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Full text: 67, 1939

Ritscher, A.: Die Deutsche Antarktische Expedition 1938/39, „17 
Firneis ringsum durchfurchten ein bis zwei Meter tiefe und ebenso breite Rinnen, 
in denen Schmelzwasser aus der Umgebung in kleinen Bächen zu Tal floß. Unsere 
anfängliche Vermutung, daß der erkennbare Schmelzprozeß auf eine Erwärmung 
des Geländes von innen heraus, also auf vulkanische Ursache zurückzuführen 
sei, scheint mehr der Ansicht zu weichen, daß sie die Folge einer von der inten- 
siven Sonnenstrahlung herrührenden Wärmespeicherung ist, für die das Dunkel- 
rotbraun des umgebenden Gesteins die beste Voraussetzung bilden würde, 
Die Nachmittagsstunden und die für Geländeaufnahmen aus Wettergründen 
ungeeigneten Tage wurden zu Sonderflügen ausgenutzt, wenn das Fernflugzeug 
auf dem Rückwege und schon außer Gefahr war, Diese dienten dann dazu, dem 
Expeditionsleiter abschnittsweise einen Überblick über das erkundete Gelände zu 
geben oder zur Untersuchung der Schelfeisküste im Hinblick auf Landungs- 
möglichkeiten, ferner zur Jagdausübung und für Filmaufnahmen und biologische, 
magnetische und Eisuntersuchungen, Eine ganze Reihe von Teilerfolgen der 
Expedition sind ihnen zuzuschreiben. Auf einigen dieser Sonderflüge, an denen 
nach Möglichkeit mindestens je ein Wissenschaftler teilnahm, wurden Wasserungen 
an geeigneten Stellen des Schelfeisrandes vorgenommen und bei drei Gelegen- 
heiten etwa 500 m landein die Reichsflagge an einem ins Eis gerammten Metallpfeil 
gesetzt (Bild 4). Der Geophysiker konnte einmal auf dem Schelfeis eine Mi£weisungs- 
bestimmung machen, die einen gegen die neueste Mißweisungskarte um 21/,° ge- 
ringeren Mi£ßweisungswert ergab. Sechs Kaiserpinguine und einige Adelie-Pinguine 
wurden als lebende Jagdbeute eingebracht, die unter der liebevollen Pflege des 
Biologen den Wechsel ihrer Umgebung gelassen hinnahmen; die Felle von drei 
erbeuteten Robben wurden für spätere Artbestimmung ihrer einstmaligen Träger 
eingesalzen, Im übrigen brachten die bei Wasserungen am Schelfeisrand vor- 
genommenen Untersuchungen wertvolle Hinweise auf die wahrscheinliche Nähe 
festen Landes, An einer Stelle wurde in einem schmalen Einschnitt des Schelf- 
eisrandes mit dem Handecholot die relativ geringe Wassertiefe von 435 m gelotet, 
während beim Schiff Tiefen bis 4000 m gelotet wurden, 
Der 4, und 5. Februar konnten wegen fortschreitender Wetterverschlechte- 
rung nur noch für solche Küstenflüge ausgenutzt werden, Die Zahl der lebend 
eingebrachten Kaiserpinguine stieg auf acht, die der erbeuteten Robben auf sieben. 
Wenn die Dünung am Eis nicht zu stark war, wurden zu ihrer Ergänzung Boots- 
[ahrten an das Packeis unternommen, an denen außer den Wissenschaftlern auch 
Kameraden der seemännischen Schiffsbesatzung teilnahmen. Diese Fahrten stellten 
an den zu ihrem verantwortlichen Leiter bestimmten I. Offizier des Schiffes und 
an die seemännische Bootsbesatzung hohe Anforderungen an Entschlußkraft und 
seemännisches Können. 
An den ersten Februartagen zeigten die offenen Wasserstellen im Treibeis- 
feld und das eisarme Wasser zwischen dem Treibeis und der Schelfeisküste 
bereits Neueisbildungen, und die Lufttemperatur am Schelfeis und an Bord des 
Schiffes, die bisher im allgemeinen um 0° schwankte, sank allmählich bis auf 
—6°C. Das deutete unmißverständlich auf das nahe Ende des kurzen antark- 
tischen Sommers hin. Zudem sah das am 3. Februar vom Inlandflug zurückkehrende 
Flugzeug von Osten her große geschlossene Packeisfelder im Anmarsch, deren 
Westgrenze schon auf etwa 16° Öst lag und die bis über 100 Sm von der Schelf- 
eisküste reichten, Für das Schiff bedeutete dies aber keine unmittelbare Gefahr 
mehr, weil unsere Aufgabe in dieser Gegend ohnehin erfüllt und geplant war, 
Fahrt nach Westen aufzunehmen, um dort die Eisverhältnisse nochmals zu prüfen 
and gegebenenfalls von dort aus die Flüge noch bis zur Westgrenze des Arbeits- 
gebietes auszudehnen oder den Ansatzort für die Rückreise zu gewinnen. Auf 
3° Länge und 69!/,° Süd gebot das Packeis Halt. Unabsehbar dehnte es sich 
von dort westwärts und bis über 100 Sm nordwärts vom Schelfeisrand aus; da- 
nach lag das Schiff also an der Südseite einer großen, nach Norden offenen 
Eisbucht, in der ein längeres Verweilen unter den gegebenen Verhältnissen nicht 
ratsam war. Ein Versuch, von der erreichten Position aus etwa noch bis über 
117/,° West an die Westgrenze des Arbeitsgebietes auf 20° West vorzudringen, 
hätte einen die Reichweite des Flugzeugs fast aufzehrenden Anflug erfordert,
	        
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