Die ozeanographischen Verhältnisse an der Meeresoberfläche
im Golfstromsektor nördlich und nordwestlich der Azoren
unter besonderer Berücksichtigung der Beobachtungen
der Internationalen Golfstromuntersuchung 1938.
Von Gerhard Neumann.
Bei der Untersuchung des physikalischen Zustandes der Meeresoberfläche
sehen wir uns vor eine Aufgabe gestellt, die teils als ozeanographisches, teils
als meteorologisches Problem behandelt werden kann, Die Meeresoberfläche
liefert in ihrer innigen Berührung mit der darüberliegenden Atmosphäre die
Angriffsfläche und läßt die atmosphärischen Zustände und Bewegungsformen maß-
gebend eingreifen. Wo die atmosphärischen Zustände und Bewegungsformen
großen Veränderungen unterliegen, werden wir an der Meeresoberfläche besonders
starke Schwankungen des physikalischen Zustandes zu erwarten haben, Dies
wird z. B, auch in dem von uns zu untersuchenden Gebiet der Fall sein, wo wir
nicht nur starke periodische, sondern wegen der Unbeständigkeit der Witterungs-
verhältnisse auch unperiodische Veränderungen antreffen. werden,
Das Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, die ozeanographischen Ver-
hältnisse der Meeresoberfläche nördlich und nordwestlich der Azoren auf Grund
langjähriger Mittelwerte zu untersuchen und sie den Ergebnissen der synoptischen
Beobachtungsmethode der Golfstromexpedition 1938 gegenüberzustellen. Weiter-
hin soll versucht werden, die Frage der periodischen und unperiodisehen Ver-
änderungen von Temperatur und Salzgehalt zu behandeln,
I. Das Beobachtungsmaterial,
£. Die Beobachtungen während der Internationalen Golfstromuntersuchung.
Das synoptische Material, auf das sich diese Arbeit stützt, besteht haupt-
sächlich in den Aufzeichnungen des deutschen Forschungsschiffes „Altair“
und des norwegischen Forschungsschiffes „Armauer Hansen“, die während
der Golfstromuntersuchung in der Zeit vom 1, bis 26, Juni 1938 im Gebiet
nördlich und nordwestlich der Azoren özeanographische Messungen durch-
geführt haben, Ich möchte es nicht versäumen, an dieser Stelle Herrn Professor
Helland-Hansen für die in lieboenswürdiger Weise bereitwilligst überlassenen
Öberflächenbeobachtungen des „Armauer Hansen“ zu danken. Von beiden
Schiffen wurden in der verhältnismäßig kurzen Zeit von 26 Tagen je 4 Profile
durch den Golfstrom gefahren, so daß im ganzen 8 Profile mit den Ober-
flächenbeobachtungen zur Verfügung stehen. Der Abstand der Stationen auf
den. 7 Profilen mit Tiefenbeobachtungen beträgt 20 bzw. 40 sm, Die Lage
der Profile und der Stationen im untersuchten Gebiet geht aus der Stations-
karte (Abb. 1, £. 8.4) hervor, Die Temperaturmessungen an der Wasseroberfläche
wurden auf beiden Schiffen nach Möglichkeit stündlich vorgenommen. Die Beob-
achtungen sind mit Datum, Uhrzeit und Position im Anhang in Tab. I und II
wiedergegeben. Die Temperaturen der Wasseroberfläche wurden auf dem „Altair“
während der Fahrt mit dem neuen und verbesserten Sundschen Oberflächen-
wasserschöpfer gemessen, der an einer Spiere von etwa 5 m Länge vom Vorschiff
aus zu Wasser gelassen wurde. [Über den neuen Öberflächenschöpfer von Sund
hat A, Sehumacher (42*)) berichtet.] Auf den Stationen wurde mit einer Zinkpütz,
die vorher gut mit dem betreffenden Meerwasser vorgespült war, möglichst am
Bug des Schiffes, eine genügend große Wassermenge aufgeschlagen und sofort
an einem geschützten Ort im Schatten, unter fortwährendem Rühren, die Tem-
peratur der Wassermenge mit einem in 1/,,° C geteilten Oberflächenthermometer
*) Diese und die folgenden Zahlen beziehen sich auf das Schrifttumverzeichnis am Schluß
der Arbeit,