'56 Aynaler der Hydrographie und Mariimen Meteorologie, April 1936.
‘heoretischen Grundlagen dieses Prinzips hingewiesen®), die kürzlich auch Ertel*)
behandelt hat; daß in worliegendem Falle die Divergenz der Isobaren auch im
Bodendruckfeld zo deutlich in Erscheinung tri£t, liegt daran, daB in dem be-
sreffenden Gebiet keine Luftmassenscheide vorhanden ist und eine Divergenz
bei fehlendem Temperaturunterschied in der Höhe ebenso vorhanden sein muß
wie am Boden, da das Druckfeld dann in der Vertikalen keine Veränderung er-
fährt, So trifft eben auck die Guilberische Regel!) von der Bedeutung einer
divergenten Bodenströmung für die Zyklogenese nur danm zu, wenn diese Diver-
genz auch in der Höhe vorhanden. ist.
Die Grundlage der Divergenz-Theorie der Zyklonen bildet der Energleumsatz
zwischen den erzeugenden Frontalzonen und den daraus entstehenden Zyklonen,
[nm einer anderen Arbeit?) wurde eine Formel tür die Beziehung zwischen den
Dimensionen der Frontalzonen. und Zyklonen abgeleitet, die anf dieses Beispiel
angewandt werden soll, Dazu müssen wir zunächst die Zunahme der kinetischen
Energie bei der Bildung dieses Orkantiefs berechnen,
A. Berechnung der Zunahme der kinetischen Energie über dem nordeuropäischen
Raum bei der Bildung des Orkantieis, Wenn wir eine Betrachtung der kinetischen
Energie einer Zyklone durchführen wollen, so ist es heutzutage leider noch nicht
möglich, ohne wesentlich vereinfachte Bedingungen auszukommen.. Trotzdem
hoffen wir, daß das Ergebnis wenigstens einen. angenäherten Überblick über die
zur Umwandlung kommenden. Energjemengen. zu geben vermag.
Für eine möglichst genaue Berechnung der kinetischen Energie eines Sturn-
tiefs wäre es vor allem notwendig, die Anderung des Druckgegensatzes mit der
Höhe zu berücksichtigen; da aber das dazu erforderliche Höhenmaterial nur
von. einem Raum vorliegt, der im Vergleich zu der hier untersuchten Sturm-
zyklone wverschwindend klein ist, ist diese Verfeinerung‘ nicht durchführbar.
Bedenken wir aber, daß die durch die Temperataryerteilung bewirkte Änderung:
des Druckfeldes mit der Höhe sicherlich in den einzelnen Teilen der Zyklone
entgegengesetzter Art ist, der Druckgegensatz also teilweise zunimmt, an anderen
Stellen. sich hingegen vermindern wird, so verspricht die Rechnung doch eine
gute Annäherung, wenn wir möglichst das gesamte Gebiet der entstehenden
Zyklone betrachten.
Wenn wir demnach. in allen Höhen den gleichen Druckgegensatz voraus.
setzen, so heißt das nichts anderes, als daß die Zyklone vollständig okkludiert
sei, Für den Höhepunkt der Zyklonenbildung frifft diese Voraussetzung sicher
weitgehend zu, am 16, Oktober bestanden dagegen, wie aus der im „Täglichen
Wetterbericht der Deutschen Seewarte“ veröffentlichten. Höhenwetterkarte hervor-
geht, noch erhebliche Temperaturgegensätze, so daß wir für diesen Tag‘ einen
wahrscheinlich zu geringen Wert für die kinetische Energie erhalten,
Die Rechnung wurde so durchgeführt, daß auf Grund. eines Maßstabes, der
direkt die. Quadrate der in der Einheit km/Stunde ausgedrückten Gradient-
geschwindigkeiten. als Funktion der Entfernung‘ von. zwei um 5 mb verschiedenen
Isobaren enthielt}, für jeden fünften Schnittpunkt eines Breiten- und Längen-
orades des ganzen Raumes zwischen 45° und 70° Nord und 80° West bis 30° Ost
das Quadrat des Gradientwindes bestimmt und der 80 erhaltene Wert jedesmal
als repräsentatiy für den diesen Schnittpunkt umgebenden, in den. vier Haupt-
richtungen durch 214 Längen- bzw. Breitengrade umgrenzten Raum angesehen
wurde, Die Multiplikation mit der Größe dieser Fläche ergibt dann einen: Zahlen-
wert, der noch mit der Höhe und der mitfleren. Dichte multipliziert werden müßte,
am. die gesamte kinetische Energie dieses Raumes zu repräsentieren, Die beiden
letzteren. Operationen. brauchten aber nicht durchgeführt zu werden, da es nicht
auf einen Absolutwert, sondern. nur auf einen Energievergleich. ankommt.
8 Zur Theorie der Hoch- md Tiefdrnckgebiete, Met. Z. 1934, 8. 120. — * H. Ertel, Strömungs-
Jivergenz und Druckänderung, Met, Z. 1936, 5. 16. — *%) GG. Guilbert, Nouvelle Methode de Prevision
du Temps (Paris 1909) S. 27. — 2 BR. Scherhag, Über die Divergenz-Theorie der Zyklonen,. Met, Z.
1936, SS 84. — *) In der win eines Maßstabes, der für 50° Nordbreite berechnet. wurde,
begt keine bedeutungsvolle Fehlerquelle,