Findeisen, W.: Widerstandsmessungen an Pilotballonen vom fahrenden Schiff aus, 277
den Unterschied zwischen dem Strömungswiderstand von gefesselten und unge-
fesselten Widerstandskörpern und auf die Unterschiede der Feinturbulenz in
ihrer Auswirkung auf den Strömungswiderstand in den untersten hundert Metern
der bodennahen Luftschicht. Die Methode erscheint nicht nur für Pilotballone
anwendbar, sondern auch
für andere Flugkörper. Sie
bietet den Vorteil, Wider-
standsmessungen bei der
natürlichen Turbulenz der
unteren Luftschichten
durchführen zu können,
Das Prinzip der Me-
thode wird durch Abb. 1
erläutert, Die Pilotballone
wurden an einem dünnen
Zwirnfaden im Schlepp
eines fahrenden Schiffes
aufgelassen, Dabei wurden
die Winkel & und ß und
dierelativeWindgeschwin-
digkeit in der Höhe des
Ballons gemessen, Unter
der vereinfachenden, bei
kleinem Fadendurchhang
gerechtfertigtenAnnahme,
daß f” gleich 8 ist!), ergibt sich für den Strömungswiderstand des Pilotballons
We A-g.cotg(a-+ß®) [dyn], (e)
wobei A, in Gramm gemessen, der freie Auftrieb des Ballons ist. Für den in
der Aerodynamik gebräuchlichen Widerstandsbeiwert gilt demnach
W Ä .
an m tl (2)
Hier wurde für die Erdbeschleunigung g = 981 [cm/sec?], für die Luftdichte
Q=1.18-10 3 [g/cm?] eingesetzt. u [cm/sec] =Strömungsgeschwindigkeit am Ballon,
a [cm] = Ballonradius.,
Die bisher durchgeführten Versuche dienten vorwiegend zur Untersuchung
der in der Wetterdienstpraxis gebräuchlichen Pilotballone, besonders derjenigen
Größe, die für die Steiggeschwindigkeit 200 m/min vorgesehen ist. Die Ballone
wurden im allgemeinen so ausgewogen, daß ihr freier Auftrieb nach der im
Wetterdienst gebräuchlichen Steiggeschwindigkeitstabelle gerade diesem Wert
der Steiggeschwindigkeit entsprach und ihre Größe also die gleiche war, wie
bei Höhenwindmessungen. Bei 80 g Gummigewicht betrug der freie Auftrieb
dann 200 g und der Radius der annähernd kugelförmigen Ballone war a = 37 cm,
Bei dem Wert A in (1) war das Gewicht des Fadens zu berücksichtigen, das 5g
pro 100 m betrug, Bei manchen Messungen wurden die Ballone außerdem durch
Anhängen von Gewichten beschwert, so daß auf diese Weise bei gleichem Ballon-
radius ein geringerer Wert A gegeben war.
Die Messungen wurden auf dem Bodensee mit dem Dampfboot „Gna“ des
Aerologischen Öbservatoriums des Reichsamts für Wetterdienst durchgeführt,
Die Höchstgeschwindigkeit des Bootes von 16 sm/h wurde im allgemeinen nicht
benötigt. Bei den Messungen wurde so gefahren, daß die Ballone in Richtung
der Längsachse des Bootes etwa im Winkel & = 45° standen. Dabei befanden
sie sich bereits in 50 m Höhe praktisch außerhalb der Störungszone, die vom
Bootskörper in der Strömung verursacht wurde. Die Ballone wurden vom Achter-
deck des Bootes aus aufgelassen, Der Faden war mit Längenmarkierungen
versehen und wurde von einer Rolle, die durch einen kleinen Elektromotor
1) Eine gleichbedeutende Annahme machte bereits H, Hergesell bei der Untersuchung von Wind-
schwankungen in der Höhe mit Hilfe yefesselter Pilotballone. Beitr. z. Phys. d, fr. Atm. 6 (1913) 8. 214.
Abb. 1.