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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1940.
Sommer war recht spät ins Land gezogen, viele Schneereste lagen noch bis zur
Birkengrenze herab in ostwärts exponierten Schluchten und Nischen. Erst Ende
August setzte sonniges und wärmeres Wetter ein, anfangs mit klarem Himmel
and geringer Schönwetterhaufenbewölkung (Abb. 2), später durchweg mit einem
Cirrusschleier, Wir befanden uns die ganze Zeit über vor der eigentlichen Tief-
druckfront, die jenseits des Gebirgskammes verblieb und in Narvik mehrfach zu
Regenwetter Anlaß gab (Abb. 3), während sich dasselbe nicht ganz bis zur schwe-
dischen Seite hinüberarbeiten konnte.
Jetzt begann eine intensive Schneeschmelze. Aus den verbliebenen Schnee-
resten rieselten die Schmelzwässer ab, die Schneeflecke schrumpften von Tag zu
Tag. Die Temperatur bewegte sich am Tage meist bei 15°, einem für Anfang
September in Abisko außergewöhnlich hohen Wert. Da zuvor im August in diesem
Jahre kein Frühfrost aufgetreten war, befand sich die Vegetation auch noch in
bester Entwicklung. Die charakteristische Laub verfärbung war erst Anfang Sep-
tember ganz zögernd in Gang gekommen, Der Beerenreichtum war groß, und die
Lemmingscharen dieses außergewöhnlichen Lemmingjahres fanden in dem üppigen,
frischen Kräuterteppich überreiche Nahrung. Der vorangegangene kühle Sommer
hatte die Mückenplage nicht in dem Maße zur Entwicklung kommen lassen, jeden-
falls war sie Ende August bereits vorbei bis auf ein paar direkt schwüle Tage,
an denen sie noch lästig wurde. Die über ganz Nordeuropa herrschende SO-
Strömung war außer durch die Wetterberichte auch dadurch belegt, daß gerade
zu dieser Zeit ein Ereignis auch diese Teile Lapplands nicht unberührt ließ,
nämlich Rauchmassen von ungeheueren Waldbränden, die auf der russischen
Seite der estnischen Grenze ausgebrochen waren, Sie brachten selbst noch in
Abisko einen jede Fernsicht nehmenden Dunst und brenzlichen Geruch mit, der
auch von vielen anderen benachbarten und dazwischenliegenden Plätzen in der
Presse übereinstimmend angeführt wurde, Die Cirrusschleier verhinderten stärkere
nächtliche Abkühlung, hemmten aber tagsüber die Einstrahlungswirkung nur
wenig. Außerdem war die zugeführte Luftmasse an sich schon mild infolge ihrer
Herkunft aus südlicheren kontinentalen Gegenden Osteuropas, Eine zur Konden-
sation führende Stauwirkung am Gebirgsrande konnie fast gar nicht beobachtet
werden, Das lag wohl hauptsächlich daran, daß die Luft nur einen geringen
Feuchtegehalt besaß und außerdem in sehr spitzem Winkel auf das Gebirge traf.
Zudem war die Luftbewegung nicht sehr intensiv. Hatte sich anfänglich z. B. auf
dem kleinen Gletschersee des Siellatjäkko in 1230 m in Schattenlage eine dünne
Neueisschicht gebildet, so fehlten späterhin dazu die Voraussetzungen, Der kleine,
ähnlich wie der Sylgletscher auf Schneezuwehung zurückzuführende Mäherra-
jökel befand sich die ganze Zeit im Ablationszustand zusammen mit den vielen
Altschneewshen, die z, T. noch als haltbare Brücken Bacheinschnitte überdeekten,
Die Gewässer, die z, T. mit Schmelzwasser gespeist wurden, führten übernormale
Wassermengen, dagegen trockneten die anfangs noch schwappevollen Moore zu-
nehmend aus. Die ausgesprochen starke Erhaltungstendenz dieser Wetterlage
und ihre sonstigen Eigenschaften verrieten große Ähnlichkeit mit unserer herbst.
lichen Altweibersommersituation,
Milde Meeresluft, Zwischen den beiden vorgenannten Typen steht eine ver-
mittelnde Form, die ich im Sommer 1936 in und nördlich von Karesuando zu
erleben Gelegenheit hatte. Es handelte sich um ein beinahe rhythmisches Pendeln
zwischen südwestlichen und südöstlichen Winden. Front auf Front überquerte
die skandinavische Gebirgskette. Auf ihrer Vorderseite kondensierte die angesaugte
Festlandsluft in ausgedehnten Landregen, z. T. in Begleitung von nächtlichen Ge-
wittern, die das Passieren der Front verrieten, Zu örtlichen Wärmegewittern kam es
nach meinen Beobachtungen damals nicht, In der folgenden Meeresluft, die recht
milde war, klarte es stärker auf, Die zum Absteigen gezwungenen Südwestluftmassen
führten im Verein mit der kräftigen und lange anhaltenden Insolation zu starker
Haufenbewölkung. Der Haufenbewölkung folgten bald mit Rückdrehung des Windes
Aufzug hoher Wolken und Einhüllung in Regenwolken (Abb. 5). Dieser Wechsel
vollzog sich mehrmals hintereinander, Eine Bindung an eine bestimmte Tageszeit
konnte nicht beobachtet werden. Bei dem Landregen handelte es sich meist um