Benner, R.; Zur Frage der Temperatur in entwicklungsfähigen Quellwolken, 41
neue Theorie auf, in der das Aufsteigen der Wolkenluft durch ihren hohen
Wasserdampfgehalt (bis 600% Übersättigung sind möglich} und der damit ver-
bundenen geringeren Dichte gegenüber der verhältnismäßig trockenen Luft der
Umgebung bedingt ist. Wenn man auch hier für den Cumulus das Bild. des
aufsteigenden kondensierenden Luftstromes beibehält, so kommt man zu dem
Ergebnis, daß z. B, die aus den bodennahen Luftschichten aufsteigenden Luft-
massen des in Tafel 9 der Koppschen Arbeit wiedergegebenen Falles bereits am
Boden übersättigt sein müßten, Dabei sind noch nicht diejenigen Wasserdampf-
mengen in Rechnung gesetzt, die die Wassertröpfchen der schon vorhandenen
Wolke bilden, Außerdem ist anzunehmen, daß der angenommene stark übersättigte
Zustand der Wolkenluft sehr instabil ist und bald verschwinden würde, da an
den Kondensationskernen der schon vorhandenen Wolken sofort weitere Konden-
sation eintreten müßte, bis die relative Feuchtigkeit auf 100% gesunken wäre,
Wenzel fand in Übereinstimmung mit unserem Ergebnis in dem von ihm unter-
suchten Cumulus höhere Temperaturen,
Da die Resultate bezüglich der Wolkentemperaturen also anscheinend völlig
gegensätzlich sind, soll im folgenden versucht werden, die Abweichungen ver-
ständlich zu machen. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß die genannten Ver-
fasser die von unseren abweichenden Temperatureffekte vorwiegend am Rande
der Quellwolken gemessen haben, da sie entweder im Horizontalfluge oder im
An- und Abstieg seitwärts in die Wolken hinein- (oder heraus-) flogen, Nun
weisen auch Kopp und Lange in ihren Arbeiten auf die auch vom Verfasser oft
gemachte Erfahrung hin, daß gerade im Randgebiet von entwicklungsfähigen Quell-
wolken starke Böigkeit vorhanden ist, diese jedoch im inneren Kerngebiet der
Wolke völlig feblt, Diese Böigkeit ist ein Zeichen für dort. vorhandene örtlich
beschränkte Aufwärts- und Abwärtsbewegungen der Luftmassen, die zu ent-
sprechenden trocken- oder feuchtadiabatischen Temperaturänderungen am Wolken-
rande führen. So tritt z. B. bei einer trockenadiabatischen Abwärtsbewegung
am Außenrande eine individuelle und lokale Temperaturerhöhung ein, die beim
Einflug in die Wolke zur Registrierung tieferer Temperaturen Anlaß gibt, Außer
diesem ist noch ein zweiter temperaturerniedrigender Effekt am Wolkenrande
vorhanden; das ist das Verdampfen von Wolkentröpfchen, das besonders dann
einsetzen wird, wenn die Quellwolke ihr höchstes Entwicklungsstadium über-
schritten hat und schon in Auflösung begriffen ist. Diese beiden Effekte sind
jedoch nur örtlich an den äußeren Randgebieten der Wolken wirksam und haben
keine wesentliche Bedeutung für das Aufsteigen des in seinem Kerngebiet wärmeren
Wolkenluftstromes innerhalb einer größeren und kälteren wolkenfreien Umgebung,
Für die häufig angetroffenen tieferen Temperaturen im Innern von Cumulus-
wolken ist, wie Wenzel in der genannten Arbeit schon bemerkt hat, außerdem
der Entwicklungszustand der Wolke von ausschlaggebender Bedeutung, indem
alte und nicht mehr in Entwicklung begriffene Wolken durch Ausstrahlung gegen-
über der Umgebung eine Abkühlung erfahren. Nach den Abbildungen von Kopp
zu urteilen (s. z. B. Tafel 11), handelt es sich wahrscheinlich teilweise bei ihm um
nicht mehr entwicklungsfähige Cumuli, die bereits ihr höchstes Entwicklungs-
stadium überschritten haben und erkaltet sind. In Übereinstimmung mit den
Koppschen Ergebnissen sind auch von uns in den oberen Wolkenteilen tiefere
Temperaturen gemessen worden. Als besonders eindrucksvolles Beispiel sei hier
das in Tafel 10 der Koppschen Arbeit gebrachte erwähnt, wo die Temperaturen
in den oberen Quellkuppen 3° bis 4° niedriger als im Außenraum gefunden
wurden, Hier liegt, wie der Aufstieg zeigt, wahrscheinlich auch der Fall vor,
wo der Cumuloninibus über seine statische Gleichgewichtslage hinausgewachsen
ist und unter Temperaturabnahme noch um etwa 500m in eine Inversion von
2“ bis 3° eindrang. Die in einer Höhe von 660 m vorhandene Ausbreitungs-
tendenz der Schauerwolke deutet auch hier auf diesen Vorgang hin,
4. Zusammenfassung,
Auf Grund der Ergebnisse zweier Flugzeugaufstiege wurden in einer in
kräftiger Entwicklung befindlichen Schauerwolke, abgesehen von den oberen Quell-
kuppen, höhere Temperaturen gemessen als im wolkenfreien Außenraum. Die relativ