}8
Annalen der Hydrographie und Maritimen. Meteorologie, März 1936,
Abweichungen. besteht: Während im Mittel der Regelwert in den Winter-
monaten. maximal um 16.9° überschritten wurde, erreichte die mittlere negative
Abweichung im Durchschnitt nur 2,5%. Es erreichten also von den 605 Tagen
nicht nur lediglich 82 eine megative Abweichung, sondern. diese negative Ab-
weichung war auch stets hur sehr gering: Im gesamten Zeitraum betrug die
höchste negative Änomalie nur 12° gegen 22° bei den positiven Abweichungen;
pur in. 2 Monaten wurde überhaupt einmal eine negative Abweichung von. mehr
als 10° erreicht, und vom den letzten $ Wintermonaten wurde in 7 nicht ein
einziges Mal das Mittel bei der Morgenablesung unterschritten.
Man kann als Erklärungsmöglichkeit schwer annehmen, daß Im der Ost-
orönlandsee die südlichen Winde in Jetzter Zeit eine derartige Zunahme ihrer
Häufigkeit und die Zeiten. polarer Luftzufuhr %0 stärk zurückgegangen wären,
es müßte dann eine ganz außergewöhnliche Anderung in der Luftdruckverteilung
stattgefunden haben“),
Daß dies nicht der Fall sein kann, zeigen schon. die synoptischen Wetter-
karten, Und sie beweisen auch, daß die auffallende Änderung‘ darin besteht,
daß die Nordwinde bei Spitzbergen auffallend. warm. sind; Wenn z.B, bei mehr-
tägigem Nordoststurm die Temperatur auf Spitzbergen Ende Januar dieses Jahres
glücklich auf — 7° gesunken war und damit noch mehr als 10° über dem Durchs
schnitt lag, so geht daraus einwandfrei hervor, daß gerade bei nördlicher Lult-
zufuhr extreme Änderungen in der Temperatur in den letzten 15 Jahren statt-
gefunden. haben. müssen,
Damit wird es klar, daß die unmittelbare Ursache für die ungewöhnliche
Erwärmung von Spitzbergen in einem erheblichen Rückzug der Eisgrenze gesucht
werden muß, Tatsächlich legt ja die Eisgrenze gerade bei Spitzbergen, und
ag ist dann nicht verwunderlich, daß sich dort die Klimaänderung am stärksten.
auswirkt,
In. Figur 1 (Tafel 12) stellt die ausgezogene Kurve die südliche Abweichung
der Eisgrenze’) im Ostspitzbergen-Meer im Monat August vom Mittelwert der
Epoche 1898 bis 1922 dar. Die Lage der Eisgrenze wurde dabei nach den. 8. 2. 0,
veröffentlichten Karten der Bisyerhältnisse der Polargebiete für die drei Längen-
zrade 30°, 40° und 50° Öst bestimmt und. daraus das Mittel gebildet; wenn
ausnahmsweise für August keine Eisbeobachtungen vorlagen, wurde der ‚Juli
zugrunde gelegt, |
Die gestrichelte Linie gibt gleichzeitig die Abweichung der Wintertemperatur
in. Spitzbergen im darauffolgenden Winter an, und wir erkennen eine fast yoll-
ständige Übereinstimmung beider Kurven: Die größte Vereisung des Ostepitzbergen-
Meeres wurde im Jahre 1916 beobachtet, es folgte der extrem kalte Winter in
Spitzbergen 1916/17, der sich in Europa im gleicher Weise auswirkte. Dem
Rückzug der Eisgrenze bis 1922 folgt eine ständige Erhöhung‘ der Winter“
temperatur, worauf bis zum. Zeitraum 1927 bis 1929 ein erneuter Vorstoß der
Eisbarriere folgt, der in Mitteleuropa. in dem. denkwürdigen Winter 1928/29
seinen Ausdruck findet. Seitdem hat sich die Eisgrenze räsch wieder etwa
200 bis 300 km nordwärts zurückgezogen. |
{m ganzen läßt unsere Abbildung drei Eisvorstöße erkennen, die in einem
Abstand von 12 bis 13 Jahren einander folgten, Bemerkenswert ist aber, daß
der letzte Vorstoß nicht einmal mehr über die mittlere Lage hinaus
reichte, seit dem Jahre 1919 liegt die Eisgrenze ständig nördlich der
Mittellinie, und. man sieht, daß die periodischen Vorstöße von 12 bis 13 Jahren
von. einer wesentlich längeren Schwankung überlagert sind.
_ Die Untersuchung der Eisverhältnisse bezieht sich auf den Raum zwischen
Spitzbergen und Nowaja Semlja, und der dort zu beobachtende Rückgang weist
darauf hin, daß die Temperaturzunahme, die wir auch für Grönland bereits
nachgewiesen haben, sich sicherlich. auch in Nowaja Semlja noch bemerkbar
_ Viel. die Ausführungen in der ersten ‚Abhandlung dieses Heftes, Die Schriftwaltung:
% Isforloldene ı de srktiske Have, Publikationer fra det Danske Meteorologiske Tustituk 1808
bis 1934 Für den Zeitraum 1896 bis 1914 sind die Karten im Spitzbergen-Handbuch {heraus-
gereben 1916 vor Reichsmarinekmt) reproduziert,
1