234 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1939,
bei den Terminstationen, so können wir, von wenigen Ausnahmen abgesehen, doch
mit Recht im Gegensatz zu Reichard beträchtliche Temperatur- und Salzgehalts-
anterschiede sowohl im Oberflächenwasser als auch im Vertikalaufbau des Tiefen-
wassers feststellen. Bei Zugrundeltegung von zeitlich noch umfangreicherem
Beobachtungsmaterial werden die besonderen bydrographischen Eigenschaften
der einzelnen Stationen auch bei Untersuchung der mittleren Verhältnisse be-
stimmt noch viel klarer herausgestellt werden können, als es im vorliegenden
Fall zum erstenmal versucht worden ist, Es wird daher gleichzeitig der Wunsch
ausgesprochen, daß das in der Zeit von 1908 bis 1927 von der Staatlichen
Biologischen Anstalt Helgoland gesammelte und bisher unveröffentlichte
Beobachtungsmaterial für diese angefangene Untersuchungsreihe mit Verwendung
Anden würde. Dies würde daher zur weiteren Aufhellung der immerhin kompliziert
aufgebauten hydrographischen Verhältnisse der inneren Deutschen Bucht wesentlich
beitragen.
Das Druck- und Stromfeld in Stromsystemen und ihre Wechsel-
beziehungen zueinander.
Nach €. GO. Rossby’s letzten Arbeiten, nebst einigen Bemerkungen hierzu,
Von A, Defant,
Es ist bekannt, daß bei stationären Zuständen die Massen- bzw, die Druck-
verteilung in einem Strome in gesetzmäßig eindeutiger Beziehung zum Strom-
zystem steht, die durch das Gleichgewicht aller vorhandenen Kräfte vermittelt
wird. Im allereinfachsten Fall des horizontalen Gradientstromes halten sich die
Gradientkraft, die aus der Massenverteilung resultiert, und die ablenkende Kraft
der Erdrotation, die sogenannte Coriolis-Kraft, das Gleichgewicht, Wenn kein
stationärer Zustand herrscht, also kein Gleichgewicht zwischen Gradientkraft
und der Coriolis-Kraft vorhanden ist, ist das Stromsystem immer bestrebt, eine
derartige Verschiebung der Massen innerhalb des betrachteten Mediums durch
Anhäufung solcher in bestimmten Gebieten und durch Wegschaffung anderer,
also durch vertikale und horizontale Transporte derart herauszubilden, daß
schließlich bei Erreichung des stationären Zustandes der Gleichgewichtsbeziehung
als Wechselbeziehung entsprochen wird. Wie diese Vorgänge der Ausbalanoierung
von Druck- und Sıromfeld tatsächlich vor sich gehen, darüber wissen wir bisher
wenig, und C. G, Rossby und seine Schule haben es sich deshalb zur Aufgabe
gestellt, zu untersuchen, auf welche Weise dieser dynamische Gleichgewichts-
zustand zustande kommt, und ob es innerhalb eines. gegebenen Systems für die
Fähigkeit, schließlich eine Coriolissche Druck verteilung heryorzubringen, irgend-
welche Beschränkungen gibt. Ohne Zweifel ist die von Rossby gegebene Problem-
stellung sowohl für die atmosphärischen wie für die ozeanischen Vorgänge über-
aus aktuell und verdient volle Beachtung. Ich habe vor zwei Jahren hier?!) über
sine Arbeit von Rossby berichtet, in der die Hypothese erörtert wird, daß die
beobachteten Druckgradienten in einem Stromsystem der Atmosphäre oder des
Ozeans in weitem Maße als eine Reaktion der Coriolisschen Kräfte, die von der
Rotation der Erde dem System aufgezwungen werden, aufgefaßt werden können,
während die treibenden Kräfte für die Bewegungen anderswo liegen. Es besteht,
wie allgemein bekannt, zwar immer die oben formulierte Wechselbeziehung
zwischen Druckfeld und Stromfeld, aber, wie Rossby meint, es existiert keine
Theorie, welche in befriedigender und plausibler Weise den Mechanismus be-
schreiben könnte, auf welche Weise sich das Massen- bzw. Druckfeld selbsttätig
auf das Geschwindigkeitsfeld einstellen. Wir müssen Rossby recht geben, wenn
er der Ansicht ist, daß eine Lösung dieser Aufgabe von großem Wert wäre nicht
nur für die physikalische Ozeanographie, sondern auch für die Meteorologie, hier
namentlich in Verbindung mit der Frage nach der Deutung der sogenannten
„dynamischen“ Druckgebilde (warme Antizyklonen und kalte Zyklonen),
1) A. Defant, 0. G. Rossby, Dynamik stationärer Ström, im Lichte der experimentellen Strom-
jehre. Nebst einigen Bemerkungen hierzu. Diese Zeitschrift, 1937, S, 58.