Kleinere Mitteilungen,
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Die mit aufgeführten Windangaben von Königsberg und Adlergrund- Feuer-
schiff sollen beweisen, daß die Königsberger Luft auch tatsächlich auf die Ostsee
hinausgeführt wird, die achte Spalte enthält die Luft- und. die folgende Kolonne
die Wassertemperatur zu Adiergrund. am nächsten Morgen, und dann folgt die
Differenz zwischen dem für Königsberg am Abend ermittelten Taupunkt und der
am. nächsten Morgen in Adiergrund gemessenen Wassertemperatur. Die letzten
Spalten geben schließlich die Bewölkungsverhältnisse am nächsten Morgen zu
Arkona auf Rügen. und einige Angaben über die Wetterverhältnisse wieder.
Man Sieht= In der Zeit vom 4, bis 10, Mai lag der Taupunkt zu Königsberg
stets über der Wassertemperatur, zugleich wurde in. Arkona an sechs von sieben
Tagen morgens eine geschlossene Wolkendecke beobachtet, Während der zweiten
Ostwindperiode lag nur am ersten Abend der Taupünkt in Königsberg über der
Wassertemperatur und nur an dem darauffolgenden. Morgen herrschte in. Arkona
geschlossene Stiratusbewölkung, Dann sank der Taupunkt immer tiefer unter die
Wassertemperatur herab, und das Wetter blieb über dem gesamten Ostiseegebiet
fast ständig wolkenlos. In der letzten Ostwindzeit vom. 22. bis 26, Mai lag schließ-
lich der Taupunkt in Ostpreußen ganz erheblich über der Wassertemperatur,
und fast ständiger Nebel oder Hochnebel war die Folge.
Bei der großen Bedeutung, die die rechtzeitige Vorhersage von Nebelfeldern
und Stratusdecken vor allem für den Flugverkehr hat, muß man fragen, ob mit Hilfe
des Taupunktes diesem Problem tatsächlich quantitativ näherzukommen ist. Aus
unserer Tabelle kann man entnehmen, daß in den zehn Fällen, wo der Tau-
punkt die Wassertemperatur überschritt, yur einmal keine geschlossene
Bewölkung über Arkona am nächsten Morgen folgte, In den rier Fällen
mit negatirer Differenz zwischen Taupunkt und Wassertemperatur
fehlten Nebelfelder und Stratusdecken bei Rügen jedesmal und an drei
Tagen war es über der gesamten mittleren Ostsee sogar wolkenlos. Von 16 Fällen
verhielt sich also nur einer abweichend; mit 94% Wahrscheinlichkeit wäre auf
Grund der Taupunktstemperatur von Königsberg eine richtige Vorher-
sage desHKintrittsvon Nebeloder Hochnebelüber Rügen möglich gewesen,
Dieses Ergebnis führt uns die Bedeutung des Taupunktes für die Wetter-
vorhersage vor Augen, der im. praktischen Dienst vielfach kaum Berücksich-
tigung findet. Die allgemeine Einführung der Tatpunktstemperatur in die
amerikanischen Wettertelegramme zeigt deutlich, daß dieser Größe drüben starke
Beachtung geschenkt wird. RB. Scherhag.
2. Wetterskizzen, Nr. 8: Die Entstehungsbedingungen einer Labradorstrom-
Sturmzyklone. Nicht nur über Warmwassergebieten wie dem Golfstrom, auch
über Kaltwassergebieten wie dem Labradorstrom können sich gefährliche Sturm-
zyklonen entwickeln, und es ist wohl nicht unnütz, den markanten Fall einer
solchen Entwicklung einmal auf seine Vorbedingungen hin synoptisch kurz zu
betrachten. Der Skizze liegt das 4. Quartal 1901 der Hoffmeyerkarten (Tägliche
Synoptische Wetterkarten für den Nordatlantischen Ozean und die anliegenden
Teile der Kontinente, herausgegeben von dem Dänischen Meteorologischen Institut
und der Deutschen Seewarte, XX, Jahrgang) zugrunde, das eine rasche Sturmtief-
bildung bei Labrador vom 17, bis 19, Oktober 1901 zeigt,
Werfen wir einen. Blick auf die als Abbildung: beigefügte Wetterlage
vom 17, Oktober 1901, morgens: Eine relatir friedliche Wetterlage ohne größere
Druckgegensätze; fast überall schwache Winde; eine einzige Windstärke 6 (Bermuda)
unter allen. Meldungen des Kartenraums! Wer würde zu sagen vermögen, daß
48 Stunden später eine gewaltige Sturmzyklone von 715 mm vor der Küste Labradors
liegt, wie es tatsächlich der Fall ist, und zwar keine, die von außerhalb — etwa von der
Hudsonbay — in das Kartenbild. hereingetreten ist, sondern eine, die sich inner-
halb des Kartenbildes und aus den darin enthaltenen Bedingungen entwickelt hat?
Analysieren wir die Karte vom 17. Oktober — wozu natürlich. auch die
Karten der benachbarten Tage benutzt sind —, #0. ergibt sich folgendes: