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Aunalen der Hydrographie und Martiimen Meteorologie, Januar 1939,
wiederum fast — 2 mb in seinem Kern kurz vor der AL-Front über dem östlichen
Süddeutschland und Böhmen, Dieses Druckfallgebiet wandert bis zum Sonntag-
morgen nach Polen weiter und gibt so Anlaß zur Verschiebung des Alpentiefs
nordostwärts nach Polen--Schlesien—-Böhmen, Damit ist die Vy-ähnliche Situation
geschaffen mit der in der Einleitung geschilderten starken Wetterverschlechterung.
Allerdings handelt es sich nicht um ein Tief, das über Italien und Ungarn nord-
wärts zog. Luftmassen- und strömungsmäßig liegen die Verhältnisse jetzt — nach
der Ausbildung des Tiefs mit Warmluft (sogar TL) im Osten ünd Kaltluft (sogar
AL) im Westen — klar: Das aktive und passive Aufgleiten der Warmluft bringt
die starken Niederschläge, und zwar gerade in Süd- und Mitteldeutschland, wo
ja die Lufltmassengegensätze am größten waren. Die Stauwirkung der Gebirge
führt dann noch zu einer Erhöhung der Niederschlagssummen,
Es muß allerdings betont werden, daß diese Situation nur als dreimasseneck-
ähnlich bezeichnet werden darf, nämlich nur in dem Sinne, als tatsächlich im
Gebiet der Westalpen drei verschiedene Luftmassen zusammentreffen, indem die
Polarfront die Tropikluft „einholt“. Es fehlt in diesem Fall ein wesentlicher
Bestandteil des Dreimasseneckbegriffes, wie ihn Rodewald geprägt hat: Das
JIritte „Zirkulationsrad“, dargestellt etwa durch ein Hoch im Ostseegebiet. Die
erste Strömungszelle des Dreimassenecks ist das Hochdruckgebiet über Südost-
auropa, das auf seiner Westflanke TL heranschafft. Die zweite Strömungszelle,
lie den Strom frischer Polarluft dirigiert, ist das Tiefdrucksystem südlich Island
und über dem Nordmeer, Da aber zwischen dem atlantischen Tief und dem
Südosteuropahoch keine weitere Hochdruckzelle eingeschaltet ist, sondern viel-
mehr eine einheitliche südwestliche Strömung besteht, strömt die TL rasch nord-
astwärts, und die vorgelagerte M-Luft altert unter der Absinkbewegung auf der
Vorderseite des atlantischen Tiefdrucksystems und infolge der Sonneneinstrahlung
außerordentlich rasch, so daß sich eine halbwegs klare Front zwischen der TL
and der M-Luft über Deutschland nicht mehr herausbildet, Dadurch kommt es
ber in der Höhe nicht mehr zu der bei einem wirklichen Dreimasseneck ent.
scheidenden Divergenzbildung und damit in diesem Falle auch nicht zu einer
starken Zyklogenese. Es bildet sich vielmehr in der Höhe (infolge des Nordost-
wärtsvordringens der Warmluft auf der Westflanke des Südosteuropahochs und
infolge der über Westeuropa vordringenden Polarluft auf der Rückseite des
nordwesteuropäischen Tiefdrucksystems) nur eine von SW nach NE orientierte
Frontalzone heraus zwischen der Warmluft im SE und der Kaltluft im NW, in
deren Bereich die Winde bis über 100 kmh auffrischen (s. Abb. 6 bis 9) Die
großzügige Divergenzbildung in der Höhe bleibt aus, immerhin führt die schwache
Divergenzbildung, die daraus folgen muß, daß bei den Westalpen frische AK und
echte TL zusammentreffen, also hier die stärksten Temperaturdifferenzen ein-
treten, zur erneuten Ausbildung eines Druckfallgebietes und damit zur Entstehung
der Vy ähnlichen Störung, Gleichzeitig ist für den Ablauf der Erscheinungen in
diesem Falle von Bedeutung der von NW heranziehende Druckwellenberg, der
in der 24stündigen Druckänderungskarte vom 20. früh südlich Island als Druck-
steiggebiet mit über 15 mb im Kern erscheint, das mit der Höhenströmung 0Ost-
wärts vorrückt, Dieser Druckwellenberg erreicht unter Verstärkung auf über
20 mb (an der zyklonalen Umbiegungsstelle der Höhenisobaren!) zum Sonntag
das westliche und nördliche Europa und greift bereits auf Mitteleuropa über,
Dadurch werden die auftretenden Wettererscheinungen überdeckt, Am Sonntag-
morgen findet sich infolgedessen nur noch über Polen schwacher Druckfall, die
Richtung andeutend, in der die Störung weiterzieht. Sonst erfolgt überall Druck-
anstieg, der bis Montag anhält, einen Hochdruckkeil über Deutschland aufbaut
und die Störung rasch ostwärts abdrängt.
Kurze Bemerkung zur prognostischen Seite des Problems.
Bei einer genauen, alle Einzelheiten beachtenden Analyse der Wetterkarten,
die der Ausbildung der Y,-artigen Störung vorangehen, erscheint es — nach
den YvYorhergegangenen Ausführungen — wohl durchaus als möglich, das zur
Frage stehende Problem — zumindest in großen Zügen, wenn auch nicht in