Müller, H.: Sichtrückgang in arktischer Kaltluft über der Ostsee. 71
Nordwestrußland hat sich inzwischen ein Kaltlufthoch aufgebaut, in dessen Kern
Temperaturen von — 36° auftreten. Vom Schwarzen Meer dringt nun ein Tief
nach Norden vor, so daß die russische Kaltluft dadurch in Bewegung gesetzt
wird. Die arktische Kaltluft erreicht Königsberg am 6. XII. gegen 17 Uhr.
Etwas eher gelangt sie schon in die Gegenden nördlich von Königsberg, so daß
Skandinavien am 7, XII. von der cAK überflutet ist.
Die arktische Front: Die erwähnte Front ist bei ihrem Vordringen über die
Ostsee nicht gut zu verfolgen. Es soll nachgewiesen werden, daß die am 8, XII.
über der Ostsee auftretenden Niederschläge nicht frontgebunden sind, Dazu ist
erstens zu beweisen, daß die Kaltluftmassen in Norderney, Kiel und Hamburg
arktischen Ursprungs sind, und daß zweitens die nicht deutlich zu verfolgende
Front am 8. XII. über die Ostsee hinweg und damit die Ostsee frei von Fronten ist.
Zu 1: Aus dem Strömungsbild vom 7. XIX. könnte man annehmen, daß die
später in Norderney angetroffenen Luftmassen aus Südwesten gekommen wären.
Aus der Entwicklung des Stromfeldes zum 8. XII. ergibt sich dies jedoch nicht.
Auch beweist ein Vergleich der äquivalentpotentiellen Temperaturen von Köln
mit denen von Norderney und Hamburg, daß sie nicht dieselbe Luftmasse dar-
stellen können (Fig. 3).
Aus der Änderung der relativen Topographie der 800 mb-Fläche vom 7. bis 8,
erkennt man deutlich die Abkühlung über der Ostsee, Ostdeutschland und be-
sonders Skandinavien, wie die Hauptabkühlung bereits bis zum Nachmittag des 7,
erfolgte. Ganz geringe Abkühlung brachte über der westlichen Nordsee und
England die von Südwesten (Köln) herangekommene kältere Luft. — In Königs-
berg sinkt die Temperatur dauernd weiter ab (Fig. 2).
Vergleich der äquivalentpotentiellen Temperatur: Hamburg ist der einzige
Nachmittagsaufstieg in Nordwestdeutschland. Er zeigt in den unteren 900 m ein
Abräumen der dort am Vormittag gelegenen wärmeren Luft, Dies wird durch
die von Südwesten herankommende Luft verursacht, denn die Ostluft kann zu
diesem Termin noch nicht in Hamburg sein. Die weitere Abkühlung zum 8, aber
wird durch die cAK hervorgerufen. Diese Abkühlung zeigen ebenfalls die
Aufstiege von Kiel und Norderney, besonders in Schichten um 1000 m (Fig. 3).
Bis etwa 1200 m ist bei den nordwestdeutschen Aufstiegen c AK vorhanden. Daß
die cAK so niedrig ist, liegt daran, daß oberhalb 2000 m keine Östliche Strömung
mehr vorhanden ist. Über 2000 m haben alle norddeutschen Aufstiege und auch
Breslau dieselbe Luftmasse (Gig).
Zu 2: Lage der arktischen Front: Die arktische Front war nicht leicht zu
verfolgen. Im täglichen Wetterdienst wurde sie folgendermaßen gezeichnet: am
?. XII 8 Swinemünde, 14h Warnemünde, um 19% an der Elbmündung, dort liegt
sie auch noch am 8. XII 8%, Am 7. XIL 19% scheint die Front zu weit gezeichnet
zu sein. Um die Lage der Front genauer über der Ostsee zu bekommen, wurden
zämtliche synoptischen Temperaturmeldungen von Königsberg, Kolberg, Swine-
münde, Adlergrund-, Fehmarnbelt- und Kiel-Feuerschiff zusammengestellt und
daraus die Ankunft der AK abgeleitet. Diese ergab für Königsberg folgende
Zeit: 6. XII. 14h bis 17h, für Kolberg 6. XII. 23h bis 7. XII 02% für Swinemünde
und Adlergrund 7. XII. 8h bis 11%, für Fehmarnbelt 7. XII, 19% bis 23h, für Kiel-
Feuerschiff 7. XII, 23h bis 8, XII. um 02%, Für die Nordseestationen List, Amrum-
bank und Helgoland konnten keine genauen Termine festgestellt werden, In List
war eine Andeutung von der Ankunft der AK am 8, XIL zwischen 8h und 11h
vorhanden. Diese Daten stimmen gut mit der angegebenen Frontlage überein.
Über der Nordsee ist die Front wirkungslos geworden, ebenso über Schleswig-
Holstein, wie ein Flug beweist. Die geringen Schneefälle in List in der Frühe
des 8, XII. deuten vielleicht auf die Ankunft der Front hin.
Die Strömungsverhältnisse: Aus sämtlichen aufeinanderfolgenden synoptischen
Karten (3 Std.) wurden die Wege folgender Luftteilchen ermittelt: 1, Luftteilchen
auf der Länge von Königsberg in 56°, 55°, 54° und 53° Breite. Ausgangszeit
dort 7. XII. 8: Das Vordringen dieser Teilchen ist auf Fig, 4 zu erkennen. Als
Geschwindigkeit wurde die Stärke des Bodenwindes, als Richtung der Stromlinie
die Richtung der Isobaren gewählt. Das schnellste Vordringen der Teilchen