Kleinere Mitteilungen,
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3, Wetterskizzen. Nr. 1l: Das Hagelunwetter in der Zone Hildesheim—
Peine vom 18, Juli 1936. In der Gegend zwischen Hannover und Braunschweig
trat am Nachmittag des 18, Juli 1936 ein schwerer Hagelfall auf, wie er nach
dortigen Berichten („Peiner Zeitung“ Nr. 167, 168) in ähnlicher Stärke letztmalig
am 1. Juli 1891 zur Beobachtung kam. Der nächstgrößere vom 8. August 1922
vermochte weniger Schaden anzurichten, da das Getreide um diese Zeit größten-
teils schon eingebracht war. a
Die Hagelspur- vom 18. Juli 1936 hat eine Länge von etwa 40 km, eine Breite
von 7 bis 10 km und verläuft etwa von SWzS nach NOzN, Der Kern schwersten
Hagelfalles scheint eine Breite von ungefähr 3 km gehabt zu haben,
Das in Begleitung eines Schwergewitters auftretende Hagelunwetter begann
westlich bis nordwestlich von Hildesheim, zog hart westlich an Peine vorbei und
löste sich etwa 15 km nordnordöstlich dieser Stadt auf. Die Dauer fand ich nur
an einer Stelle, und zwar zu 20 Minuten .(? d. Verf), angegeben,
Bemerkenswert ist die Größe der gefallenen Hagelstücke, die sich anscheinend
auf der ganzen Spurlänge ziemlich gleichförmig hält.
So heißt. es in Lokalberichten aus den betroffenen Gebieten des Kreises Peine: Vöhrum — „Der
Hagel kam in Stücken von der Stärke eines Hühnereis vom Himmel, Mehrere Stunden später konnte
man noch an. geschützten Stellen unzählige dieser Eisstücke finden,“ Edemissen — „Ungeheure
Wassermassen. mit Hayel, z. T. von Tauben- und Hühnereigröße“* Voigtholz — „Hazelkörner
is zur Größe eines Hühnereis waren dabei...“ Bierbergen — „Die bis über Taubenel großen
emp eIKne ‚A Schwicheldt — „Noch lange Zeit danach lagen handflächengroße Hagelstücke
in den Gärten...“ Equord — „Hagelkörner bis Hühnereigröße fielen herab.“ Rosenthal —
= « « von. den Eisstücken, die zum Teil eiven Durchschnitt von 5 cm hatten. .,,.“ Blumenhagen —
„Hagelkörner wie Hühnereier groß schlugen gegen dıe Fenster und zertrümmerten manche Scheibe,“
Stederdoarf — „Hagelkörner, vielmehr dicke Kisstücken größer als Taubeneier, prasselten in großen
Mengen herunter...“
Nach. Mitteilung meines Vaters waren auch in Peine, am äußeren Rande
der Hagelspur, vereinzelte Hagelstücke so groß wie Hühnereier und zwei Stunden
nach dem Fall noch nicht geschmolzen,
Der Stärke des Hagelfalles und seiner Ausdehnung entsprechend wurde
beträchtlicher Schaden durch das Unwetter angerichtet. In den betroffenen
Feldmarken wurde die Getreideernte strichweise zu 90 bis 100% vernichtet, da
die Halme mehrfach gebrochen, die Ähren abgeschlagen wurden, daß die Körner
herausfielen, und das Ganze niedergewalzt wurde. Zuckerrübenfelder wurden ent-
blättert, so daß nur noch die kahlen Strünke aus dem Boden ragten. Der Hagel
schlug das unreife Obst in großen Mengen von den Bäumen; auch die Gemüse-
gärten litten z, T. beträchtlich, Auf freiem Felde wurden viele Vögel erschlagen.
Mein Vater berichtet mir aus Peine, daß die Hagelstücke teilweise mit solcher Kraft zur Erde
sausten, daß sie drei übereinander liegende Frühbeetscheiben. zerschlugen, Hiernach kann es nicht
verwundern, daß von Gewächshäusern im Kern der Hagelspur fast keine Scheibe heilblieb. (Von
meines Bruders zwei Gewächshäusern am Rande der Hagelspur gingen „nur“ 250 Scheiben in Trümmer.)
Die Zertrümmerung von. Fensterscheiben war von beschränkterem Umfange, da nur stellenweise Sturm-
böen den Hagelschlag: begleiteten. —
Ein Blick auf die Höhenwetterlage vom 18. Juli (Tägl. Wetterbericht d. Disch.
Reichswetterd., herausgeg. v, d. Dtsch. Seewarte, Nr. 201) 1ä8t erkennen, daß die
Orientierung der Hagelspur (s, o.) der der Höhenströmung oberhalb 5 km
genau entspricht (vgl. den Verlauf der Isolinie von 568 dyn, Dekametern bei
Hannover). Die räumlich‘ und zeitlich am nächsten gelegenen Höhenwind-
messungen ergaben in ihrer Maximalhöhe:
Bremen sc... J3h SWzS 65km/h in 4 km Höhe,
Braunschweig „... Th SWzS 43km „ 3.6, „ ı
Bergen b, Celle... 7h SWzS 65km/b 280 u
Braunschweig „„.. 11% SW 55km „ 3A
was ebenso wie die Hamburger Cirrenmessung von 20h — Cist aus SSW von
etwa. 60 km/h bei 8 km geschätzter Höhe — die Fortpflanzung des Hagelwetters
mit der Höhenströmung unterstreicht.
Dieses trat dabei in einem Gebiet auf, das sich auch in Mittelkarten der
Hagelhäufigkeit als stärker gefährdet hervorhebt; es scheint gerade in Lee des
nordwestlichen Hildesheimer Waldes, des letzten Ausläufers des mitteldeutschen
Berglandes, entstanden zu sein — wie sich ja gemeinhin die Leeseiten von Gebirgen
als bevorzugte Bildungsstätten von Gewittern, Hagelfällen, Tromben zeigen,