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Full text: 67, 1939

144 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1939, 
10° niedriger lagen, Die Abkühlung setzt sich aber auch an den folgenden Tagen 
noch weiter fort, und erst am 18, und 19. werden ungefähr gleichzeitig in 
der gesamten unteren Troposphärenhälfte die tiefsten Temperaturen er- 
reicht, Bis zum 20, macht sich dann zuerst in der Höhe ein starker Temperatur- 
anstieg bemerkbar, der sich einen Tag später bis in die unteren Schichten durch- 
zetzt und wieder auf jene Werte führt, wie sie innerhalb der ersten Kaltmasse 
vorhanden waren, 
Der Luftdruck stieg am Boden zur Zeit der Abkühlung zunächst stetig an 
(vgl. den unteren Teil der Tabelle 2), wobei in den mittleren Schichten vom 12, 
bis 15. die Niveauflächen keine Änderung erfuhren. Bei der dann sprunghaft 
erfolgenden weiteren Temperaturabnahme setzte in der Höhe der übliche Druck- 
fall ein, und schließlich begann vom 17. an der Druck sogar am Boden ab- 
zunehmen trotz weiterer Abkühlung in der gesamten Troposphäre, wobei dann 
am 19. ein ausgesprochenes Druckminimum in der Höhe zustande kam, das etwa 
zusammenfiel mit dem Zeitpunkt der tiefsten Temperatur. Bei der nachfolgenden 
rapiden Erwärmung stieg der Luftdruck in der Höhe dann ebenso rasch wieder 
an, während er am Boden stark fiel. 
In der Höhenwetterkarte zeigte es sich, daß der Kaltlufttropfen mit 
einem ausgeprägten abgeschlossenen Höhentief gekoppelt war, das in 
den Abendstunden des 18, Berlin passierte. In Abb.1 ist durch die strich- 
punktierte Linie die Bahn dieses Höhentiefs ebenfalls eingezeichnet, sie führte 
von der Ukraine westwärts bis nach Holland und bog dann über dem Kanal nach 
Frankreich um, wo sie am 24. das Mittelmeer betrat und dann wegen fehlender 
Weihnachtsaufstiege nicht weiter verfolgt werden kann. In 500 mb lag das 
Zentrum des Höhentiefs etwa 1000 km gegenüber dem Kältezentrum nach Süd- 
westen verschoben, 
Das Höhentief kam auf die übliche Weise zustande, daß dem Kaltluftvorstoß 
von Südosten her eine Warmluftwelle nachfolgte, die die Kaltmasse zur Tropfen- 
form abschnürte. Besonders beachtenswert ist dabei, daß die Mächtigkeit der 
kontinental-arktischen Kaltluft sich durchaus nicht auf die unteren Schichten be- 
schränkte, sondern in der Höhe fast noch ausgeprägter in Erscheinung trat. 
Wie aus Tabelle 3 hervorgeht, in der die beiden Radiosondenaufstiege von 
Helsinki vom 10. und 20. miteinander verglichen sind, war der Temperaturrück- 
gang hier in 700 mb mit 17° am größten, war bei 400 mb noch stärker als in 
Bodennähe und erstreckte sich bis zur Tropopause; in der unteren Stratosphäre 
trat als Kompensation Erwärmung von etwa gleichem Ausmaß ein, die aber mit 
der Höhe rasch abklang. Die Schwankung der Höhen der Hauptisobarenflächen 
zeigte über Helsinki (letzte Spalten der Tabelle 3) ein selten ideales Verhalten: 
Druckzunahme am Boden, Lage der Ausgleichsfläche etwa bei 3000 m, darüber 
starke Senkung der Niveauflächen mit einem Maximalbetrag von 30 Dekameter 
an der Tropopause — also etwa doppelt so groß wie der untere Anstieg — und 
völlige Kompensation in 16 km Höhe, 
Einen noch besseren Überblick über die Mächtigkeit der Kältewelle erhält 
man durch einen Vergleich des Erfurter Radiosondenaufstiegs vom 12. mit dem 
von Stockholm vom 20., der in unmittelbarer Nähe des Kältezentrums stattfand. 
Diese Aufstiege sind in Tabelle 4, diesmal als Funktion der Höhe, zusammen 
mit den beiden extremsten Wetterflügen von Berlin, aufgeführt. Zunächst sieht 
man, daß die Berliner Flugzeug- und die Erfurter Radiosondenmessung vom 
12, bis 5 km fast die gleichen Werte ergeben und daß auch die Stockholmer 
Sonde vom 20. nur wenig von dem Berliner Flugzeugaufstieg vom 19. abweicht, 
so daß die Stockholmer Sonde — leider liegen aus Deutschland vom 17. 18. 
und 19. keine hochreichenden Sondenmessungen vor — auch annähernd als 
repräsentativ für die Temperaturverhältnisse über Mitteleuropa zur Zeit des 
Aöhepunktes der Kältewelle angesehen werden kann. 
Über Berlin trat der stärkste Temperaturrückgang in 1000 m mit 29° 
ein, in 5000 m betrug die Abkühlung immer noch mehr als 20°; beim 
Vergleich von Stockholm mit Erfurt (letzte Spalte der Tabelle 4) zeigte sich, 
daß die nordsibirische Luft in der gesamten Troposphäre etwas mehr als 25° kälter
	        
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