199 ‚Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1936,
Wintertemperaturen und Witterungsverhältnisse im kalten Kern der glazialen
Antizyklone, die Temperaturschwankungen im Firn, die direkten Niederschlags-
nengen (Schnee, Reifbildung) u. 2. m. sollten festgestellt werden, um solche Fragen
wie: Charakter der glazialen Antizyklone, Wärmeleitung im Firn, Wärmeaustausch
zwischen Sechneeoberfläche und Luft, Ernährung des Inlandeises, Zyklonenzug
über das Inlandeis — beantworten zu können.
Die West- und die Oststation sollten vor allem zur Erfüllung der zweiten
Aufgabe, einen aerologischen Querschnitt durch die glaziale Antizyklone zu
yzewinnen, beitragen. Daneben war die Weststation berufen, eine zweite Klima-
station. auf dem Inlandeise zu bilden, und war zusammen mif der Oststation
und den regulären Stationen des grönländischen Beobachtungsnetzes für synop-
tische Untersuchungen vorteilhaft heranzuziehen,
Unter kleineren meteorologischen Arbeiten führt Wegener Strahlungs-
messungen, Untersuchung von Luftspiegelungen, Messungen der Polarisation des
Himmelslichtes an, betont aber, daß in der Verfolgung dieser und anderer
Einzelprobleme Spielraum für die Initiative der Einzelmitglieder bleibt.
Verglichen mit diesem Programm, zeigt der vorliegende Band des meteoro-
gischen Beobachtungsmaterials, daß für fast alle gestellten Aufgaben reich-
haltige Unterlagen gewonnen werden konnten,
Die Inlandeisstation „Eismitte“ — auf eiwa 71° N, 41° W in 3 km Seehöhe —
anter Leitung Georgis, mit dem Sorge und Loewe überwinterten, erzielte
das erste und. vielleicht auf lange Zeit hinaus einzige Mal eine klimatologische
Jahresreihe vom zentralen Teil der grönländischen Eiskuppel, mit fast voll-
ständigen Registrierungen des Luftdrucks, der Temperatur und Luftfeuchte, der
Sonnenscheindauer und Strahlung. Die ungewöhnlich tiefen Temperaturen [fast
ein Viertel aller Tage des Jahres hatte Minimumtemperaturen unter —50°!] und
die unerwartet hohen Windstärken [es herrschte eine mittlere Windgeschwin-
ligkeit von fast 5 msk] gaben zu vielen Messungsschwierigkeiten Anlaß, von
Jenen aber mit viel technischem Geschick ein großer Teil ungeachtet der Be-
schwerden. des Eishöhlendaseins überwunden wurde, Wo sie nicht behoben
werden konnten, wurde z. T. doch Ersatz gefunden: So vermochte Sorge durch
seine Bestimmung der Auftragsschichten von 20 Jahren (im Band „Glaziologie“
anthalten) in hohem Maße einen Ausgleich für die durch Schneefegen behinderten,
direkten Niederschlagsmessungen zu schaffen.
Mehr als 100 Seiten (S, 211 bis 323) nehmen die Terminbeobachtungen,
die Stundenwerte der aufgezeichneten Elemente und die wiedergegebenen Re-
gyistrierungen von Eismitte ein, und sie werden zusammen. mit dem späteren
Nachtrag den bisher vollständigsten. Beitrag zum Klima eines Inlandeises über-
haupt bilden. Die sehr ins einzelne gehenden visuellen Wetterbeobachtungen,
die Markierungen bei Zahlen und Kurven. sowie ausführlichere instrumentelle
Bemerkungen erleichtern die Wertung und Deutung des im Stoff Enthaltenen,
Ein schönes, als Sonderblatt beigegebenes Witterungsdiagramm von
Eismitte für das ganze Jahr veranschaulicht den Verlauf der Witterungs-
glemente von Tag zu Tag und ihre gegenseitige Zuordnung.
In der Gewinnung von Ergebnissen aus der freien Atmosphäre, die
insbesondere einen Querschmitt dureh die glaziale Antizyklone ermöglichen
sollten, ragt die Oststation (etwa 71° N, 241/„° W, 5 m Seehöhe) am Scoresbysund
hervor, die zu Anfang und Ende der Expedition auch an der Kolonie Scoresby-
zsund selbst ‚arbeitete, Leiter war Kopp, dem Ernsting und Peters zur
Seite standen, von denen der letzte aber infolge Krankheit lange Zeit ausfiel
j22 Pilotballonaufstiege und 155 Fesselaufstiege (mit Ballonen und —
größerenteils — Drachen) wurden ausgeführt, von denen ein großer Teil in die
interessanteste Zeit, den Winter, fällt, In der Regel konnte vor den aerologischen
Aufstiegen eine Pilotvisierung gemacht werden, was — außer dem unmittelbaren
Vorteil tür die Aufstiegstechnik — nun nachträglich die synoptische Vergleichs-
möglichkeit zwischen Höhenwind uud Zustand der freien Atmosphäre schafft,
Viele aerolegische Aufstiege überschreiten 2 km, manche 3 km; mit den Pilot-
ballonen wurden von Februar 1931 ab Maximalhöhen über 20 km und auch gute