Travynicek, Dr. F.: Zur Kenntnis der Quellgebiete atmosphärischer Unruhe. 103
zu entnehmen war, bestehen nur folgende vier große Quellgebiete barometrischer
Unruhe: auf der nördlichen Hemisphäre das Grenzgebiet zwischen Golf- und
Labradorstrom und jenes zwischen Kuro- und Ojashiwo. Auf der südlichen
Hemisphäre aber, ganz analog das Grenzgebiet zwischen Brasil- und Faik-
landstrom sowie jenes zwischen Benguela- und Kerguelenstrom.
Zur gründlicheren Kenntnis und Verständnis des Wesens aller dieser Unruhe-
quellen gehört nicht. nur viel umfangreicheres Wissen von Lage und Temperatur
der entsprechenden Meeresströme, sondern. auch Kenntnis der vertikalen Ver-
teilung der mittleren meteorologischen Vorgänge und Zustände darüber. Der-
artige Angaben fehlen aber leider noch fast vollständig; denn es sind diese
Gebiete nicht nur wegen der dort bekannt häufigen Nebelbildung, sondern auch
wegen des z. B. im Osten. der Neufundlandbank sehr gefürchteten Vorkommens von
Eisbergen nur selten befahren und aeroloögisch daher noch viel weniger erforscht,
Als einzige Station mit Daueraufzeichnungen besitzen wir im Gebiete des
Europa meist interessierenden nordatlantischen Quellgebietes nur jene von
St. Johns, welche dem kanadischen Stationsnetz angehört und die maximalen
Unruheverhältnisse zwar auch noch nicht vollständig wiedergeben. kann, ihnen
aber doch. noch am nächsten kommen muß, Östlich bis südlich davon treffen
die aus verschiedenen Richtungen und von weit her kommenden gewaltigen
Wassermassen des Labrador- und Golfstromes mit maximalem Temperatur-
sprunge oft so jäh aufeinander, daß, wie Seeleute berichten, der Bug eines
Schiffes bei seiner Durchfahrt schon vom graugrünen und kalten Labrador-
wasser umgeben sein. kann, während das Heck noch im tiefblauen und warmen
des Golfstromes schwimmt. Hier und prinzipiell nicht über der Kontinent-
küste muß auch in der Atmosphäre der vertikalen Scheinleitung zufolge das steilste
aller mittleren Temperaturgefälle der Erde bestehen, mit ihm auch der größte
Neigungswinkel der dem Meeresspiegel aufliegenden Kaltluftmassen, ihre höchste
Labilität und das häufigste „Auskeilen“ unter die anliegende Warmluft.
Es ist nun von wesentlichem Interesse zu ersehen, daß das hohe Temperatur-
gefälle zwischen den beiden. Meeresströmen nicht bloß für die meteorologischen
Verhältnisse in der unteren Troposphäre, sondern auch für jene in der Strato-
sphäre von ausschlaggebender Bedeutung sein muß. Wie bekannt, steht nämlich
die mittlere Temperierung der Eroberfläche im nahen Zusammenhange mit der
Höhe, der Stratosphärengrenze, Annähernd dürfen wir sagen, daß dieselbe über
dem Äquator bei einer mittleren Temperatur der Niederung von etwa 30° Celsius
etwa 15 km hoch liegt, während sie über den polaren Gebieten bei etwa —20° Celsius
bis auf weniger als 10 km herabreicht. ‚Also entspricht dem Breitenunterschiede
von 50° Celsius eine Höhendifferenz der Stratosphäre von etwa 5 km und wir
hätten dem extremen Temperaturunterschiede der Luft über dem Labrador-
und Golfstrome, der längs weniger Kilometer bis an 10° Celsius heranreicht,
ein Stratosphärengefälle von etwa 1 km entgegenzuhalten, Was muß nun die
weitere Folge desselben sein? Offenbar wieder nur eine Unruhequelle, welche
im Stratosphärenniveau ganz analog wirksam wird wie jene am Meeresspiegel,
da auch hier an der Äquatorialfront „kalte“ und „warme“, d.h. weniger kalte
Luftmassen mehr oder minder schroff aneinander grenzen. Wie bekannt, verläuft
die Richtung des meridionalen stratosphärischen Temperaturgradienten aber
entgegengesetzt jenem in der unteren Troposphäre.
Über die besondere Art einer an solch ausgezeichneten Stellen möglichen Koppelung zwischen
den in der Stratosphäre. und Niederung, vielleicht auch In gewissem Rhythmus vor sich gehenden Kalt-
Laftvorstößen und Drueckaustisgen wissen wir natürlich noch nichts, Wir dürfen aber jedenfalls
schließen, daß sich hier der Druckgang der Niederung durch besonders große W-H. auszeichnet,
Trotz der in den einzelnen Teilschichten vor sich gehenden häufigen gegenseitigen Kompensationen
verschieden gerichteter Massenänderung übertrifft die Häufigkeit von aperiodischen Wellen des Luft-
druckes am Meeresspiegel sogar jene der Temperatur, Folgende Zusammenstellung zeigt dies an,
Nach M, Z. 1928 S, 171 erhalten. wir z.B. für
Luftdruck- und Tempersturwellen im Jahr
St, Johns auf Neufundland 103 99
München 0.00.0000 nn nun 86 95
Terra nen RN $3 94