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Aynalen der Hydrographie und. Maritimen Meteorologie, August 1940,
Die höheren Reynoldsschen Zahlen wurden bei den Gummiballonen durch
verstärktes Aufblasen erzielt. Für normal aufgeblasene Ballone ergaben sich
erheblich größere Widerstandsbeiwerte, Diese Werte Iassen sich nach der
jeweils angewandten Schlepphöhe deutlich in zwei Gruppen trennen, Dabei
zeigt sich, daß die Widerstandsbeiwerte bei 50 m Schlepphöhe allgemein merklich
geringer sind als bei 160 bis 200 m Schlepphöhe. Die Streuung, die beide Werte-
gruppen zeigen, wurde größtenteils durch die erwähnten Schwierigkeiten bei der
Messung verursacht,
Die Messungsergebnisse haben ihres geringen Umfanges wegen keine große
Beweiskraft und müssen vorsichtig bewertet werden, Dennoch lassen die Er-
gebnisse erkennen, daß sich die gesechleppten Gummiballone aerodynamisch im
Prinzip ähnlich verhalten wie Kugeln im Windkamal, nicht aber wie ungefesselte
(frei fallende oder steigende) Kugeln oder Ballone, Wie die Darstellung zeigt,
ändern die geschleppten Gummiballone ihren Widerstandsbeiwert im kritischen
Bereich ähnlich stark wie die Kugeln im Windkanal, Auch die Abhängigkeit
des Widerstandsbeiwertes von der Schlepphöhe entspricht den aerodynamischen
Eigenschaften von. Kugeln im Windkanal. Denn es liegt nahe und schließt an
bekannte Ergebnisse der Strömungsforsechung an, die Verringerung des Wider-
standsbeiwertes der Gummiballone in geringer Schlepphöhe auf die in dieser
Höhe in stärkerem Maße vorhandene feinturbulente Luftbewegung zurückzuführen.
Diese Mikroturbulenz führt offenbar bereits etwas oberhalb der eigentlichen
kritischen Reynoldsschen Zahl zum Teil zum Turbulentwerden der Grenzschicht-
strömung an den Ballonen, also zur Verringerung des Widerstandes.
Wenn man hiernach. die Ähnlichkeit im serodynamischen Verhalten der
geschleppten Ballone und der Kugel im Windkanal als gegeben ansieht, so kann
man. auf die Ursache des abweichenden aerodynamischen Verhaltens der unge-
fesselten Kugeln und Ballone schließen, Das besondere aerodynamische Verhalten
dieser ungefesselten Körper wird offenbar nicht durch ihre etwas unregelmäßige
Gestalt oder ihre unstarre Beschaffenheit verursacht, sondern durch das Fehlen
der Fesselung, Die frei fallenden oder steigenden Ballone und Kugeln haben die
Möglichkeit, Drehbewegungen auszuführen, Tatsächlich werden diese Drehbewe-
gungen in der Praxis immer wieder beobachtet, Es ist nicht daran zu zweifeln,
daß sie von beachtlichem Einfluß auf den Strömungszustand in der Grenzschicht
sind und damit auch den Widerstandsbeiwert gerade im kritischen Gebiet merklich
beeinflussen.
Es ergibt sich auf diese Weise die für die meteorologische Beobachtungs-
technik wichtige Feststellung, daß die Steiggeschwindigkeit der Pilotballone
grundsätzlich nich$ auf Grund von Strömungsversuchen. mit gefesselten Körpern
bestimmt werden. darf, sondern nur durch Beobachtung der Ballone selbst,
Änderseits ergibt sich für die Aerodynamik, daß Widerstandsmessungen mit
gefesselten. und ungefesselten Körpern grundsätzlich nicht vergleichbar sind,
Auch das hier beschriebene Widerstandsmeßverfahren ist also zur Be-
stimmung der Steiggeschwindigkeit von Pilotballonen ungeeignet, Es kann hin-
gegen dazu dienen, den Einfluß der Mikroturbulenz der Luft auf den Wider-
standsbeiwert von Kugeln zu untersuchen und auf diesem Wege die Verschiedenheit
der Mikroturbulenz in verschiedenen Höhen über Grund festzustellen. Bereits die
hier mitgeteilten wenigen Messungsergebnisse lassen auf eine deutliche Abnahme
der Mikroturbulenz zwischen 50 m und etwa 180 m schließen und lassen
unmittelbar erkennen, welche Änderung des Widerstandsbeiwertes damit ver-
bunden ist. Es wäre für die Turbulenzforschung wohl wichtig; Schleppversuche
in der beschriebenen Art in größerem Umfange durchzuführen, als es bisher
geschehen konnte.