Grundmann, W.: Über die Nullpunktsänderung: der Thermometer usw. 491
Thermometer normalerweise in der Praxis ausgesetzt sind. Zu welchen Fehler-
beträgen in der Temperaturangabe infolge falscher Extrapolationen solche un-
zulänglichen Eichungen führen können, soll an einigen Beispielen (Tab. 2) ge-
zeigt werden.
Tabelle 2.
Thermometer
NT.
Eichergebnis bei den “Femperaturen:
„33% | —30° ! —20° | —10° 0° 10°
638412 —0.15 —0.18
31 735 4022 | +0.12
707 + 0.60 ' 0.14
88 147 —0.85 —0.45
1.045 4024 —010
— 0.08
+ 0.06
— 0.02
— 0.15
— 0.06
— 0.04
+0,02
+ 0.00
+ 0.02
+ 0.02
+ 0.00
+ 0.02
+ 0.00
.& 0.02
+ 0.02
+ 0.00
+0.04
—— 0,05
— 0.02
90°
+ 0.05
— 0.02
— 0.02
ı —0.12
— 0.02
200
+ 0.00
— 0.05
| — 006
| — 0.05
+ 0.04
Diese Werte zeigen deutlich, daß eine Extrapolation keinesfalls statthaft ist.
Das Thermometer Nr. 88 147 beispielsweise war ursprünglich nur zwischen +40°C
und —20° C geeicht, Während zwei Jahren wurde bei Temperaturen unter
-20° C — teilweise wurden Temperaturen um —32° C gemessen — die bei
—20° C ermittelte Korrektur angebracht, infolgedessen Fehler von bis zu 0.7° C!
gemacht. Bei Thermometern, deren Skalen nach sogen. Mutterskalen angefertigt
sind, betragen die Fehler, d, bh. die jeweils anzubringenden Korrektionen oftmals
ein Vielfaches der aus der Tabelle hervorgehenden Beträge. Zum größten Teil
erklären sich die Schwankungen in den Abweichungen aus der unvermeidlichen
ungleichen und oftmals auch mangelhaft ausgemessenen Kalibrierung der Kapillare,
Während bei den Quecksilberthermometern die alterungsbedingten Nullpunkts-
änderungen ausschließlich auf die Vorgänge im Thermometerglase zurückzuführen
sind’), liegen die Verhältnisse bei den mit organischen Indikatoren beschickten
Flüssigkeitsthermometern wesentlich anders und komplizierter.
Zunächst ist es naturgemäß auch hier wieder die Glasalterung, die eine
Fehlerquelle in demselben Sinne wie bei den Quecksilberthermometern, d. h. eine
Nullpunktshebung, darstellt. Diese ist aber klein im Vergleich zu denjenigen
Fehlerquellen und Beträgen, welche durch das Verhalten der in den Flüssigkeits-
thermometern zur Verwendung gelangenden Indikatoren bedingt sind.
Die in den Flüssigkeitsthermometern heute vorwiegend benutzten Substanzen
sind Methanol, Aethylalkohol, Amylalkohol, (n-)-Propylalkohol, prim. Normal-
butylalkohol, Petroleum, Petroleumäther, Toluol, synthetisches Pentan, technisches
Pentan, Anilin, Kreosot und die verschiedenen Xylole, Fast alle diese Stoffe
und besonders deren Mischungen unterliegen mit der Zeit strukturellen Verände-
rungen — Polymerisationserscheinungen?) —, durch die eine Kontraktion hervor-
gerufen wird, die sich in einer Nullpunktsdepression äußert?%). Wie groß diese
Tabelle 3.
Thermometer
Nr.
0
X 9 +03
B 14 —02
A 5 +02
3749 — 0.2
A 8 —0.1
O 17 —05
7009 08
ß
+02
— 0,5
— 0.1
—03
— 04
— 1.4
A 0.2
Prüfergebnis nach Monaten
192 18 24 36
AR
440 — 0.3 — 05
—06 — 0,8 — 08
— 0.1 —0.] — 0.2
—03 —0.3 — 0.4
— 0.5 —05 | — 0.6
— 1.4 — 0A — 1.5
0.2 4 0.2 402
—0.6 — 0.7
— 0.9 —1.1
—02 —02
—0,4 —05
—0.8 —0.9
— 186 — 18
401 ‘ 401
AA
—0.7
—12
—0.2
—06
—0,9
— 2.1
40.0
1) Dabei ist vorausgesetzt, daß das in die Thermometer eingefüllte Quecksilber der Vorschrift
entsprechend auch tatsächlich rein ist. Diese Prämisse trifft jedoch leider häufig genug nicht zu,
weil manche Thermometerfabrikanten das Quecksilber oft tagelang in Schalen offen stehen lassen und
mit allen möglichen Verunreinigungen (Fett, Staub, Wasserdampf) in Berührung bringen. Die Folgen
davon sind dann u. a, das Reißen des Fadens immer an derselben Stelle, Absatz an der Kapillar-
wandung u, a. m, — 2?) Oftmals an einer Gelbfärbung der ursprünglich farblosen Flüssigkeit zu be-
merken. — % W. Grundmann, Zschr, f. Physik. 86, 550, 1933; Zschr. f, techn. Physik, 15, 119,
1934; Zschr, £, Instrkde, 54, 247, 1934,