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Full text: 67, 1939

36 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Februar 1939. 
1820, das man wohl damit als identisch ansehen kann. Die wenigen Beobach- 
tungen von Edinburgh in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts deuten schließlich 
auf eine damalige wärmere Epoche hin, die in den „Winterzahlen“ besonders 
deutlich in Erscheinung tritt und ihren Maximalwert vor etwa 220 Jahren, um 
1715, aufweist, Diesem Hauptmaximum entspricht unsere jetzige Klima- 
periode; gehen wir weiter zurück, so war es 200 Jahre vorher, um 15165, ebenfalls 
besonders warm, und der nächste Maximalwert lag 240 Jahre früher, um 1275, 
Die Hauptmaxima ereigneten sich also etwa alle 220 Jahre, dazwischen 
sind Nebenmaxima eingeschaltet, so daß man auch von einer etwa 110jährigen 
Periode sprechen kann. . 
Das Verhalten der kältesten Winter ist ähnlich, Als besonders kalt erweist 
sich die Zeit um 1875, 1675, 1435 und 1235, dazwischen sind weitere kalte Epochen 
um 1315, 1555 und 1795 eingeschaltet; die mittlere Periodenlängederstrengen 
Winter Westeuropas beträgt ebenfalls 220 Jahre bzw. 110 Jahre. 
Wir haben gesehen, daß die Temperatursteigerung mit einer Zunahme der 
Zirkulation verbunden ist, und man kann daher annehmen, daß die Temperatur- 
änderung in verschiedenen Klimagebieten zu anderen Zeiten erfolgt. Andeutungen 
einer räumlichen Verschiebung zeigen sich tatsächlich in den längeren euro- 
päischen Reihen, wie sie in Tabelle 12 aufgeführt sind. So erkennen wir be- 
sonders deutlich, daß die kälteste Zeit in der zweiten Hälfte des vorigen Jahr- 
hunderts zuerst in Kopenhagen und Berlin eintrat und sich von dort 
aus sowohl nordwärts wie südwärts ausbreitete. 20 Jahre später trat 
das Minimum in Norwegen ein, nach Süden hin erfolgte die Ausbreitung 
noch langsamer, und erst 40 Jahre später erreichte die Temperatur in 
Wien ihr Minimum. Dort hat der neue Temperaturanstieg erst mit 
Beginn dieses Jahrhunderts eingesetzt, und dies steht im Einklang mit 
den Ergebnissen von A, Wagner®), daß die Milderung der Winter zuerst 
im Norden begonnen habe, Verfolgt man aber nun auch noch die Klimaänderung 
im hohen Norden, so zeigt sich, daß hier gleichfalls eine beträchtliche Ver- 
spätung festzustellen ist, z.B. auf Spitzbergen das Jahrzehnt 1911 bis 1920 
gerade besonders kalt war und dort erst jetzt die stärkste Temperatur- 
zunahme stattgefunden hat, 
Es ergibt sich also folgendes Bild: Die Steigerung der Zirkulation hat 
sich zuerst in einer Temperaturerhöhung gerade der mittleren Breiten 
ausgewirkt, die dann immer weiter nach Süden und Norden über- 
gegriffen hat. 
Über die Ursache der 110- bzw. 220jährigen Periode kann man natürlich 
nur wenig aussagen; es fällt auf, daß beide Zahlen das 10- bzw. 20fache des 
Sonnenfleckenzyklus darstellen, so daß ein Zusammenhang als sehr wahrscheinlich 
angesehen werden kann, Jedenfalls kann man schließen, daß das Tempe- 
raturmaximum in diesem Jahrzehnt erreicht werden muß und dann 
wieder eine allmähliche Zunahme der Häufigkeit strenger Winter zu 
arwarten ist, 
6. Schlußwort. Es kann wohl kein Zweifel mehr bestehen, daß es 
sich bei der Temperaturerhöhung im Polargebiet um die größte 
Klimaänderung handelt, die wir seit Anstellung regulärer meteoro- 
logischer Beobachtungen erleben, und um einen Vorgang, der auch 
nicht geringe weltwirtschaftliche Bedeutung besitzt. Daß im Zusammen- 
hang mit der Milderung der Winter auch die Gletscher in erheblichem Rückgang 
begriffen sind, ist eine bekannte Tatsache, die sowohl für die Alpen als auch 
[ür Norwegen und die arktischen Gebiete zutrifft, Im laufenden Jahrzehnt hat 
die Temperaturerhöhung wohl die gesamte nördliche Hemisphäre betroffen, wahr- 
scheinlich jetzt auch die Meeresgebiete, wie die Erhöhung der Wassertemperaturen 
andeutet, Es wäre wertvoll, in diesem Zusammenhang auch die Temperaturver- 
hältnisse der südlichen Halbkugel zu studieren, wobei die Frage von besonderer 
Bedeutung ist. ob das Verhalten der antarktischen Gletscher auch auf eine 
21) A, Wagner, Untersuchung der säkularen Änderung der Jahresschwankung der Temperatur 
in Europa. Gerlands Beitr. z, Geopbryasik 20, S. 134 (1928).
	        
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