Gräfe, H.: Über Zusammenhänge zwischen Bodenwind, Lauftdruckverteilung usw. 305
Über die Gültigkeit einer solchen Ermittlung ist noch einiges zu sagen! Es
erheben sich zwei Fragen:
j. Sind die Windschätzungen der Beobachter so übereinstimmend, daß unter-
ginander vergleichbare Resultate erzielt werden können?
2. Ist das, was der Beobachter aus dem Bild der Meeresoberfläche tatsäch-
lich abliest, ein eindeutiges Maß für die Horizontalkomponente der. Boden-
geschwindigkeit? Hierzu ist zu sagen: Die Windschätzung von Beobachter zu
Beobachter ist kleinen individuellen Schwankungen unterworfen. Ein Teil der
Streuungen der weiter unten aufgeführten Meßreihe ist damit zu erklären. Aber
durch die hin und wieder durchgeführten gemeinsamen Schätzungsübungen sind
die Schwankungen geringfügig. Schwerer ist dagegen die zweite Frage zu be-
antworten. Sicher ist das Bild der Meeresoberfläche nicht allein durch die
Horizontalbewegung des Bodenwindes verursacht. Insbesondere kann man be-
obachten, daß vertikale Fallböen die Meeresoberfläche mehr aufpeitschen, als es
durch den gerade herrschenden Horizontalwind geschehen könnte. Das zeigt sich
auch bei der unten aufgeführten Meßreihe besonders bei einem Flug. Während
seiner Durchführung meldete das Flugzeug fast stündlich starke vertikale Böig-
keit. Die bei diesen Schätzungen ermittelte mittlere Windgeschwindigkeit fällt
auch tatsächlich weit aus der Meßreihe heraus, so daß sie, wie unten erwähnt
wird, aus unserer Betrachtung ausgeschlossen wurde. Solche Fälle wurden aber
nur vereinzelt beobachtet. Sie sind besonders diskutiert worden. Wegen fehlenden
Materials wurden die Werte: 2. I, und 27. II. nicht berücksichtigt.
Diese so ermittelten Resultate werden nun mit den Druckdifferenzen py— pa
eines Termines des gleichen Tages verglichen, In welcher Weise werden die
Differenzen ermittelt? Von vornherein ist klar, daß die Druckmessung einer Station
mit zufälligen Fehlern behaftet sein kann, die die Genauigkeit des Resultates
empfindlich stören würden. Die für unseren Fall sinnvollste Methode ist offenbar
die, die Drucke eines Termines von mehreren dicht beieinander liegenden
Stationen an den Endpunkten der Strecke zu einem repräsentativen Wert zu
mitteln, wobei die Bedingung einzuschließen ist, daß die Entfernungen der
Stationen unter sich klein sein sollen gegenüber der Gesamtlänge der Strecke.
Diese Methode wurde jedoch im folgenden nicht angewendet. In der Zeit Juli
bis Oktober finden nämlich an der Westafrikanischen Küste Kaltlufteinbrüche (sog.
Tornados) statt, die den Luftdruck für kurze Zeit — oftmals nur Bruchteile eines
Tages — erheblich fälschen. Um solche Fehlereinflüsse möglichst zu unterdrücken,
wurden die Drucke einer Station über vier Tage gemittelt, wobei an jedem Tage
der Druck eines bestimmten Termines verwendet wurde (Westafrika 08 G.M.T,
Fernando Noronha 12 G.M.T.). Diese Methode bedeutet offenbar einen Verzicht
auf hohe Genauigkeit, denn es ist klar, daß sich die Windversetzung von Tag
zu Tag ändert. Sie ist aber, wie Praxis zeigt, bei den im allgemeinen langsamen
Wetteränderungen in den Tropen gerade noch brauchbar.
Um von jeder persönlichen Beeinflussung frei zu sein, wurden nicht die Druck-
werte verwendet, die die deutschen Flugwetterwarten in Bathurst und Fernando
Noronha ermitteln. Alle hier angegebenen Zahlen entstammen der benachbarten
französischen Station Dakar und der brasilianischen Station Fernando Noronha.
Immer dann aber, wenn die Sendungen der Station Dakar öfters ausfielen, wurden
die Werte von Dakar durch die deutschen Messungen in Bathurst ersetzt. Wegen
zu großer Unsicherheit wurden die Werte 24. XII, 12, III. nicht berücksichtigt.
Die so ermittelten Druckdifferenzen und Windgeschwindigkeiten sind in
Tabelle 2 (s. S. 306) angegeben. In Fig. 1 (s. S. 306) sind sie graphisch dargestellt,
and zwar ist auf der Abszisse die Zeit 1936 bis 1937 angegeben. Auf der linken
Ordinate sind die Druckdifferenzen Pp— Pa in mb dargestellt. Sie gilt für die
— —-Kurve. Auf der rechten Ordinate sind die mittleren Windgeschwindig-
keiten in km/h aufgetragen. Für sie gilt die ausgezogene Kurve +— Inder Fig. 1
liegen die Werte + in der Zeit vom 20. VII. bis zum 4. XII. 1939 um 7 Tage gegen
die Druckdifferenzen verschoben. In dieser Zeit wurde nämlich der Ozean alle
14 Tage nur einmal in gleicher Richtung überflogen, Die in dem Zeitraum an-
gegebenen Druckdifferenzen waren nun ursprünglich für die des Kurses Fernando
Ann, d, Aydr. usw. 1939, Heft VI.