Deacon, George E. R.: Nochmals: Wie entsteht die Antarktische Konvergenz? 477
mit Eisschmelz- und Niederschlagswasser, Wegen seiner niedrigen Temperatur
ist dies Oberflächenwasser schwerer als das wärmere Oberflächenwasser weiter
nördlich; thermodynamische Überlegungen führen zu dem Schluß, daß es herab-
sinken und durch eine nach Süden gehende Öberflächenströmung ersetzt werden
muß. Sehr tief vermag es nicht zu sinken, da das Wasser des warmen Tiefen-
strames noch schwerer ist; oberhalb dieses letzteren entwickelt sich aus dem
Sinkwasser der nordwärts fließende Antarktische Zwischenstrom.
Im Bereich der Westwinde bildet das antarktische Oberflächenwasser [nach
unseren dortigen Vertikalschnitten] nur eine dünne Schicht, deren Tiefen-
erstreckung nach Norden hin von 80m bis auf 250 m anwächst; der allmählichen
Zunahme der Tiefen-Reichweite entspricht [im entgegengesetzten Sinne, also nach
Süden hin] das Emporsteigen des warmen Tiefenwassers, H. U. Sverdrup‘)
hat gezeigt, daß die thermohalinen Differenzen allein in der antarktischen
Zone eine Oberflächen-Strömung nach Süden bedingen würden, daß jedoch der
Windeinfluß überwiege, so daß das Öberflächenwasser tatsächlich nach Norden
ströme. Jene thermohalinen Differenzen müssen nun aber auch das Wasser der
Tiefen-Grenzschicht des kalten Oberflächen-Wasserkörpers nordwärts treiben:
die Vertikalschnitte durch den Konvergenzbereich sprechen meines Erachtens
tatsächlich für das Vorhandensein dieser rein thermohalin gefolgerten Strömung!
Ausdrücklich betone ich bei meiner Erklärung des Konvergenz-Ursprunges
folgendes: da das antarktische Oberflächenwasser nordwärts strömt [gleichgültig,
ob dies für den ganzen Oberflächen-Wasserkörper gilt oder nur, wie Sverdrup
annimmt, für die obere Schicht], muß sein im Verhältnis zu dem wärmeren
Wasser weiter nördlich höheres spezifisches Gewicht zu einem Herabsinken führen,
soweit dies nicht durch den spezifisch schwereren warmen Tiefenstrom verhindert
wird. Sobald es nun auf seinem Nordwege die Stelle überschritten hat, an der
der südwärts sich bewegende warme Tiefenwasser-Körper steil emporsteigt, wird
as am Herabsinken nicht mehr behindert und stürzt jetzt „wasserfallartig“ [die
Vertikalschnitte legen diesen Vergleich nahe] in die Tiefe, Die Folge sind Strom-
differenzen und die scharfe Oberflächenkonvergenz!
Die enge Beziehung zwischen der geographischen Lage der Oberflächen-
konvergenz und der des Steilanstieges der Tiefenströmung läßt auch die Abb. 2
erkennen, in der außer den Temperaturwerten in 2500 m Tiefe auch die an Hand
der Oberflächen-Temperaturänderungen ermittelte Konvergenzlinie eingetragen
ist. Unser Bild zeigt ganz eindeutig, daß die Konvergenz dort liegt, wo das
warme Tiefenwasser oberhalb des antarktischen Bodenstrom-Wassers nach oben
steigt.
Ich wiederhole: In dem plötzlichen Absteigen des antarktischen Oberflächen-
wassers jenseits der Zone des stärksten Aufstieges des warmen Tiefenwassers
erblicke ich die Ursache der Antarktischen Oberflächen-Konvergenz; ihre
zeographische Lage ist letzten Endes abhängig von den Faktoren, die den
Antarktischen Bodenstrom bestimmen, Diese Auffassung scheint mir nach den
vorstehenden Erörterungen gut begründet zu sein. Sie wird gestützt durch den
„Discovery“-Schnitt südöstlich von Kapstadt (siehe Abb. 2), in dem die Lage der
Konvergenz mitbestimmt ist durch eine steile unterseeische Schwelle, einer Fort-
setzung des Atlantisch-Indischen Querrückens. IMier wird die Bodenströmung
großenteils abgeriegelt; die Folge ist die Steilstellung der warmen Tiefenschicht
und eine Verlagerung der Konvergenz nach Süden hin, Umgekehrt biegt diese
dort, wo sie in der Nähe der Falkland Inseln den Scotia-Bogen durchquert, nach
Nordwesten aus unter dem Einfluß des aus der Weddell-See kommenden kalten
Bodenstromes, der an der Außenseite jenes Bogens entlangfließt?).
Noch einige weitere Überlegungen mögen Platz finden. Die engen Beziehun-
gen zwischen den Boden- und den Oberflächen-Messungen könnten auch umge-
kehrt zu der Schlußfolgerung leiten, daß die Bewegungen des Boden- und
Tiefenwassers von den Oberflächen-Strömungen beherrscht werden. Mir erscheint
die zuerst erörterte Folgerung aus theoretischen Gründen gerechtfertigter zu
') Ann, d, Hydr, 1934, 8, 316. — *) „Discovery Reports.“ 1933, VII, S, 188,
Ann, d. Hydr. usw. 1934, Heft XII.