6
Annalen der Hydrographie und Maritimers Meteorologie, März 1936,
als Bestätigung der Temperaturänderung angeführt, Unsere obigen Zahlen
(b Tabelle 10) geben auch an, daß das eisfreie ‚Areal in den Jahren 1918—21 um
34% größer als 1912—17 war, aber dieselbe Zahlenreihe ergibt auch in den fünf
Jahren 1899-—1901, 1903 und 1905 ein um 42°C größeres Areal, obwohl die Jahre
im Mittel etwa 1° zu kalt waren (vgl. Tabelle. 6).
Obgleich unsere Beobachtungsreihen noch nicht ausreichen, um alle Einzel
heiten in den merkwürdigen Temperaturänderungen in dem Spitzbergengebiet
zu erklären, scheint es jedenfalls wahrscheinlich, daß die in den Jahren 1896
bis 1915 sehr verstärkte Zirkulation [15% größer als vorher (vgl, Tabelle 12)] all-
mählich die Strömungen und Eisverhältnisse verändert hat, so daß die Grenzen
zwischen dem. arktischen Golfstromklima und. dem eigentlichen Polarklima sich
mehr nordwärts verschoben haben. Die Größenordnung dieser Verschiebung
erhellt daraus, daß die Abweichungen im GH 1922—31 (von 1912—31) im Winter,
Herbst und Jahr ziemlich genau die gleichen Sind, wie die Unterschiede zwischen
Storö und Green Harbour (yel. Tabelle 3), also für den Breitenunterschied von 14%
Eine bemerkenswerte Klimaänderung über Nordeuropa.
Von R. Scherhag, Hamburg, Deutsche Seewarte,
(Hierzu Tabellentafel 11 mit Tabellen 1 bis 6 and Tafel 12)
Zusammenfassung: Es wird die außerordentliche Erhöhung der Wintertemperaturen über Grönland,
der Ostgrönlaud-See und. dem Ostspitzbergen-Meer untersucht und nachgewiesen, daß die Klima-
änderung‘ mit einem erheblichen Rückgang der Eisgrenze und einer bedeutenden Zunahme der
atmosphärischen Zirkulation zusammenhängt,
Die Teilnahme an. einer Nordmeerfahrt im Herbst 1935 lenkte die Aufmerk-
samkeit auf die außergewöhnliche Klimaänderung, die in letzter Zeit vor allem
im Gebiet der Ostgrönland-See vor sich gegangen ist, Während des Fahrtabschnitts
von Reykjavik über Jan Mayen zur Bäreninsel wurde trotz der vorgeschrittenen
Jahreszeit — Reykjavik wurde am 26. Oktober 1935 verlassen und die Bäreninsel
am 4. November erreicht — nur an ein paar Tagen südlich Jan Mayen leichter
Frost. beobachtet, im übrigen lag die Temperatur ständig mehrere Grade über
dem Gefrierpunkt, selbst zu den Zeiten polarer Luftzufuhr, eine Tatsache,
die sehr in Erstaunen setzen mußte, wenn man bedenkt, daß die Mitteltemperatur
in dem fraglichen Gebiet zu Anfang November schon unter dem Gefrierpunkt
liegen soll.
Eine Bestimmung der Mitteltemperatur des Monats November 1935 auf
Grund der im „Täglichen Wetterbericht“ der Deutschen Seewarte veröffentlichten
Morgentemperaturen ergab für die Bäreninsel eine positive Abweichung von
dem auf die Periode 1912 bis 1926 reduzierten Mittel} von + 6,3% für Jan
Mayen von + 3.8°, für Spitzbergen gar von -+ 10,0% und zu Vardö betrug die
Abweichung vom 60jährigen Mittel + 3,7%, Werte, die eine ganz außergewöhn-
liche Klimaänderung andeuten und die die im synoptischen. Wetterdienst schon
seit mehreren Jahren suffallende ungewöhnliche Winterwärme besonders im
Bereiche der Bäreninsel bestätigen?) |
Auf eine entsprechende Temperaturzunahme in Spitzbergen von 1920 bis
1926 hat bereits Birkeland®) hingewiesen, wobei er aber noch die Frage auf-
wirft, ob es sich‘ dabei nicht doch nur um eine lokale Erscheinung handelt.
Birkeland hat‘) die Temperaturabweichungen zu Spitzbergen vom Beginn
der dortigen Beobachtungen im Jahre 1912 bis 1926 zusammengestellt, wobei
die seit 1920 eingetretene Erwärmung so bedeutend ist, daß sie auf den ersten
Rliek auffällt #j. Diese Beihe soll in Tabelle 2 bis zur Gegenwart fortgesetzt
4; Die Mitteltemperaturen würden dem Handbuch der Klimatologie von Köppen u, Geiger,
Band 111, Teil I, entnommen. — % Vgl, z.B. die Witterangsübersichten im ‚Tägl. Wetterbericht“
d. Deutschen Seewarte vom 7. Februar 1934 und 20, Dezember 1935. — %) B. J. Birkeland, Tem-
peraturvariationen auf Spitzbergen. Meteorol. Zeitschr, 1930, S, 234. — Y)a.a 0. N
* Zw dem gleichen Ergebnis kommt auch V. Johansson in der vorhergehenden Abhandlung:
Die Schriftwaltune,