Boljahn, 6.: Weiterentwicklung des Wigandschen Sichtmeßverfahrens, im besonderen auf See. 441
Nach Pernter-Exner wäre der für einen Temperaturgradienten von —0.01°
pro 1m berechnete Unterschied zwischen der geodätischen und der wahren
Kimmentfernung 8 %, der aber im Durchschnitt vieler Beobachtungen sich über
See nur zu 7,5 % gezeigt hat. Die wahre mittlere Kimmentfernung bei normalem,
stetigem Temperaturgefälle nimmt hiernach folgende Form an:
S= 484% in km und
S=207V% in sm,
Da der Brechungsexponent von dem Luftdruck und der Temperatur ab-
hängt, ist es erklärlich, daß die Refraktion nicht stets dieselbe sein kann, sondern
von der momentanen Verteilung der Lufttemperatur beeinflußt wird; die beson-
ders in den niederen Höhen von örtlichen und zeitlichen Einflüssen sehr ab-
hängt. Liegen die Luft- und Wassertemperaturen nicht allzu weit auseinander,
so ist in den unteren Schichten mit einem gleichmäßigen Temperaturabfall zu
rechnen. Bei dem Übergang zu größeren Höhen allerdings muß mit dem Vor-
handensein von Inversionen gerechnet werden. Wird von einem frischen Winde für
gute Durchmischung gesorgt, so ist die Gefahr einer Temperaturumkehr unerheblich,
Für eine genaue Kimmentfernung ist unbedingt die Kenntnis der Luft- und
Wassertemperaturen innerhalb des Meßbereiches erforderlich. Im Verlaufe
dieser Arbeit waren Temperaturbeobachtungen nicht möglich; daher ist die
Korrektion von 7.5 %, die etwa einem Temperaturgradienten von —0.01° pro 1 m
entspricht, verwendet worden, was um so berechtigter erscheint, da an den
Beobachtungstagen der Unterschied zwischen Luft- und Wassertemperaturen
sehr gering war. Es sind infolgedessen die sich aus der Augenhöhe ergebenden
Kimmentfernungen nur als mittlere anzusehen.
Der Abhängigkeit des Kontrastes an der Kimm vom Azimut wurde dadurch
entgangen, daß nur in der sonnenabgewandten Horizontgegend beobachtet
wurde, und zwar von N bis NW. Die gleichzeitigen Sichtbestimmungen erfolgten
ebenfalls in demselben Sektor, Eine zeitliche Anderung der Färbung, die an-
fangs vermutet wurde, tritt bei bewegter See und genügender Beleuchtung an
der Kimm nicht auf. Da auf das Vorhandensein dieser Bedingungen geachtet
wurde, ist somit die Konstanz des Zieles in einem für die Sichtmessung aus-
reichenden Maße in den Messungen gesichert.
Für die Benutzung der Kimm als Ziel ist der Gebrauch des Sichtmessers
schwieriger, da man es hier nicht mit einem allseitig begrenzten Ziel zu tun
hat, sondern vielmehr mit der „Kante eines unendlich großen Zieles“. Beim
Vorschalten der künstlichen Trübung des Sichtmessers ist nur das Abdecken der
tatsächlichen Kimm und deren Nachbargebiete als „Verschwinden des Zieles“ zu
bezeichnen; denn die näher zum Beobachter gelegenen Wasserflächen erscheinen
im Gesichtsfeld noch, wenn die Kimm schon lange unsichtbar geworden ist.
9. Die Messungen an der Kimm,
Die in Tabellentafel 49 angeführten Messungen stellen nur den brauchbarsten
Teil des gesamten gesammelten Materials dar, der nach einer Prüfung an der
Karte und der vorherrschenden Witterung als einwandfrei bezeichnet werden
konnte, Ferner wurden diejenigen ausgeschaltet, die in dem Verlauf der Ab-
hängigkeit der a-Werte von der Augenhöhe grobe Unstetigkeiten und offensicht-
liche Verunreinigungen aufwiesen.
Die erste Spalte in den Beobachtungen bringt die Augenhöhe über dem
Meeresspiegel in Meter, deren Festlegung durch Maß oder trigonometrisch er-
folgte. Bei den Messungen auf dem Hapag-Turm in Cuxhaven dagegen sind
die Höhen selbst nicht angegeben, sondern nur Zahlen, die bestimmte immer
wieder eingenommene Beobachtungsplätze bezeichnen, deren Höhen über „Cux-
havener Null“, wie folgt, den Zahlen zugeordnet sind:
8.9 m + CN 5 36.36 m + CN
12.9 m + CN 6 41.76 m + CN
23.9 m + CN 7 44.76 m + CN.
27.33 m + CN
Ann. d. Hydr. usw. 1934, Heft XL