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Full text: 64, 1936

Neuere Veröffentlichungen, 
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einem Minimum im Sommer, wo auch die ver- 
stärkte thermische Turbulenz die WG herabdrückt, 
_ Die Abbandlung bringt im Anhang die monat- 
lichen WG von 452 Stationen, und es dürfte da- 
mit wohl fast das ganze zur Verfügung stehende 
Material erfaßt sein, da dem Verfasser die umfang. 
reiche Bibliothek des früheren Preußischen Meteoro- 
jogischen Instituts zur NAT stand. Leider 
ist. die Anordnung innerhalb der Tabelle etwas un- 
rlücklich gewählt, sodaß das Auffinden bestimmter 
Stationen erschwert ist. Besonders erwähnenswert 
ist der reichhaltige Materialnachweis, der über 
200 Angaben enthält und der auch für den nicht 
klimatologiseh arbeitenden Meteorologen wertvoll 
sein dürfte, G, Pogade, 
Harald Koschmieder: Danziger Seewind- 
studien 1. Nachweis und Beschreibung, 
sowie Beiträge zur Kinematik und Dyna- 
mik des Seewindes. Forschungsarbeiten des 
Meteorologischen Institutes Danzig: der Kaiser- 
Wilbelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissen- 
schaften, Heft 8 (Leipzig 1936). . 
Im Jahre 1932 richtete H, Koschmieder in 
Danzig drei Registrierstationen, bestehend aus 
einem Böenschreiber Steffens-Hedde und 
einem. Thermohygrographen, auf dem Flugplatz 
Langfuhr, in Brösen-Bad und in Glettkan-Bad 
ein, wovon die beiden letzten Stationen unmittel- 
bar am Strande, der Flugplatz 3.4 km Jandein- 
wärts gelegen war, In den folgenden ‚Jahren 
wurde dieses Stationsnetz im wesentlichen bei- 
behalten, das Beobachtungsprogramm aber durch 
die Hinzunahme von zwei auf der Ostsee statio- 
nierten Prähmen und die Ausführung von Serien- 
aufstiegen mit Pilotballonen und Flugzeugen noch 
wesentlich erweitert, so daß es sich. hier um eine 
wirklich großzügig angelegte Grundlage zur Unter- 
suchung‘ des Seewindphänomens auf breitester 
Basis handelt, 
Inzwischen hat das Meteorologische Institut 
Danzig der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förde- 
rung der Wissenschaften zu bestehen aufgehört, 
and Koschmieder übergibt deshalb die bereits 
bearbeiteten Registrierungen aus dem Jahre 1932 
schon. jetzt der Öffentlichkeit, ohne die Auswer- 
mung der in den Folgejahren ausgeführten aerolo- 
gischen Beobachtungen abzuwarten, da er infolge 
der äußeren Umstände leider im nächster Zeit 
nicht dazu kommen wird, sich weiter mit diesem 
Problem auseinanderzusetzen.. - 
Koschmieder beginnt mit. der Beschreibung 
von zwölf Einzelfällen des Jahres 1032, wobei die 
in vorbildlicher Übersicht reproduzierten Figuren 
auch dem Leser ein eingehendes Studium des ge. 
samten Seewindphänomens ermöglichen, 80 daß 
zu hoffen ist, daß in Zukunft eine vom allge- 
meinen. Gradientwind abweichende Nordostströ- 
mung in Danzig nicht mehr als Telegrammfehler 
angesehen wird, wie es der Verfasser zuweilen er- 
lebt hat N 
Aus den Beobachtungen an den drei Stationen 
kann die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der See- 
windfiront Berechnet werden, die bei den 
wenigen Fällen mit frontparallelem Seewind natür- 
lich sehr klein ist: (im Mittel von drei Fällen nur 
7.6 m/see). Im Mittel ergeben 22 Fälle mit fronten- 
senkrechtem Seewind, wobei auch diejenigen der 
Jahre 1934 und. 1935 bereits mit herangezogen 
wurden, eine Frontgeschwindigkeit von 2.2 m/see, 
und das Resultat ist sehr bemerkenswert, daß im 
Mittel. dieser Fälle die Frontgeschwindigkeit 
nur zu 62% der zur Front normalen Kom- 
ponente der horizontalen Geschwindig- 
reit des Seewindes gefunden wurde, wobei 
nicht etwa die Böengeschwindigkeit beim Einsatz 
des Seewindes zugrunde gelegt wurde, die meist 
wesentlich größer ist als die Windstärke innerhalb 
des Seewindgebietes selbst. 
Dieses Ergebnis beweist eindeutig; daß die 
einbrechende Seeluft sich nicht wie ein 
ztarrer Körper verhält, sondern daß die See- 
Inft an der Vorderseite des Böenkopfes 
aufsteigt, wobei ihre Front im. Mittel ei 
senkrecht zur Küste steht (die Frontnormale findet 
Koschmieder in Durchschnitt zu N 33° E). 
Den letzten Abschnitt seiner Untersuchung 
widmet. Koschmieder der Dynamik des See- 
windes, Bei verschwindendem Gradientwind 1&ßt 
der Verfasser die Theorie von Hann gelten, daß 
das Seewindphänomen allein eine Folge des Massen- 
ıbflusses über Land infolge der starken KErwär- 
mung und der dadurch auf See eintretenden 
Druckzunahme ist, Wenn aber ein ausgesprochen 
ablandiger Gradientwind vorhanden ist, so wird 
das einfache Schema, wesentlich modifiziert: Ge- 
rade bei ablandigem Gradientwind ist der 
Seewindeinsatz immer besonders deutlich, 
4 es bildet sich eine ausgeprägte Seewind- 
rönt, 
Koschmieder führt aus, wie der ablandige 
Gradientwind dıe Seelnft zunächst zurückdrängt 
und aufhänuft und daber eine immer steiler 
werdende Front entstehen. läßt. „Als treibende 
Kraft dieser Zurückdrängung sieht er die Scher- 
kraft an, die von der ablandigen Gradientströmung 
auf die kältere Seeluft ausgeübt wird, und er weist 
auf den ähnlich ablaufenden Prozeß an einer Auf- 
gleitfront hin, die sich auch meist mit geringerer 
Geschwindigkeit fortbewegt, als es der Geschwindig- 
keit der Warmluftströmung entspricht, ein Vor- 
gang, der in der Literatur als „Auflecken“ der 
Caltluft bezeichnet wird. 
Es scheint mir allerdings doch noch nicht 
klar bewiesen, ob die Scherkraft in einem gas- 
förmigen und so beweglichen Medium, wie 68 
unsere. Atmosphäre darstellt, von so ausschlag- 
zebender Bedeutung sein kann, Auf jeden Fall 
wird sich der Seewind solange nicht landwärts 
qusbreiten können, ehe nicht der Bodendruck an 
seiner Grenzfläche höher ist als an der Küste, 
Gerade an der Seewindfront muß sich. nun aber 
Mne Senkung der Höhenisobaren von der Land- 
zur Seeluft hin einstellen, die eine Beschleunigung 
der Warmluft hervorruft, die gerade bei ablandi- 
gem Gradientwind mit. der Richtung der Warm- 
ıuftströmung zusammenTfällt und deshalb besonders 
wirksam werden kann. In diesem Gebiet, oberhalb 
der Seewindfront, tritt. dadurch eine Beschleuni- 
gung der Öberströmung ein, die vom Lande her 
Dicht sofort kampensiert werden. kann, so. daß die 
auftretende Geschwindigkeitsdivergenz zur Ausbil- 
dung eines relativen Druckminimums. an der See- 
windfront führen muß, Dann ist aber klar, daß 
sich die Seeluft erst dann zum Lande hin in Be- 
wegung‘ setzen. kann, wenn die Erwärmung den 
Luftdruck. auf dem Lande unter das relative 
Druckminimum an der Seewindfront hat sinken 
lassen. Und die Ausbildung eines durch die Ge- 
schwindigkeitsdivergenz hervörgerufenen relativen 
Druckminimums gerade über der Seewindfront 
würde es zwanglos erklären, warum hier eine so 
deutliche aufsteigende Komponente in der Kaltluft 
eobachtet. wird, während die Vorstellung des Auf- 
leckens. in einem gasförmigen Medium für mich 
jedenfalls etwas. ur befriedieend Ist, Und wie schr
	        
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