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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1940,
Legt man der Sicht des Mt. Blanc von 4000 m Höhe über Köln als Kontrast
zwischen Ziel und Hintergrund einen Wert von rund 5% zugrunde, so berechnet
sich unter Bezugnahme auf die durchschnittlichen, auf dem Hohen Sonnblick,
Hohe Tauern, 3106 m NN, kurz nach einem Kaltlufteinbruch vorgefundenen
yünstigen Beobachtungsverhältnisse der mittlere Zerstreuungskoeffizient zu
D.0017 km—.l Der mittlere Zerstreuungskoeffizient zeigt danach eine bemerkens-
werte Abhängigkeit von der Entfernung der jeweils herangezogenen Ziele, Unter
Berücksichtigung der von E. Oddone?) erhaltenen Werte ergibt sich für außer-
gewöhnlich gute Sichtverhältnisse der folgende Gang des mittleren Zerstreuungs-
koeffizienten, vgl. Tab. 1.
Tabelle 1. Abhängigkeit des mittleren Zerstreuungskoeffizienten von der Zielentfernung.
Ziel | Eintleri | Mitt Zerstreuungskoeff, | Produkt | Beobachter
X a
Standort f
Hoher Sonnblick . 0.0136 km —1 1.09 F. Löhle
OT 0.0130 | 120 E, Öddone
(A 0.0080 107 | E, Oddone
„4000 m_über_Köln. 0.0020 107 H. Berg
Das Produkt a - t stellt sich innerhalb der Meßgenauigkeit als konstant heraus.
Bei außergewöhnlicher Durchsichtigkeit der Luft erweist sich danach der mittlere
Zerstreuungskoeffizient als umgekehrt proportional der Zielentfernung, voraus-
gesetzt, daß diese sich auf Werte von der Größenordnung von 100 km erstreckt.
Die von V. Steinhart-Höchenschwand, J. Maurer-Zürich, A. Gockel-
Freiburg i. S. und M. Wolf-Heidelberg beobachteten Fernsichten beziehen sich
auf Luftlinien von 118 bis 240 km (Entfernung Höchenschwand— Tödi bzw. Höchen-
schwand— Mt. Blane) bzw. 40 bis 70 km bzw. 60 bis 113 km bzw. 25 bis 98 km,
Die wechselnde Durchsichtigkeit der Luft läßt das Alpenpanorama in ver-
schiedener Deutlichkeit erscheinen, so daß sich die Beobachter zur Beschreibung
der jeweiligen Schärfe der Konturen einer Sichtgrade-Skala bedienen mußten,
Trotzdem gerade die wechselnde Ansicht des Panoramas werfvolle Fingerzeige
für die Entwicklung der jeweiligen Wetterlage liefert und die warme, fahlblaue
Tönung des Landschaftsbildes bei zyklonalem, zu Schlechtwetter führendem Föhn
bzw. die harte, farblose Zeichnung der Bergkonturen bei antizyklonalem Föhn
schon seit langem von den Bergbewohnern prognostisch gedeutet wird, hat sich
die spätere Bearbeitung des angefallenen Beobachtungsmaterials dieser meteoro-
logisch wertvollen qualitativen Angaben nicht bemächtigt, sondern lediglich auf
eine statistische Untersuchung beschränkt. Das Ergebnis dieser Auswertung läßt
sich dahin zusammenfassen, daß nach den Aufzeichnungen in Höchenschwand mit
einer Wahrscheinlichkeit von 78%, auf Alpensicht spätestens drei Tage später ein
Witterungsumschlag beobachtet wird und nach den Beobachtungen in Freiburg 1.5,
in 79% aller Fälle Wettersturz folgt. Trotzdem der Zusammenhang zwischen
den Sichtverhältnissen und der Wetterentwicklung in diesen Untersuchungen ein-
deutig zutage tritt, ist es nur bei gelegentlichen Hinweisen auf die prognostische
Verwendbarkeit von Siehtbeobachtungen geblieben und die Meßtechnik hat sich
überhaupt nicht der auf diesem Gebiet sich darbietenden Möglichkeiten angenommen,
Nur W. Marten?) hat darauf aufmerksam gemacht, daß eine herannahende Störung
aus Strahlungsmessungen schon geraume Zeit vor dem Heraufziehen hoher Wolken
erkannt werden kann, und der Beobachter vom kl. Feldberg i, T.*) gibt als Krite-
rium für eine bevorstehende Verschlechterung die Aufwärtsbewegung der Dunst-
obergrenze an, welche den Bergstationen eine Herabsetzung der Horizontalsicht,
den Talstationen eine Verbesserung der Sichtverhältnisse bringt.
Bei den angeführten Arbeiten war das Augenmerk ausschließlich auf die
größtmögliche Durchsichtigkeit der Atmosphäre gerichtet. Daneben gibt es noch
sin Beobachtungsverfahren, welches die optische Trübung der Luft selbst zum
+‘) Die Messungen von H. B. de Saussure und H. u, A. Schlagintweit lassen sich zum
Vergleich nicht heranziehen wegen der daran von F. Löhle geübten Kritik, cf. F. Löhle, Aym, d.
Hydr. u. marit, Met, 57, 327, 1929, — *) W, Marten, Veröff. Kgl. Preuß, Meteorol. Inst, Nr. 279,
1914, — *) P. A. Galbas, Met, Ztschr 38, 277. 1921.