den
weiteren Transport von Nutzlast verhinderten, um seinen seit Wochen ohne Ver-
bindung mit ihm und ohne die vorgesehene Winterausrüstung in Eismitte arbeitenden
Kameraden Hilfe zu bringen und, wenn nötig, diese ihm wichtigste Station über
Winter zusammen mit Dr. Loewe selbst zu besetzen, Als er aber nach der Ankunft
zu seiner größten Freude feststellen konnte, daß Hilfe nicht nötig, daß auch die Durch-
führung der Überwinterung durch die Besatzung der Station nach menschlichem
Ermessen gesichert sei, fehlte gerade aus seiner sachlichen Einstellung nunmehr
jeder Grund, der ihn über Winter in Eismitte, von der übrigen Expedition abge-
schnitten, hätte halten können. Im Gegenteil: Nun waren die Aufgaben, die im
Hauptquartier der Expedition, der Weststation, auf ihn warteten, nämlich die
Vorbereitung der wissenschaftlichen und Transport-Reisen des nächsten Früh-
jahrs und die Durchführung seines eigenen gletscherkundlichen Arbeitsplanes so
wichtig, daß sie ihn mit Macht zurückriefen®), mochte der Rückmarsch jetzt,
Anfang November, auch schwer, wahrscheinlich sogar mit Gefahr verbunden sein,
Es wird stets ein besonderer Ruhmestitel für Alfred Wegener und die
glänzende Vorbereitung seiner Grönland-Expedition 1930 bis 1931 und der Vor-
Expedition 1929, der bisher größten deutschen Arktis-Expedition bleiben, daß ihre
Aufgaben trotz des frühen Todes des Expeditionsleiters fast im vollen Umfang ver-
wirklicht und allen Schwierigkeiten zum Trotz durch die Expeditionsteilnehmer und
insbesondere A. Wegeners Bruder Prof. Kurt Wegener als Herausgeber des
Wissenschaftlichen Werkes bearbeitet und veröffentlicht werden konnten‘). Aber
die Lücke, die durch den Verlust Alfred Wegeners entstanden ist, kann völlig
nicht ausgefüllt werden, An seinem sechzigsten Geburtstage, am Tage des
Abmarsches zu seiner letzten Reise, dürfen wir uns vorstellen, welche grund-
legenden Erkenntnisse er bei der Verknüpfung seiner einzigartigen Expeditions-
erfahrung und seines Wissens um die Kräfte und Erscheinungen des Luftmeeres
mit dem in vieler Hinsicht neuartigen Beobachtungsmaterial dieser seiner Expe-
dition gewonnen haben würde. So fühlen wir aufs neue, welchen Verlust für
uns, für Deutschland und für die Welt sein vorzeitiger Tod bedeutet.
Aber mit dem zeitlichen Abstand hebt sich aus dem Einzelnen immer klarer
das menschliche Bild heraus. Alfred Wegener lebt weiter in dem, was er
schuf, und in der Art, wie er es schuf. Er lebt weiter als Vorbild und Ansporn
für jeden Forscher: sich ganz, mit allen Kräften und mit seiner ganzen Person
hinter sein Werk zu stellen und nur der Sache, ihr aber auch bis zum höchsten
Einsatz, wenn es sein muß, des eigenen Lebens zu dienen.
Die Wasserdampfverfrachtung über Mitteleuropa im jährlichen Gang.
Von Walter Wundt, Freiburg 1. B.
Zusammenfassung: Der Abfluß eines Gebiets kann nicht. nur gleich dem Unterschied Nieder-
schlag weniger Verdunstung, sondern auch gleich dem Einfuhrüberschuß an Wasserdampf im
zugehörigen Luftraum gesetzt werden, Da Niederschlag, Landesverdunstung und Speichermöglich-
keiten in gewissem Umfang bekannt sind, Jäßt sich «ie Bilanz dieses Einfuhrüberschusses für die
einzelnen Monate bei vielen Flußgebieten Mitteleuropas verfolgen. Dabei zeigt sich, daß im Mai und Juni
bei den meisten Gebieten ein Ausfuhrüberschuß eintritt. Abweichungen von dieser Reye) finden sich
in Gebirgslagen, ferner in Ostdeutschland, — Die geschilderten Verhältnisse der Wasserdampfverfrachtung
werden in Beziehung zum allgemeinen Wasserkreislauf und zur Lage der Trockengrenze gebracht.
5, Nur beiläufig sei erwähnt, daß eine Angabe, die sich sogar in das vortreffliche Werk von
L. Breitfuß, „Arktis“, Berlin 1939, eingeschlichen hat, wonach (S, 80 u, 169): „Mangel an Versorgung
nicht den Aufenthalt von 5 Mann in Eismitte erlaubt und Wegener kurz entschlossen den Rück-
marsch mit Rasmus antritt“, picht zutrifft, Wegener und Kasmus hätten zusammen mit der
Besatzung von Eismitte überwiotern können, Beweis ist die am I}. 11. 1930 durchgeführte Proviant-
aufnahme, nach d, Original abgedsuckt in 2), 5. Aufl, 1940, S. 256. — %) Wissenschaftliche Ergebnisse
der Deutschen Grönland-Expedition Alfred Wegener 1929 und 1930/31, Leipzig (Brockhaus), heraus-
gegeben von Prof, Kurt Wegener, 7 Bände. Ferner Georgi, Das Klima des grönländischen Inland-
zises und seine Einwirkung auf die Umgebung, Abh. Naturwiss. Verein Bremen, Bd, XXX, Hett2, 1939,
Ferner Ztischr. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1930 (Vor-Expedition) und 1932.