Scherhkag, R.: Eine bemerkenswerte Klimaänderung über Nordeuropa. 97
werden, wobei ich die übrigen Stationen der ÖOstgrönland-See: Mygg Bukta®) an
der grönländischen Ostküste, Jan Mayen, die Bäreninsel und Vardö am Nordkap
hinzugenommen habe und nur die eigentlichen Wintermonate November bis
März aufführe,
Die Monatsmittel konnten bis zum Jahre 1933, Für Vardö auch nöch für 1934 den norwegischen
Jahrbüchern®) entnommen werden, die letzten Werte wurden auf Gründ der im „Täglichen Wetter-
bericht“ der Deutschen Seewarte veröffentlichten 8- Uhr- Temperaturen berechnet: diese Zahlen sind
also nicht als endgültige anzuschen, doch dürften die Abweichungen vom wahren Mittel nur schr
seIN, .
SS belle 1 gibt noch einen Überblick, auf welche Perioden sich die Mitteltemperaturen. beziehen:
nur für den dänischen Teil Grönlands, den wir gleich mitbehaudeln werden, und für Vardö liegen
lange Reihen vor, Das Mittel von Spitzbergen bezieht sich auf den Zeitraum 1912 bis 1926, und
auf diese Periode sind. auch. die Mittelwerte der Büäreminsel reduziert; die 10jährigen Messungen zu
Jan Mayen sind auf den Zeitraum’ 1572 bis 1920 umgerechnet.
In Tabelle 2 sind zu kalte Wintermonate durch kursiven Druck hervor-
gehoben, und man sieht sofort, daß negative Abweichungen in den letzten
10 Jahren eine große Seltenheit geworden und z, B. in Spitzbergen seit
1930 und auf der Bäreninsel seit 1929 überhaupt nicht mehr vorge-
kommen sind! Zugleich erreichen die positiven Abweichungen in einzelnen
Wintern. ganz enorme Beträge, vor allem in Spitzbergen und auf der Bäreninsel.
Die ungewöhnliche Winterwärme im Norden Europas zeigt Tabelle 3 noch
deutlicher, wo die mittleren Abweichungen der Wintertemperaturen für die
letzten 12 Jahre zusainmengesteilt sind. Besonders bemerkenswert ist das Re-
sultat, daß die positiven Abweichungen ihre größten Beträge erreichen, wenn
man nur die letzten Wintermonate mittelt, woraus hervorgeht, daß die Winter-
wärme in. der Ostgrönlandsee in den letzten Jahren noch ständig weiter
zugenommen hat. Mittlere Abweichungen der Wintertemperaturen von 5 bis
7°, wie sie seit 1929 auf Spitzbergen und der Bäreninsel beobachtet werden,
dürften wohl zu den größten bisher bekännten Klimaänderungen seit Beginn
meteorologischer Beobachtungen gehören,
Was die Bedeutung dieser Erscheinung weiter erhöht, ist die Tatsache,
daß sie sich keineswegs auf das Ostgrönland-Meer beschränkt, Wie schon Ta-
belle 3 zeigt, ist eine Erwärmung fast von gleichem Ausmaß auch an der grön-
ländischen Südost- (Angmagsalik) und Westküste (Jakobshavn) eingetreten, im
Jahresmittel (Tabelle 4) ist diese Temperaturzunahme sogar an der grönlän-
dischen Westküste mit + 2.5° in Jakobshavrn am stärksten. Nur in Vardö ist
die Erhöhung der Jahrestemperatur kleiner als 1°, in der Ostgrönland-See liegt
sie zwischen 1 und 2°, Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis der Tabelle 4,
daß es in den letzten 11 Jahren von den sechs untersuchten Stationen überhaupt
nur an drei Orten ein einziges Mal vorgekommen ist, daß ein Jahr etwas zu
kalt war; in Spitzbergen war es das Jahr 1929, was auf einen Zusammenhang
mit dem kalten europäischen Winter 1928/29 hinweist; Januar und März 1929
waren auch die letzten Wintermonate, in denen auf der Bäreninsel der Regelwert
unterschriften wurde, N
Tabelle 5 gibt einen Überblick über die Häufigkeit der positiven und. nega-
tiven Temperaturabweichungen der Wintermonate im fraglichen Gebiet, und
wir sehen, daß der Überschuß der positiven Werte in Mygg Bukta und auf der
Bäreninsel fast das 10fache der negativen erreichte und an sämtlichen Stationen
das dreifache überstieg,
Über die Ursache dieser außerordentlichen Erhöhung der Wintertemperatür
speziell im. Gebiete von Spitzbergen gibt Tabelle 6 einen ersten Hinweis: Für
die Wintermonate Januar 1932 bis Dezember 1935 wurden dem „Tägl. Wetter-
bericht“ der Deutschen Seewarte sämtliche Morgentemperaturen (oder wenn diese
einmal fehlten, diejenigen des nächstliegenden Termins) entnommen und für
jeden Monat die erreichte größte positive und negative Abweichung vom Regel-
wert bestimmt. Die Mittel dieser Werte gibt Tabelle 6 wieder, und man sieht,
daß ein. außerordentlicher Unterschied zwischen den positiven und negativen
$ Handbuch der Klimatöologie, Band II, Teil X. = % Jahrbücher des Norwegischen Meteoro-
logischen Instituts,
Ann. d. Hyar. usw. 1926, Heft. LIE