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Full text: 67, 1939

Sellenschlo, H.: Der Nordseeorkan vom 27. Oktober 1936. 
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Höhenisobaren gegenüber den erstgenannten Gebieten einen nur geringen Luft. 
druckfall zeitigen. Ein ähnliches Bild ergibt die 24stündige Luftdruckänderung 
der 08M.Termine vom 27, zum 28, Okt. (Abb, 22). 
Die Drucksteiggebiete werden in diesem Zusammenhang wegen der Ungenauig- 
keit der Höhenwetterkarte über dem Atlantik nicht behandelt. Aus demselben 
Grunde können auch die mit der Orkanentwicklung verknüpften Druckänderungen 
vom 26. zum 27, Okt. nicht divergenz-theoretisch betrachtet werden. 
An dieser Stelle sei auf die Arbeit von R. Scherhag {2) hingewiesen, wo 
die Druckfallgebiete in Verbindung gebracht werden mit dem Divergieren der 
relativen Isopotentialen (s. Fig. 11 der Scherhagschen Arbeit), Für die Höhen- 
strömung ist aber die absolute und nicht die relative Topographie maßgebend, 
R. Scherhag äußert sich allerdings folgendermaßen: „In der gleichzeitigen 
Karte der absoluten Topographie der 500 mb-Fläche ist der Druckgegensatz 
derart groß, daß Divergenz und Konvergenz %ar nicht sofort in die Augen 
fallen; durch Betrachtung einiger weiter entfernter Isopotentialen kann man 
aber leicht feststellen, daß die Lage der Vergenzgebiete hier die gleiche ist wie 
in Fig. 11.“ Betrachtet man aber die von R. Scherhag in seiner Fig, 12 dar- 
gestellte absolute Topographie der 500 mb-Fläche, so kann man die besonders 
starke Richtungsdivergenz der absoluten Isopotentialen über Südosteuropa und 
Polen nicht übersehen. 
Auch die Wanderungsrichtung der Zyklone entspricht ganz den Erforder- 
nissen der Theorie von J. Bjerknes. Wir haben das Tiefdruckzentrum am 
28, Okt. 08% in der Richtung, wo während des Vortages das Gebiet horizontaler 
Strömungsdivergenz lag. 
in diesem Einzelfall leistete also die Theorie von J. Bjerknes mehr als 
die Scherhagsche. Welcher Theorie allgemein der Vorrang gehört, das wird 
die Erfahrung zeigen, wenn das Höhenwetterkartenmaterial genügend umfang- 
reich und zuverlässig sein wird, um eine systematische Untersuchung in dieser 
Hinsicht zu erlauben. 
E. Das Vorhersageproblem. 
Eine wesentliche Frage wird es nur sein, ob man überhaupt aus dem zur 
Verfügung stehenden Material nach eingehender Diagnose der Wetterlage zu 
giner Vorhersage der großen Windstärken hätte kommen können. Der Verfasser 
möchte diese Frage grundsätzlich bejahen. Bei hinreichender Kenntnis und Ver- 
wendung des aerologischen Materials (Wind-, Temperatur-, Feuchte-Feld) konnte 
man den Labilisierungsvorgang voraussehen, denn eine Betrachtung der Ge- 
schwindigkeiten und Windrichtungen in ihrer räumlichen Verteilung mit den 
zugehörigen Temperaturfeldern (relative Topographien) sprach für eine Labili- 
sierung im späteren Örkangebiet. Die Karten des „Tägl. Wetterbericht“ der 
Deutschen Seewarte vom 25. bis 28. Okt. 1936 geben darüber Auskunft, wie an- 
schließend gezeigt wird, Am 25, Okt. 1936 08b konnte eine bevorstehende Labili- 
sierung noch nicht prognostiziert werden, Im gesamten Nordseeraum findet 
man in den unteren wie in den höheren Schichten eine mit Warmluftadvektion 
verbundene SW- bis W-Strömung., Hingegen zeigen die Karten vom 26. Okt. 1936 
08% deutlich die bevorstehende Labilisierung: In Bodennähe herrscht eine süd- 
westliche Strömung (Warmluftadvektion), aber in den höheren Schichten der 
unteren Troposphäre (s. absol, Topographie der 500 mb-Fläche) finden wir eine 
relativ kalte Strömung aus Nordwest, Der Vorgang der Labilisierung (mit 
geringerer Intensität) ist noch am 27. Okt, 1936 08h im Gange, denn bei den 
bodennahen Westwinden (z. T. mit geringer Nordkomponente) und den in höheren 
Schichten gegebenen WNW- bis NW-Winden größerer Geschwindigkeit ergibt 
sich auch hier in der Höhe ein Voraneilen der Luftmassen aus dem Kaltluft- 
raum (in der Westkomponente)., Am 28, Okt, 1936 08h finden wir durchgehend 
in der unteren Troposphäre eine NW-Strömung. Die relative Topographie zeigt 
aber, daß die NW-Strömung keine advektive Abkühlung mit sich bringt. Hieran 
ist zu erkennen, daß der Labilisierungsvorgang zwischen dem 27. Okt. 08h und 
28, Okt. 08h sein Ende gefunden hat. Diese Gesamtentwicklung zeigt deutlich, 
daß man am 26. Okt. 08% die bevorstehenden stark feuchtlabilen Umlagerungen
	        
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