Michler, H.: Zur Kenntnis der Luftbewegung in Schifferäumen,
45°
Zur Kenntnis der Luftbewegung in Schiffsräumen.
Beitrag zur Laderaum-Klimatologie.
Von Herbert Michler, ehemal. Schiffsoffizier,
(Hierzu Tafel 60.)
Ein Luftzustand ist durch folgende vier Merkmale gekennzeichnet:
1. Temperatur, 2, Feuchtigkeit, 3. Bewegung, 4. chemische Zusammen-
setzung und etwaige stoffliche Beimengungen,
Wenn wir Schiffsraum-Meteorologie bzw. -Klimatologie treiben, d, h. den
Luftzustand in Schiffsräumen und seine Beziehungen zur Außenluft und zur
Wassertemperatur untersuchen wollen, so genügt es also nicht, sich nur mit der
Feststellung von Wärme und Feuchte zu befassen. Sehr wesentlich ist vielmehr
auch die Beobachtung der Geschwindigkeit der Luftbewegung, während die
Prüfung der Luft auf ihre Zusammensetzung und etwaige Beimischungen hin im
allzemeinen nebensächlicher ist; lediglich bei Beförderung besonderer Ladung
— Frucht, Fleisch, Kohle usw. — kann auch dieser Punkt von Wichtigkeit sein.
Im folgenden soll lediglich die Luftbewegung näher untersucht werden. Im
Laderaum ist sie abhängig von der Lüftung. Es gibt wohl kaum ein Gebiet
in der praktischen Seeschillahrt, auf dem so viele verschiedene Meinungen ver-
treten werden, wie auf diesem, Meist geht das Bestreben dahin, dem Laderaum
möglichst viel frische Luft zuzuführen, obwohl dies — wie später noch zu er-
örtern sein wird — durchaus nicht immer gleichbedeutend mit dem ist, was man
erreichen möchte, nämlich mit einer „zweckmäßigen Lüftung“.
Vorerst soll nun die Zuführung frischer Luft bzw. die Umwälzung der
Raumluft näher untersucht werden: Auf den meisten Frachtschiffen wird man
für jeden Raum über vier Lüfter verfügen, die gleichzeitig Zwischendeck und
Unterraum belüften sollen, von diesem Normalzustand soll ausgegangen werden,
Will man nun bei geschlossener Luke dem Raum eine möglichst große Menge
„frischer Luft“ zuführen, so wird man meist so verfahren, daß je nach der
Windrichtung die Lüfter paarweise auf Druck bzw. Sog gestellt werden.
Ich hatte kürzlich Gelegenheit, auf einem modernen Frachtschiff die Wirkung
der Lüftung zu untersuchen, Dabei mußte es sich zuerst einmal darum handeln,
festzustellen, in welchem Maße im Raum eine Umwälzung der Luftmassen vor
sich geht, wenn an Deck die Lüfter mach der Ansicht der fahrenden Praktiker
auf möglichst große Luftzufuhr gestellt sind. Es war im Raum also Richtung
und Stärke des Luftzuges zu bestimmen; begünstigt wurde diese Untersuchung
dadurch, daß das Schiff in Ballast fuhr, also vollkommen klare Räume zur Ver-
fügung standen. Vor und nach den Messungen im Raum wurde die Außenwind-
geschwindigkeit (einschließlich Fahrtwindkomponente) gemessen und zwar an
solchen Stellen, die mit Rücksicht auf die Windrichtung und deren Ablenkung
durch den Schiffskörper, die relativ am wenigsten Dbeeinträchtigten Ergebnisse
erwarten ließen. Ebenso wurde die Stärke des Zuges in den Lüfterköpfen fest-
gestellt. Die Messungen im Raum erfolgten bei seemäßig geschalkter Luke; alle
Messungen wurden mit einem Flügelradanemometer, das die Fa. R. Fueß liebens-
würdigerweise zur Verfügung stellte, durchgeführt.
Die Meßergebnisse waren insofern überraschend, als bei einem Außenwind
+ Fahrtwind von 8 bis 11 m/sec (also etwa 4 bis 5 Bft.) nur eine ganz minimale
Umwälzung der Raumluft stattfindet, Wie aus den Abb, 1 und 2 ersichtlich,
nimmt die Stärke des Zuges außerordentlich schnell ab.
Der Windstrom, der im Drucklüfter bei seinem Austritt in den Unterraum
z. B. in einem Falle noch 4.4 m/sec stark ist, hat seine Geschwindigkeit in etwa
1m über dem Boden — also eben über dem Stauhügel — auf 1.75 m/see ver-
mindert. Der Luftstrom geht im Raum senkrecht nach unten, ohne sich merk-
lich zu verbreitern, schon in einer horizontalen Entfernung von etwa 1m von
der in den Raum verlängert gedachten Lüfterachse aus, ist in jeder Höhe kein
Luftzug mehr zu verspüren bzw. zu messen, Beim Aufprall auf den Boden des
Laderaums verbreitet er sich flach nach allen Seiten unter außerordentlich