Skip to main content

Full text: 67, 1939

Endrös, A.: Der niedrige Wasserstand am 24. November 1938 an der deutschen Ostseeküste. 419 
etwas früher erfolgte als im Westen. In der 8h.Wetterkarte am 22. ist der 
Gradient noch deutlich zu erkennen, 
Eine zweite Schwingung unterbricht die obige und setzt am 23, November 
yegen 13h an allen Beobachtungspunkten mit un gewöhnlich raschem und 
starkem Fallen des Wasserstandes ein, Die Senkungen betragen in Bülk 
140 cm, in Neuland 120 cm, in Arkona 60 cm, in Heringsdorf 60 cm und in 
Zoppot 30 cm, nehmen also gegen Osten regelmäßig ab, Am 24, ist gegen 13h 
der tiefste Wasserstand erreicht. Die Senkung dauert also etwa 24h. Von da 
ab geht der Wasserstand in nahezu 23 Stunden an allen Punkten zum ursprüng- 
lichen Stand zurück, Während bei der Bestimmung der Periodendauer gewöhnlich 
die Zeit der ersten Störung nicht in Betracht gezogen werden darf, da diese 
eine erzwungene Bewegung zur Folge hat, erfolgt die Rückkehr in die alte Lage 
gewöhnlich immer in der halben Periode der freien Schwingung, wofür unten 
Beispiele aus der Literatur angeführt sind. Bei gut schwingungsfähigen Becken 
sollte sich der Wasserstand um den gleichen Betrag über die Gleichgewichtslage 
erheben, um den er sich vorher gesenkt hatte. Die Erhebung erreicht aber hier 
in der Kieler Bucht nur etwa 20 cm, Es liegt also auch hier eine sehr starke 
Dämpfung vor; außerdem setzte, wie es scheint, um diese Zeit eine neue Störung 
mit Erniedrigung des Spiegels ein, die die Erhebung hemmte. Der Wasserstand 
ging hierauf in ungefähr 24 Stunden wieder zurück, senkte sich aber viel 
stärker, eine Folge der einwirkenden Kraft. Die Periode der freien Schwingung 
ist wegen der neuen Störung schwieriger zu bestimmen, dürfte aber auf 46 bis 
48 Stunden angenähert anzusetzen sein. Der Gang des Wasserstandes ist gegen 
Osten schon in Arkona, aber noch mehr in Heringsdorf und Zoppot durch 
weitere Schwingungen gestört. In Arkona findet sich eine Schwingung von 15h, 
in Heringsdorf eine solche von 7.25 h, die auch in Zoppot noch zu erkennen ist, 
wozu dort noch eine Schwingung von, 24h auftritt. Außerdem treten an 
den genannten Buchten noch aperiodische lokale Schwankungen auf, denen 
Schwingungen von kürzerer Dauer aufgesetzt sind. An allen vier Punkten der 
Kieler Bucht erkennt man deutlich auch die halbtägige Gezeitenbewegung. 
Wir haben hier also wieder eine freie Ausschwingung der Wasser- 
masse der südlichen Ostsee, dieses Mal zuerst nach Osten und dann wieder 
zurück nach Westen. Suchen wir nach einem Becken, das eine freie 
Schwingung von der gefundenen Periodendauer hat, so kann nur die gesamte 
Ostsee in Betracht kommen mit der Schwingungsachse Kieler Bucht— 
Bottnischer Busen. Der Knoten einer solchen Schwingung kommt in die 
Nähe der Alandsinseln zu liegen, wo das Becken durch die dazwischen ge- 
lagerten Inseln stark eingeengt wird, also ein konvexes Becken im Sinne Chrystals 
darstellt, Bei einer Achsenlänge von 1750 km und der Tiefe von 140 m am 
Knoten, der ohne die Einengung in die Nähe der Insel Dagö fallen würde, er- 
rechnet sie sich nach der parabolischen Annäherung zu etwa 30h und unter 
Berücksichtigung der übrigen Beckenverhältnisse kommt man auf etwa 33h. 
Durch die Einschnürung bei den Alandsinseln erhöht sich aber die Dauer nach 
den Ergebnissen an anderen Seen um etwa 50%. Eine Periode von 46 bis 48 h 
ist also für das angenommene Becken vollauf begründet. 
Forscht man nach der Ursache, die für diese außerordentliche Senkung 
des Spiegels in Betracht kommen könnte, so kann man nur an ein außer- 
gewöhnliches Ereignis denken. Nach den Wetterkarten können nur die Ver- 
hältnisse in der Nähe der Kaltfront in Frage kommen, die beim Beginn der 
Senkung über dem Bottnischen Busen sich befand, wie man aus ihrer 
Lage in der 8h.Wetterkarte in der Richtung Königsberg—Alandsinseln schließen 
kann. Ein starker Barometersturz z, B., wie er in Begleitung einer Front auf- 
treten kann, müßte das Wasser nach dem Bottnischen Busen ansaugen und ein 
solches Fallen des Spiegels besonders am Westende in der Kieler Bucht erzeugen, 
Der später aufkommende starke Weststurm in der westlichen Ostsee, wie ihn 
die 85-Wetterkarte vom 24. anzeigt, hat jedenfalls noch seinen Teil dazu 
beigetragen, da der Sturm in dem übrigen Teil der Ostsee in SW- und 
S-Wind überging. 
Ann, d. Hydr, usw. 1939, Heft VII
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.