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Full text: 68, 1940

Kleinere Mittelungen, 
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Manchen Krankheiten geht eine Inkubation voraus, Dasselbe zeigt sich bei 
Tiefdruckgebieten, denen erst die bekannten Erscheinungen wie Halos®), Cirrus- 
schleier oder gute Sicht® vorangehen, ehe es zu eigentlichem Schlechtwetter 
kommt. Wie bei manchen Krankheiten die Virulenz der einzelnen Bakterien 
schwankt, so machen auch wir eine ähnliche Beobachtung bei den Gewittern 
hinsichtlich der Blitzgefahr!®, Wenn es bei manchen Krankheiten wiederum 
kritische Zeiten gibt, so kann auf meteorologischem Gebiete die Singularität ins 
Treffen geführt werden: treten bestimmte Witterungstypen nicht zum ersten 
Zeitpunkte, an dem sie „fällig“ wären, ein, so doch zum zweiten oder dritten 
Termin gleicher Art!), Wenn der Arzt davon spricht, daß jemand mehr als 
ein anderer dazu inkliniert, eine Krankheit zu bekommen, so ist uns diese Tat- 
sache abermals von den Singularitäten her bekannt. Wer kennt nach den ein- 
gehenden Forschungen Schmauß’ nicht die Bereitschaft einzelner Tage zu ganz 
bestimmten Wetterlagen, von denen die yorausgehenden und nachfolgenden Tage 
verschont bleiben, verschont hier im guten und schlechten Sinne? Dem Verfasser 
gelang es, a. a. ©, drei Singularitäten der Temperatur?) aus dem Beobachtungs- 
material seiner Station nachzuweisen?®), die sich aber indessen auch in benach- 
barten Gebieten noch sehr deutlich zeigten. Sicher ist auch, daß solche 
Singularitäten nicht nur bei der Temperatur, sondern auch bei anderen Wetter- 
elementen nachzuweisen sind. Die Singularität bietet die Möglichkeit, gleich- 
zeitig wieder von der Erbmasse bestimmter Tage zu sprechen, bei denen die 
Singularität diese darstellt, Und wenn einmal eine Singularität verschwindet, 
am vielleicht im folgenden Jahrzehnt abermals an der gleichen Stelle oder nur 
unweit davon im Kalender wieder aufzutauchen!*), so haben wir es hier eben 
mit einer „Mutation“ zu tun. 
Rückfällen bei Krankheiten entsprechen ähnliche Erscheinungen in der 
Meteorologie: einem Frühgewitter folgen oftmals am gleichen Tage trotz vor- 
übergehender Abkühlung noch weitere Gewitter. Das Gewitter gestattet überhaupt 
mehrfache Vergleiche mit biologischen Vorgängen. So unterscheiden wir bei 
ihm positive und negative Blitzel®), denen auf der anderen Seite die Unter- 
suchungen Schöners*) auf dem Gebiete der Geschlechtsbestimmung gegenüber- 
stehen. Die Wahrscheinlichkeit für Gewitter nimmt erst bei Luftdruckwerten 
von unter 770 (reduziert) in steigendem Maße zu, während sie über dieser Grenze 
nahezu 0 beträgt!?), Auf medizinischem Gebiete findet sich ein Analogon im 
Ansteigen der mittleren Monatstemperatur über 18°C, mit dem zugleich ein 
rasches Ansteigen der Säuglingssterblichkeit verbunden ist). 
Die Resonanzerscheinung der Genua-Zyklone?!®) findet eine Parallele im Zu- 
sammenhang mancher Augenkrankheiten (Netzhautkrankheit) mit Nierenerkran- 
kungen (Nephritis), Wenn die Reaktionsfähigkeit bestimmter Organe, zu denen 
ja auch Haut und Nerven gehören, nachläßt, so deutet das auf erhöhte Krankheits- 
bereitschaft des Körpers hin, wie etwa das Nachlassen der Reflexerscheinungen 
(Pupille, Kniereflex) auf beginnende Nervenleiden. Auf meteorologischem Gebiete 
kann dem gegebenenfalls das Nachlassen der Blaufärbung des Himmels vor 
beginnender Wetterverschlechterung an die Seite gestellt werden, wie Verfasser 
im Laufe der letzten Jahre zu beobachten Gelegenheit hatte, Läßt das Ansprechen 
5) Gerhard Schindler: Polarbanden, Ringerscheinungen, gute Sicht und nachfolgendes Wetter, 
Zeitschr. £. angew. Meteor. ‚Das Wetter“, 1933, 8. 283 ff. — 9%) Ludwig Weickmann: Bericht zur 
25-Jahrfeier des Geophysikalischen Instituts der Universität Leipzig, 19385: Heinz Lettau, Der Collm 
als Wetterzeichen und Wetterkünder nach den Bauernregeln der Oschatzer Pflege, S. 167 8, — 
1) Albert Gockel: Das Gewitter, Kap. Die Blitzgefahr und ihre Schwankungen, 1925, S, 135. — 
4) August Schmauß: Singularitäten, Spiegelungspunkte und Wellen, Meteor, Zeitschr 1940/3, — 
2) Gerhard Schindler: Eine bemerkenswerte Singularität, Meteorolog. Zeitschr. 1939/6. — 
*) Gerhard Schindler: Zwei Singularitäten im herbsilichen Temperaturverlauf NW-Böhmene, 
Annalen d. Hydrogr. w. Maritim. Meteor, 1940, 8. 66 fl. — 14) August Schmauß: Synopti-che 
Singularitäten, Meteor, Zeitschr. 1938/11. — 1°) Helmuth Heinze; Über schnelle Ladungsände- 
rungen in Gewitterwolken, Annalen d, Hydrogr. u, Maritim. Meteor, 1936, 8, 129ff, — 2%) Otto 
Schöner: Neue Wege der Geschlechtsbestimmung, „Kosmos“, 1934, S. 69, — « Martin Rode- 
wald: Das norddeutsche Hochdruckgewitter vom 19, VIII, 1932, Annalen d. Hydrogr. u. Maritim, 
Meteor, 1935, S.23 ff. — % F, Linke-B, de Rudder: Medizinisch-meteorologische Statistik, 1936: 
Franz Baur: Grundbegriffe der mathematischen Statistik, 5, 35, — 2) Heinz v. Ficker: Wetter 
und Wetterentwicklung, 1932, S. 93,
	        
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