Kuhlbrodt, E.: Zur Registrierung des Windes auf Schiffen,
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3. Die Windmesser am Bug- und Heck-Flaggenstock sind, wie von vornherein
zu erwarten, noch im Bereich der Störungen, die durch das Schiff als Hindernis
im Strömungsfeld hervorgerufen werden, wobei diese am ausladenden Heck größer
sind als am schmalen Bug. Der Wind erleidef am Schliff eine Verzögerung
äurch Stau, durch Umströmen und Überströmen, Bei Wind quer zum Schiff wird
der Schiffskörper vor allem überströmt, über dem Deck erhält die Luftströmung
dann durch das Zusammendrängen der Stromlinien eine Beschleunigung‘),
Die Stärke der Beeinflussung‘ hängt ab von der Geschwindigkeit des Windes, bei
stärkerem Wind tritt an Deck schon. nahe der Luvkante ein Abheben der Luft.
strömung ein. (auch ein Leewirbel kann sich über dem Schiff ausbilden), Auf dem
Meteor konnte die starke Turbulenz des durch das Schiff gestörten Windes über
dem Deck reichlich beobachtet werden beim Hochlassen der Pilotballone und
besonders kräftig gefühlt werden beim Einholen der Drachen am Heck, was
wegen heftigen Gierens der Drachen meist eine schwierige Angelegenheit war.
Art und Stärke der „Störungen“ ist aber für verschiedene Schiffe verschieden,
je nach Form und Höhe des Schiffskörpers und der Aufbauten. Die Störung
hängt, was aus unseren Zahlen deutlich hervörgeht, auch ganz von der Rich-
tung des Windes ab und ebenso von der Geschwindigkeit des Windes an sich
und ist somit auch abhängig von der Fahrigeschwindigkeit,
Das war ja der Grund, weshalb ein Anemometer auch an der Mastspitze
angebracht wurde, Die Mastspitze befindet sich außerhalb der verwickelten
Störungszone des Windes (nahe dem Deck), die im einzelnen nicht bekannt ist.
Die Regelmäßigkeit der Kontaktfolge beim Instrument an der Mastspitze läßt
dies auch deutlich erkennen; daher wurde zur endgültigen Bestimmung des
wahren Windes die Mastregistrierung benutzt. — |
Mit einem Handanemometer, das sich also mit dem Beobachter in. der
gestörten Zone befindet, ist es sehr schwierig, die Windgeschwindigkeit an
Bord ausreichend yenau zu messen. Der Gebrauch eines solchen. Handinstruments
kann bei ungenügender Kritik des Beobachters nur Schaden stiften; in der Praxis
der einfachen Schiffsbeobachtungen ist es besser, den Wind gut zu schätzen
als schlecht zu messen,
Aber ebenso, wie die meteorologischen Beobachtungsnetze an Land mehr und
mehr dazu übergehen, den Wind zu messen und zu registrieren, wird dies auch auf
See Ziel sein. Das ist auch schon die Forderung der Praxis: Schiffsleitungen schnell-
fahrender deutscher Schiffe sind bereits bei der Seewarte in dieser Richtung vor-
stellig geworden, da bei hoher Eigengeschwindigkeit des Schiffes — die z. B. bei
einer Fahrt von 26 Sm/St einen Fahrtwind von 13 mps erzeugt, d.h, nach der Beaufort-
Skala Stärke 7 — die Schätzung eines schwachen. wahren Windes schwierig wird.
Aber es gilt erst, Erfahrungen zu sammeln über die meßtechnischen. Mög-
lichkeiten, die an. Bord schwieriger sind als an Land. Auf den deutschen Flug-
zeughilfsschiffen im Atlantischen Ozean werden heute Windregistrierungen aus-
geführt; es ist von der Seewarte weiter beabsichtigt, auf einigen deutschen
Feuerschilfen in Kürze Windschreiber einzubauen. |
4. Wir sind ausgegangen von der Windregistrierung an der Mastspitze als
Basis, Es fehlt aber noch die Kritik dieser Meßstelle. Störungen als Folge der
Hinderniswirkung des Schiffskörpers werden hier nicht mehr wesentlich sein,
aber zwei andere Faktoren: einmal der Einfluß der relativ großen Höhe von
32 m über See, dann. der Einfluß der Schiffsschwankungen im Seegang, die
sich gerade an, der Mastspitze am stärksten äußern,
An Land gilt für die Windmesser als „Standardaufstellung für synoptische
Zwecke“ nach dem Beschluß der Internationalen Meteorologischen Direktoren-
konferenz in Wien 1926 eine Höhe von 6m über dem (niedrigsten) hindernis-
freien. Niveau. Das Mast-Anemometer auf dem Meteor hatte rund 30 m Höhe,
wenn. die Meeresoberfläche als hindernisfreies Niveau genommen wird; wenn das
Niveau des oberen Randes der als Hindernis wirkenden Deckaufbauten genommen
wird, etwa 20 m Aufstellungshöhe,
14) Vgl. A. Lahr, Ann, d. Hydr. x. marit, Meteorol, 1932, 5. 63 bis 55, Absatz Vi Versuch zur
Untersuchung der Strömungsrerhältnisse am Schiff.