Perlewitz, Dr. P2 Die Klimastockwerke in der Atmosphäre,
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konnten!), So war denn die Erdatmosphäre an ihrer horizontalen Bodenfläche
klimatisch erkundet, . |
Mit der vertikalen meteorologischen Erforschung der Erdatmesphäre nach
oben un: die Jetzte Jahrhundertwende und mit ihrer technischen Eroberung im
ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts durch Luftschiff und Flugzeug und
endlich mit der heutigen Besitzergreifung der Hochluft durch Flieger und Luft-
fahrer, von denen schon manche ein bis zwei Jahre ihres Lebens in der Hoch-
Juft gelebt haben, tritt an den Klimatologen wie an den Arzt die Forderung, die
Frage zu beantworten, welche Klimate in diesem Lebensraum der Flieger und
Luftfahrer herrschen, und wie diese Hochluftklimate auf die darin ihren Lebens-
unterhalt findenden Flieger und die sich mehr oder weniger lange darin auf-
haltenden Menschen in gesundheitlicher Hinsicht wirken. Ich unterscheide aus-
drücklich diese „Hochluft“ im freien Flugraum, von der schon vielfach erforschten
„Höhenluft“, die wir im Gebirge vorfinden und die stets Erdbodenluft ist und bleibt.
Unser gesamter Luftklimakörper hat die Form einer Kugelschale, deren
untere Begrenzung klimatisch das uns bekannte Bild von Köppen und Geiger
and deren andere, äußere Begrenzungsfläche die unbewohnbare Stratosphären-
kugelschale hoch oben rings um die Erde ist,
Im Gegensatz zu dem vielgestaltigen, Sich aber won Ört zu. Ort nur stetig
ändernden Erdoberflächenklima in der horizontalen unteren Schmiegungsfläche
unseres Erdluftkörpers ist das Auffallende im vertikalen Schnitt nach oben durch
unseren Erdluftklimakörper, daß in ihm sprunghafte, also unstetige und schnelle
Übergänge charakteristisch sind,
In jener horizontalen Schmiegungsfläche finden wir nur ganz selten sprung-
hafte klimatische Änderungen, und dann sind diese Sprünge bei den einzelnen
klimatischen Faktoren, bei Temperatur, Feuchte, Wolken, Sonne, Dunst, Staub
verhältnismäßig‘ klein. Auf Hunderte von Kilometern längs der Erdoberfläche
treffen wir vielleicht nur einen einzigen Frontwechsel, bei dem sich die klima-
tischen Elemente sprunghaft ändern, bei Kaltlufteinbrüchen, bei Gewitterdurch-
gängen, beim täglichen Windwechsel im Gebirge und an der See,
In der Vertikalen beim Durchstoßen der Hochluft haben wir dagegen Front-
sprünge mit Temperatur-, Wind-, Feuchte- und Dunständerungen nicht als Aus-
nahme, wie längs der Erdoberfläche, sondern als Regel, und dabei sind diese
Sprünge erheblich größer und oft dicht gedrängt zu mehreren auf weniger als
10 km. Der Unterschied der Klimasprünge in der Horizontalen und in der Verti-
kalen ist mehr als huüundertfach. Feuchteübergänge von 50% und mehr auf 200 m
Vertikalabstand sind in der Hochluft an der Tagesordnung. Solche Unstetig-
keiten und Luftkörperwechsel mit der Höhe kennt aus der Anschauung nur der, der
geflogen ist und diese verschiedenen Luftkörper und Klimate dabei durchstoßen hat,
Besonders bezeichnend ist der Klimawechsel an der Grenze von Tropo- und
Stratosphäre. Die Unstetigkeiten der Klimaelemente vom Boden nach oben zeigen
sich an allen, stets nahezu horizontal gelagerten Trenmnungsflächen. zwischen
kalten. und warmen Luftmassen, bei Kaltlufteinbrüchen sowie an Aufgleitflächen
warmer Luftkörper, insbesondere bei der Temperatur durch Umkehrschichten,
in denen es nach oben statt kälter plöfzlieh und sprunghaft wärmer wird,
gelegentlich. bis 15° und mehr auf wenige 100 m, oder durch Isothermien. Bei
der Feuchte. besteht der Sprung in plötzlicher Abnahme, Sichtbar werden solche
Unstetigkeiten oft durch Wolken, deren obere und untere mitunter scharfe Grenz-
flächen, wobei noch die Art und Dicke der Wolke in bestimmten bevorzugten Höhen
eine Rolle spielt, so daß diese Wolkenanordnung in: der Atmosphäre dazu geführt
hat, gleichsam wie im einem Hochhaus, von Stockwerken zu sprechen. Diese
Wolkenstockwerke in unserm von Fliegern Tag und Nacht bewohnten Lufthochhaus
habe ich 1928 bei einer Klimadarstellung von Hamburg gezeichnet. Dieses
Schema der Wolkenstockwerke?) gilt zugleich etwa für Mitteleuropa,
x Köppen, Klimate der Erde 1925 und Grundriß der Klimakunde, W, de Gruyter & Uo,,
Berlin 1931, and Köppen u. Geiger, Handbuch der Klimatologie, Berlin. von 1931 an, = 4 Das
Klima. von. Hamburg, S. 9, Verlag C, Boysen, Hamburg 1928; und Wetter und Mensch, S, 57, Verlag
Hesse und Becker, Leipzig 1929,